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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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spielte. «Erst wenn er größer
wird und die Hunde kräftiger sind, gibt es Krach, und dann verschwindet er in
den Busch.»
    Eine dicke, alte Lubrafrau deckte den
Tisch und erschien alsbald mit einer Kanne Tee und zwei Tellern; auf jedem lag
das unvermeidliche Beefsteak mit zwei Spiegeleiern.
    Joan war nun zwar schon an das
Outback-Frühstück gewöhnt, dieses Steak jedoch war noch zäher als seine
Vorgänger. Während sie mit ihm kämpfte, beschloß sie eine Reform der Midhurster
Küche.
    Schließlich aber gab sie es auf, lehnte
sich lachend zurück und rief: «Entschuldige tausendmal, lieber Joe, aber es
geht einfach nicht! Ich bin für dieses Beefsteak zu englisch.»
    «Willst du ein paar Eier?» fragte er
besorgt. «Du hast ja nichts im Magen!»
    «Ich habe sechsmal soviel
heruntergewürgt wie jemals in England zum Frühstück, mein Lieber. Wer kocht
denn für dich?»
    «Heute ist Palmolive an der Reihe. Mary
ist eine bessere Köchin, hat aber heute Ausgang.»
    «Wo hast du sie her?»
    «Ich habe einen Ringer, der auf den
Namen Moonshine hört», erklärte er, «die Palmolive ist seine Frau. Mein
Chef-Abo heißt Bourneville, ein bonza Boy, und Mary ist seine Frau. Mary kocht
ordentlich.»
    «Sage einmal, mein lieber Joe! Leidest
du nie an Verdauungsstörungen?»
    Er grinste. «Nicht sehr oft. Nur dann
und wann.»
    «Hättest du etwas dagegen, wenn ich —
sobald ich hier bin — die Küche einer kleinen Umorganisation unterziehe?»
    «Gewiß nicht, nur darfst du nicht alles
selbst kochen wollen!»
    «Du möchtest nicht, daß ich für dich
koche?» fragte sie beinahe bestürzt.
    Er schüttelte den Kopf. Es sei ihm
lieber, wenn sie die Zeit auf ihr großes Vorhaben verwende: «Auf die Schuhe,
die Eisdiele und so weiter.»
    Sie faßte nach seiner Hand. «Für dich
werde ich immer Zeit haben», sagte sie leise.
    Bevor die volle Hitze des Tages
hereinbrach, wollte er ihr das Anwesen zeigen. Obwohl die Station über tausend
Quadratmeilen umfaßte, hatte sie nicht mehr Baulichkeiten als ein mittleres
englisches Landgut: Vier Häuschen, jedes mit höchstens zwei Kammern, in denen
die Stockmen wohnten; zwei Schlafbuden für unverheiratete Ringer, schwarze und
weiße; einen Schuppen, der den Lastwagen, die Utility und einen Berg
Ersatzteile und Abfall beherbergte; einen zur Zeit leeren Stall für etwa sechs
Pferde, die Sattelkammer und eine Schlachtbank sowie einen Dieselmotor, mit dem
das Wasser aus dem Fluß heraufgepumpt werden konnte. Sonst nichts.
    Auf ihrem Rundgang fragte er: «Kannst
du vielleicht reiten?»
    «Einfache Leute wie ich reiten in
England nur selten.»
    «Schade!»
    «Kann ich es lernen?»
    «Aber sicher!» Er steckte zwei Finger
in den Mund, holte Atem und stieß einen durchdringenden Pfiff aus, worauf
sogleich aus dem Fenster einer Bude ein schwarzer Kopf hervorschaute.
    «Bourneville!» rief er, «mach dich auf
die Beine, bring Auntie und Robin herein und sattle sie! Wenn du soweit bist,
komme ich und helfe!»
    Und wieder zu Joan gewandt, während
sein Blick an ihrem Rock herunterglitt: «Ich verstehe mich nicht darauf...
glaubst du, du könntest meine Reithosen anziehen — das heißt, wenn es dir nicht
unangenehm ist?»
    Sie mußte lachen. «Aber Joe, da geh ich
ja zweimal hinein.»
    «Ich war nicht immer so dick wie
jetzt», wandte er ein. «Ich habe ein Paar, das ich vor dem Krieg getragen habe;
jetzt ist es mir zu eng. Wenn es nicht gut sitzt, macht’s nichts. Wir reiten
für den Anfang nur Schritt, damit du erst einmal einen Begriff bekommst!»
    Sie kehrten ins Haus zurück, wo er ein
frisches Männerhemd, ein abgetragenes Paar Jodhpur-Hosen, dünnsohlige
Reitstiefel mit Gummieinsatz, die ihr zu groß waren, und einen Gürtel
zusammensuchte.
    Sie nahm die Sachen und ging damit in
ein Nebenzimmer. Dort zog sie sie an, und dabei erfüllte sie ein wunderliches
Gefühl, als nehme sie zugleich mit seiner Kleidung auch ihn in Besitz, und als
sie so bekleidet mit vorsichtigen Schritten hinab in den Hof stieg, war ihr
nicht anders als auf der Grünen Insel: als rutsche jeden Moment alles an ihr
herunter.
    Er half ihr in den Sattel, und als sie
auf der lammfrommen, alten Auntie saß, fühlte sie sich schon sicherer. Er richtete
ihr die Steigbügel ein, zeigte ihr Fuß- und Zügelhaltung. Sie verstand damals
noch nichts von Pferden und Sattelwerk, aber so einen Sattel wie diesen hatte
sie in England bestimmt noch nie gesehen, nicht einmal auf einem Bild. Vorne
und hinten wölbte er sich hoch auf; man

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