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Eine Stadt names Cinnabar

Eine Stadt names Cinnabar

Titel: Eine Stadt names Cinnabar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bryant
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annehmen …“
    „Sie ist noch nicht ganz ausgewachsen“, erläuterte Obregon.
    „Ich habe festgestellt, daß ein ringförmiger Tank am besten geeignet ist. Erst hatte ich es mit einem rechteckigen Bassin versucht, aber da stieß sie sich immer die Schnauze an den Kanten.
    Sie muß ständig in Bewegung sein, weißt du, und so kann sie an der Peripherie des Ringes entlangschwimmen.“
    „Ist das Bassin denn wirklich groß genug?“ fragte Tourmaline, während sie sich durch das Gerumpel wanden. „Sie kann doch nirgends hinschwimmen, ist ihr das nicht langweilig?“
    „Jeder Quadrant des Ringes ist acht Meter lang. Das wird genügen, bis ich sie im Meer aussetze.“
    „Bald?“ Tourmaline streckte den Arm aus und preßte ihre Handfläche gegen das kalte glatte Bassin.
    Obregon nickte. „Ich brauche nur noch ein paar Tage, bis die Beobachtungen in kontrollierter Umgebung abgeschlossen sind.“
    Ein langer undeutlicher Schatten schwamm an ihnen vorbei. „Willst du sie dir mal richtig ansehen?“
    Sie brauchte nicht zu antworten. Obregon machte eine Handbewegung über der grünleuchtenden Tastatur, die Wand des Hohlkörpers flimmerte auf und wurde durchsichtig. Tourmaline starrte hingerissen. Der Schatten war jetzt deutlich zu erkennen.
    „Das ist Sidhe“, sagte Obregon mit einigem Stolz.
    „Wie soll ich den Augenblick der Konzeption einer solchen Idee fixieren?“ Eine Ameise krabbelte auf Obregons gestikulierendem Zeigefinger; er schnippte sie ins Gras. „War es diese einzige Frage Tourmalines? Was ist mit den randomisierten Datensuchlisten, die ich in Ihren Gedächtnistresor eingefüttert habe? Mit den esoterischen Seitenpfaden in Literatur und Mythologie? Und mit meinem eigenen zufällig gleichlaufenden Projekt der beschleunigten Retrogenese?“
    „In diesem Fall zählen die individuellen Komponenten nicht“, versetzte Terminex; „uns interessiert, was bei der Kombination synergistisch herausgekommen ist. Tourmalines Frage wirkte lediglich als Katalysator.“
    „Aber ohne diesen Stimulus wäre das alles nicht passiert.“
    „Früher oder später, auf dem einen oder anderen Wege doch“, entgegnete der Computer. „Die entsprechenden Raster waren bereits vorhanden.“
    „Was für Raster?“
    Der Computer ignorierte die Frage. „Ich erwarte immer noch Ihre Erklärung, wie es zu dem Angriff auf Grimdahl kommen konnte.“
    „ Wie gesagt“, erwiderte Obregon verlegen, „ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll.“
    „Herrlich!“ Minutenlang, Kinn erhoben, Nase fast an der Bassinwand, stand Tourmaline unbeweglich. „Nie habe ich etwas gesehen, das so …“ Ihre Stimme erstarb. „Ich weiß kein Adjektiv, das hier paßt. Brutal vielleicht. Machtvoll. Ich glaube, machtvoll kommt am nächsten.“
    Unaufhörlich schwamm der Hai immer rund um den Ring, im Uhrzeigersinn. Mit präzisen, mühelosen Wellenbewegungen seines sechzehn Meter langen Leibes trieb er sich vorwärts. Immer am gleichen Punkt jeder Umkreisung glitt das starre neugierlose Auge über Tourmaline und Obregon hinweg.
    „Wie groß wird sie?“
    „Weiß ich nicht so genau. Zwanzig Meter vielleicht. Ich kann nur auf Grund der fossilen Zähne von Carcharodon megalodon, die man gefunden hat, extrapolieren. Haie sind Knorpelfische, daher sind keine anderen Teile erhalten geblieben.“
    Tourmaline war sichtlich enttäuscht. „Dann wird sie ja nicht einmal so groß wie ein See-Snark.“
    „Aber wilder. Sie kann es mit dem größten See-Snark aufnehmen und gewinnt.“
    „Gut.“ Tourmaline konnte die Augen nicht von dem schwarz und weißlichgrau gefärbten Körper abwenden, der dort im ständig gleichen Orbit schwamm. „Sie muß die Königin der Meere sein.“
    „Diesen romantischen Zug kann ich nicht an ihr entdecken.“
    Immer noch starrte Tourmaline in das Bassin. „Du bist kein vollkommener Wissenschaftler, Timnath. Wenn du mich siehst, versuchst du, mich zu definieren. Und doch hast du es in hundert Jahren nicht gelernt, genau zu beobachten.“
    „Das merke ich gelegentlich selbst.“ Eine Weile betrachtete er den Hai wortlos. Schließlich sagte er: „Ich habe tonnenweise Rinder-Klon anfordern müssen. Hast du Lust, mir beim Füttern zu helfen?“
    Tourmaline trat vom Bassin zurück; zum ersten Mal, seit sie das Labor betreten hatte, war sie etwas gelockerter. „Natürlich. Aber wann gibst du ihr lebende Nahrung?“ fragte sie sehnsüchtig.
    „Im Ozean, wenn sie anfängt, für sich selbst zu sorgen.“
    „Das möchte ich

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