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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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ich wette
um ein Pfund, daß sie heute in einem Jahr noch hier ist, Joe.»
    Nach Queensländer Sitte reichten sie
sich zur Bekräftigung ihrer Wette die Hände, und Joe sprach: «Das wäre ein
Wunder!»
    Nun aber, da endlich alles in Gang war,
fühlte sich die Unternehmerin am Rand ihrer Kraft; die Hitze tat noch ein
übriges. Am liebsten wäre sie am gleichen Abend mit Joe nach Midhurst gefahren,
um dort ein paar Tage auszuruhen, zu reiten und mit dem kleinen Wallaby zu
spielen. Doch ihr Instinkt warnte sie vor einem solchen Verstoß gegen die
Landessitte. Wenn das, was sie hier zum eigenen Nutzen und zur Freude der
Frauen aufgezogen hatte, von Erfolg gekrönt sein sollte, mußte ihr eigenes
Verhalten über jeden Tadel erhaben sein. Keine Mutter im Outback ließe ihr
Töchterchen in diesem Unternehmen arbeiten, wenn es ruchbar würde, daß Miss
Paget auf Midhurst ganze Nächte allein mit Joe Harman verbringe; und kein
Familienvater beträte mit Frau und Töchtern die Eisdiele eines derart
leichtfertigen Frauenzimmers.
    Es war ein Mittwoch, aber Sonntag war
für sie nun kein freier Tag mehr; es war vielmehr anzunehmen, daß dann der
Konsum von Eis und alkoholfreien Getränken am stärksten sein werde. Daher
verabredeten die beiden, daß er sie am folgenden Morgen in aller Frühe vor dem
Hotel für den einen Tag nach Midhurst abholen solle, und sagten hierauf
einander Lebewohl. Sie wartete noch, bis die Werkstatt schloß, sah mit
Befriedigung, wie die Mädchen sich in die Eisdiele begaben, ging dann in ihr
neues Zimmer und sank erschöpft auf ihr Bett. Sie war zu müde, um auch nur
einen Bissen zu essen.
    Dank der Kühleinrichtung war aber das
ganze Werkstattgebäude einschließlich der drei Schlafräume angenehm kühl, und
als sie die Kleider abgelegt und einen leichten Pyjama angezogen hatte, sank
sie in tiefen Schlummer, aus dem sie erst nach zwölf Stunden erwachte.
    Seit ihrem ersten Besuch auf Midhurst
war sie noch einige Male dort gewesen und hatte sich in Bill Duncans Warenhaus
ein Paar Ringerhosen, die kleinste Nummer, und dazu passende Reitstiefel mit
Gummizug gekauft. Die hatte sie in ein Bündel verschnürt und stand damit vor
dem Hotel, als Joe am Morgen in seiner Utility vorfuhr. Sobald sie Willstown im
Rücken hatten und weit und breit niemand zu sehen war, hielt er wie gewohnt den
Wagen an; sie küßten sich, und er fragte: «Wie fühlst du dich heute morgen?»
    Sie lächelte: «Besser, Joe! Viel
besser! Sobald du weg warst, ging ich ins Bett und schlief zwölf Stunden. Jetzt
ist mir wohl, a-a-ah!»
    «Heut mußt du dich erholen», sagte er,
und sie strich ihm zärtlich über das Haar. «Lieber Joe, von jetzt an wird alles
leichter.»
    «Es kommt auch ein Wetterumschlag, mein
Wort darauf! In einer Woche haben wir Regen; dann ist es bald aus mit der elenden
Hitze!»
    Während die Utility weiterfuhr, gestand
Joan: «Du, Joe, ich hatte diese Woche einen schrecklichen Krach mit dem
Bankfilialleiter, Mr. Watkins. Hast du davon gehört?»
    Er grinste. «Einiges ist mir zu Ohren
gekommen. Was war denn nun wirklich?»
    «Die Fliegen! Ja, die waren sehr
wirklich, kann ich dir sagen. Und meine Müdigkeit letzten Freitag. Ich ging in
diese Drecksbank, um den Scheck für die Lohnauszahlungen einzulösen. Du weißt
ja, wie es in diesem Brutofen von Fliegen wimmelt! Ich mußte ein paar Minuten
warten, und währenddessen kroch mir das ekelhafte Geschmeiß ins Haar, übers
Gesicht. Und ich habe dermaßen geschwitzt, daß mir die Geduld geplatzt ist und
— ich hätte mich nicht so gehenlassen dürfen, gewiß nicht, aber —»
    «Es ist ein widerwärtiges Lokal»,
bestätigte Harman. «Ich weiß auch nicht, wozu man in einer Bank so viel Fliegen
braucht. Was hast du ihm denn gesagt?»
    «Alles», bekannte sie ehrlich. «Ich
habe ihm erklärt, ich lösche mein Konto, sonst fressen es diese blutgierigen
Fliegen noch auf. Ich habe ihm gesagt: Ich deponiere mein Geld in Cairns und
hole es mir jede Woche per Flugzeug. Ich beschwere mich bei der Zentrale in
Sydney und sage ihnen den Grund, weshalb ich mein Konto zurückziehe. Ich
offeriere der Bank von Neusüdwales, daß ich mein ganzes Vermögen bei ihnen
anlege, sofern sie in Willstown eine Filiale ohne Fliegen eröffnen. Ich sagte
ihm, daß ich in meiner Werkstatt DDT verwende, die Fliegen vertragen kein
Neocid, also brauch ich mir in der Bank keine gefallen zu lassen. Ich sagte: Er
soll Willstown mit gutem Beispiel vorangehen anstatt -» Sie stockte.
    «Anstatt — ?»

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