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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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saß darin wie in einer Hängematte. Ihre
Oberschenkel waren oben und unten von Hörnern umklammert.
    «Aus so einem Sattel», rief sie, «kann
man ja überhaupt nicht herausfallen!»
    «Das sollst du auch nicht», lächelte
er, und während es langsam den Pfad zum Flüßchen hinunterging, zeigte er ihr,
wie sie Schenkeldruck nehmen, die Zügel handhaben und die Absätze gebrauchen
müsse. Von da ging es eine Meile stromaufwärts und in weitem Bogen durch den
Busch, wobei sie sich tunlichst im Schatten der Bäume hielten. Einmal sah sie
vier schwarze Tiere im Buschwerk verschwinden, Wildschweine, wie er ihr sagte,
ein andermal in einem von Wasserlilien bedeckten Tümpel ein jähes Strudeln; da
war gerade ein Alligator untergetaucht. Auch einige Wallabys ergriffen vor
ihren Pferden die Flucht. Nach einstündigem Ritt kehrten sie wieder nach Hause
zurück.
    Obwohl die Pferde die ganze Strecke im
Schritt zurückgelegt hatten, war Joan unter der prallen Sonne durch und durch
verschwitzt und halb verdurstet, goß gleich auf der Veranda einige Becher
Wasser herunter, ging im Baderaum unter die Brause, zog wieder weibliche
Kleidung an und setzte sich mit Joe zum Mittagessen auf die Veranda. Das Essen
bestand aus einer Art Wiederholung des Frühstücks: Steak, Brot und anstatt
Spiegeleiern — Gelee. Palmolive hatte, wie Joe zutreffend bemerkte, keine Spur
von Phantasie und war, wie Joan vermutete, übermüdet.
    «Sieh nur die tiefen Ringe um ihre
Augen! Gib ihr den Nachmittag frei, Joe; ich werde das Abendbrot richten.»
    Er bot ihr im Nebenraum das Bett an,
damit sie sich nach Tisch ausruhen könne, aber sie wollte die kostbare Zeit
nicht verschlafen.
    «Bleiben wir lieber hier draußen! Ich
will die schönen Stunden mit dir nicht an ein Mittagsschläfchen vergeuden.»
    Sie zogen auf der Veranda zwei
rohrgeflochtene Liegestühle zur Hausecke, wo eben ein leises Lüftchen wehte.
Dort saßen sie nebeneinander; nur ihre Finger berührten sich.
    Er war noch immer besorgt, es könnte
ihr bei ihm mißfallen.
    «Das sind die einzigen zwei Monate, wo
es so heiß ist. Wenn im Januar der Regen einsetzt, wird es bald kühler.»
    Aber sie fand es nicht schlimm. «In
Malaya war es zeitweilig ebenso heiß, und wir hatten es nicht so bequem.»
    Da sie am Morgen einen Eindruck von der
Umgebung gewonnen hatte, bat sie ihn, mehr von seiner Tätigkeit auf der Station
zu erzählen.
    «In dieser Jahreszeit», sagte er, «ist
wenig zu tun. Einmal in vierzehn Tagen reite ich bis an unsere Grenze, lege ein
paar Verstecke für Lebensmittel an, schieße die minderwertigen Stiere ab,
sofern ich unterwegs welche antreffe, und schaue nach Duffers.»
    «Duffers? Was ist das?»
    «Ach so! Vieh-Duffers, das sind
Viehdiebe. Dieses Jahr gab es nur wenige. Die Treiber, die von den
Kap-York-Stationen nach Julia Creek ziehen — wenn sie durch unsere Besitzung kommen,
lassen sie gern etliche Tiere mitgehen und stecken sie in ihre Herden. Zu
diesem Zweck müssen sie natürlich die Brandmarken fälschen. Die Polizei in
Julia Creek paßt scharf auf, daß kein frisch gebranntes Tier verladen wird. Vor
zwei Jahren hat man so einen Gauner gefaßt; er hat zwei Jahre bekommen. Seitdem
ist es nur noch selten passiert. Mit dem Poddy-Kniff ist es natürlich etwas
anderes.»
    «Was ist denn der Poddy-Kniff?» kam es
schläfrig von Joans Lippen.
    Die Augen fielen ihr zu, aber sie hätte
gern alles gewußt und erfuhr, ein Poddy sei ein nach der letzten Ausmusterung
geborenes Kalb, dessen Haut noch mit keinem Brandzeichen versehen worden war.
    «Da kommen nun etliche Kerle, oft sind
es die besten Freunde, auf unsere Station, treiben Poddys zusammen und flugs
hinüber auf ihre Station. Dann kannst du nicht mehr behaupten, daß es deine
sind. Das nennt man bei uns den Poddy-Kniff. Eine ganz gerissene Angelegenheit!
Natürlich wechselt immer wieder einmal Vieh über die Grenze hinüber, weil ja
nichts eingezäunt ist, und wenn man ausmustern will, gibt’s jedesmal ein
Durcheinander. Ich war aber schon auf Stationen, da waren überhaupt keine
Poddys mehr, wenn man zum Ausmustern kam. Die Kerle von den andern Stationen
hatten sie alle geschnappt.»
    «Ja, bleiben denn die Poddys auf dem
fremden Terrain? Laufen sie nicht wieder zurück zu den Muttertieren?»
    Er fand den Einwand klug. Das würden
die Poddys sofort; sie fänden zu ihrer Herde und ihrer Weide zurück, und wenn
sie fünfzig Meilen zu laufen hätten...
    «Aber die Poddyschnapper verhindern es,
und zwar

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