Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
Vom Netzwerk:
„mit vielen graphischen Darstellungen.“ Seine Frau reichte ihm die Brotschüssel. „Eine Arena-Show. Das Mediennetz hat doch schon lange keine Arena-Show mehr gehabt.“
    „Nein, Vater.“
    „Sie vernachlässigen die Klassiker.“ Arthur wurde immer erregter. „Die Programme sind heutzutage zu hochgestochen. Wir müssen wieder an die Basis zurück. In der nächsten Saison …“ Über den Tisch hinweg faßte er nach der Hand seiner Frau.
    „Narrheiten“, sagte Estrella und zog ihre Hand zurück.
    Die drei starrten einander an. Der Teich draußen wurde schwarz.
     
     
    Am Morgen fand Leah einen Zettel auf Ihrem Schreibtisch: BITTE RÜCKSPRACHE – LIANG.
    Liang war im Schwarzen Turm, dem Verwaltungszentrum für das gesamte Mediennetz. Liang saß mit gekreuzten Beinen in der Mitte eines geräumigen grau gekachelten Zimmers. Er war damit beschäftigt, mittels einer Tastatur holographische Projektionen zu entformen. Als er Leah sah, winkte er ihr.
    Sie trat heran. Liang blickte aus uralten Augen in einem jungen glatten Gesicht zu ihr auf. „Sehen Sie nicht von oben auf mich herunter“, sagte er.
    Leah nahm ihm gegenüber den orientalischen Sitz ein. „Sie haben doch hoffentlich an meinen Dokumentationen nichts auszusetzen?“
    „Ihre Arbeit ist ausgezeichnet“, erwiderte Liang. „Ich denke, Sie werden bald ein größeres Team und die Chance zu etwas Anspruchsvollerem bekommen.“
    „Das ist der Zuckerguß. Aber es geht noch um etwas anderes“, erwiderte Leah mißtrauisch.
    Liang nickte. „Entschuldigen Sie, daß ich nicht sofort zur Sache kam.“
    „Und die ist?“
    „Ich habe ein Memorandum von der Budget-Abteilung bekommen. Dort findet man unseren Verbrauch an Simulaten etwas übertrieben.“
    „Es steht aber ausdrücklich in meinem Vertrag mit dem Mediennetz, daß …“
    „Ihr Vater hat von Jahr zu Jahr mehr angefordert. Simulate sind teuer, und der Etat ist nicht unerschöpflich.“
    „Wenn er vielleicht nicht ganz so oft …“
    „Alle Etats sind gekürzt worden. Ich fürchte, es gibt keine mehr.“
    Leah sah ihren Vorgesetzten flehend an. „Es tut mir wirklich aufrichtig leid.“ Sie stand auf und schickte sich an hinauszugehen. „Moment“, sagte Liang, „wollen Sie nicht wissen, was Ihr neues Arbeitsgebiet sein wird?“
    Leah schüttelte nur den Kopf und wandte sich zur Tür. „Drama“, sagte Liang.
     
     
    „Vater“, sagte Leah, „möchtest du mir nicht das Haar bürsten?“
    Arthur sah von dem Bildband mit den Bosch-Reproduktionen auf. „Aber natürlich.“ Er legte den Band hin, und die winzigen Szenen verschwanden.
    „Gehen wir ins Wohnzimmer.“
    Sie setzten sich auf eine niedrige Couch, und Leah neigte den Rücken ihrem Vater zu. „Du hast doch nichts dagegen?“
    „Natürlich nicht. Ich liebe dein Haar.“ Er streichelte die langen ebenholzschwarzen Strähnen und griff zur Bürste. „Wie lange mache ich das schon?“
    „Fünfzig Jahre. Sechzig vielleicht. Eine meiner frühesten Erinnerungen ist, daß du mich im Arm wiegst und mir übers Haar streichst.“
    „Ich weiß“, antwortete Arthur, „es war damals, als ich die Schlagzeilen für die Inquisitionstruppe im Center machte.“
    Schweigen – nur das Streichen der Bürste in Leahs Haar.
    „Vater, ich muß mit dir sprechen.“
    „Sprechen wir denn nicht miteinander?“
    „Nicht genug. Es ist etwas Ernstes.“
    „Du warst immer ernst.“ Er lächelte. „Also los. Was ist?“
    Die Bürste kitzelte sie im Nacken. Leah spürte, wie sich ihre Muskeln krampften. „Hast du in letzter Zeit mal über Kryonik nachgedacht?“
    „Den Eisschrank?“ Taktmäßig strich die Bürste weiter. „Kommt nicht in Frage. Ich mag mich nicht wegstauen lassen wie ein paar Kilo Steak. Das ist würdelos. Außerdem traue ich den Ärzten nicht. Ich habe den Verdacht, es wird nie eine hundertprozentige Garantie dafür geben, daß ich wieder aufgeweckt werde.“ Zögernd legte er die Bürste hin. „Ich will nicht zwischen Leben und Tod in der Falle sitzen. Ich nehme das erste hin bis zu dem Punkt, wo das zweite fällig ist, und dann soll mir das zweite willkommen sein. Aber kein Halbundhalb.“
    „Vater …“
    „Falle ich dir lästig, Leah? Jammere und stöhne ich vor Selbstmitleid? Sieh mich an. In dieser Stadt, selbst in dieser Krankenkolonie, bin ich eine genetische Mißbildung. Wenn ich nur noch ein Haufen Knochen bin, wirst du immer noch jung sein.“
    „Das Kühlhaus …“
    „Nein! Es kommt immer wieder vor, daß der

Weitere Kostenlose Bücher