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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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schon lange nicht mehr so gelacht. Ich bin auch kein besonderer
Insektenliebhaber.»
    Am ersten Sonntag hatte Joan mit Rose
fast ununterbrochen von neun Uhr früh bis zehn Uhr abends in der Eisdiele
gearbeitet, hatte hundertzweiundachtzig Portionen Eis zu einem Shilling und
dreihunderteinundvierzig alkoholfreie Getränke für je sechs Pence abgesetzt,
und als sie nach Feierabend Kasse machte, ergaben sich siebzehn Pfund und
dreizehn Shilling.
    «Donnerwetter!» sagte sie zu Rose. «Für
einen Ort von hundertsechsundvierzig Einwohnern ist das ja allerhand! Wieviel
hat uns da jeder im Durchschnitt gebracht?»
    «Zwei Shilling sechs», rechnete Rose
aus.
    «Glaubst du, daß das so weitergeht?»
    «Warum nicht? Soundso viel Willstowner
waren heute noch nicht einmal da, dafür andere zwei- bis dreimal! Allein Judy
Small hat für etwa zehn Shilling Eis vertilgt.»
    «Um Himmels willen, da muß ihr ja
schlecht werden, und nachher fehlt sie in der Fabrik! Komm, Rose, gehen wir
schlafen!»
    Am Weihnachtsabend öffnete das Lokal
nach dem Mittagessen und nahm bis Feierabend zwanzig Pfund ein. Gegen Abend
hatten sie den Plattenspieler aus der Werkstatt herübergeholt; Musik und
Lichterfülle fluteten aus dem Bretterbau in die dunkle Hauptstraße, und es war
den Ortseinwohnern nicht anders, als sei ihr Drecksnest plötzlich ein Kurort
geworden. Alte verhutzelte Männlein und Weiblein, die Joan bisher nie gesehen
hatte, erschienen, angelockt von den Klängen, und genehmigten sich ein
Eis-Soda. Aber obwohl der Salon um zehn noch gesteckt voll war, wurde pünktlich
auf die Minute geschlossen, denn Joan wollte sich, jedenfalls für den Anfang,
an die solide Ortssitte halten und im Dorf kein Nachtleben einführen.
    Die Werkstatt hatte unter Aggie Topps
Leitung gleichmäßig und zuverlässig gearbeitet, so daß man nach dem
Weihnachtsfest zwei Kisten Schuhe nach Forsayth expedieren konnte, von wo sie
per Bahn nach Brisbane und von da zu Schiff nach England befördert wurden.
Einige Musterexemplare waren bereits mit Luftpost an Peck & Levy
abgegangen.
    Am 26. Dezember setzte der Regen ein.
Leichte Schauer waren vorausgegangen, nun brach es los. Dichte Gewitterwolken
überzogen den Himmel; es wurde dunkel, und Platzregen ergoß sich in Strömen.
Das Leben aber war dadurch zunächst nur erschwert, denn es wurde nicht kühler,
nur nasser, und die Werkstattmädchen schwitzten sogar bei nur siebzig Grad
Fahrenheit. Aggie mußte jede diffizilere Arbeit verschieben und sich auf
weniger empfindliche Anfangsstadien der Fabrikation beschränken.
    Bald nach Neujahr holte Harman seine
heimliche Braut wieder auf einen Tag nach Midhurst. Im düsteren Morgengrauen
strömte ein heißer Regen. Aus ihrer Zimmertür rannte Joan über die Straße in
die Führerkabine der Utility. Sie war nun schon gewohnt, bis auf die Haut naß,
wieder trocken und abermals patschnaß zu werden. Was da vom Himmel heruntergoß,
hatte annähernd Körpertemperatur; Erkältung war also nicht zu befürchten, und
als sie glücklich neben ihm saß, fragte sie:
    «Wie steht’s mit den Flüssen, Joe?»
    «Sie steigen stetig! Aber wir kommen
noch durch, keine Angst!»
    Wenn es ein paar Wochen so weiter
schüttete, würde er in der Utility nicht mehr von Midhurst bis Willstown
gelangen und reiten müssen, wenn sie sich wiedersehen wollten. Daher hatte er
das Gehöft in den letzten zwei Wochen mit Vorräten hinlänglich versorgt.
    Bis zur Niederlassung galt es, zwei
Flußläufe zu passieren, deren teils sandiges, teils steiniges Bett bisher eine
ausgetrocknete Öde gewesen, und als nun Joan an der gleichen Stelle einen
ausgedehnten Strom von schmutziggelbem Wasser gewahrte, erschrak sie.
    «Kommen wir wirklich durch, Joe?»
fragte sie beim ersten Fluß, und er antwortete: «Ohne weiteres! Siehst du den
Baum mit dem überhängenden Ast? Wenn das Wasser bis zur Astgabelung reicht,
dann ist es tief.»
    Die Utility durchpflügte die
Schlammflut, klomm auf dem andern Ufer empor, holperte über unsichtbares Geröll
eines zweiten Gewässers und traf zur Frühstückszeit beim Gehöft ein.
    Noch immer hatte der Himmel die
Schleusen weit offen, und da sich jegliche Tätigkeit im Freien von selbst
verbot, gingen sie nach eingenommenem Frühstück an die Planung der Toilette und
der neuen Küche, die für Joe eine Herzensangelegenheit war.
     
    Vierhundert Meilen westlich von ihnen,
in Cairns, trippelte zu dieser Stunde Miss Jacqueline Bacon von ihrer Wohnung
vorsichtig durch den Regen über die

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