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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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erfrischt. In Kuala Panong hatte es fast
kein Obst gegeben. Im Schuppen, in den sie alsbald zurückkehrte, hatten die
Soldaten inzwischen Licht gemacht. In einer Schale mit Kokosöl brannte ein
Docht.
    Sie verteilte die Mangonen unter
Eileen, Jane und einige andere Kinder und rief damit großes Entzücken hervor.
Man gab ihr Geld, und sie ging nochmals ins Dorf, kaufte bei der Malaienfrau
ein weiteres Dutzend, und bald darauf schwelgten alle Frauen und Kinder im
Genuß der Früchte. Auch die Soldaten, die noch einen Eimer Tee brachten,
erhielten für ihre Bemühungen je eine Mango. Die gestärkten Frauen und die
größeren Kinder waren nun auch imstande, Reis und Fische zu essen. Dann
schliefen sie alle ein, Erschöpfte, Schwache und Kranke.
    Der Schuppen war aber voller Ratten,
die liefen die ganze Nacht um sie hemm und über sie hin. Am Morgen stellte sich
heraus, daß einige Kinder gebissen worden waren.
    Alle fühlten sich steif und
zerschlagen. Jedem tat etwas anderes weh. Die Ermattung des Vortages war noch
nicht überwunden. Ein Weitermarsch schien unmöglich. Doch der Sergeant drängte.
Das Ziel des zweiten Tages hieß: Asahan. Der Weg war kürzer als tags zuvor,
etwa zehn Meilen, und das war dringend nötig, denn sie brauchten sehr lange
Zeit. Vor allem hatte man auf Mrs. Collard Rücksicht zu nehmen. Sie hatte in
Panong einen Malariaanfall und Ruhr gehabt, war sehr geschwächt und mußte alle
zehn Minuten rasten. Dann hielt der ganze Zug, denn der Sergeant duldete kein
Zurückbleiben.
    Mrs. Collard hatte zwei Söhne, Harry
war zehn, Ben sieben Jahre alt. Sie war korpulent, und dadurch fiel ihr das
Gehen noch schwerer. Man nahm ihr alle Last ab; die jüngeren Frauen stützten
sie abwechselnd und halfen ihr weiter. Aber am Nachmittag fing sie an, über
Schmerzen in der Brust zu klagen. Ihr Gesicht, sonst gerötet, wurde bläulich,
gefleckt. Als Asahan endlich erreicht war, brach sie zusammen. Wiederum war ein
Latex-Schuppen ihr Nachtquartier. Man trug sie hinein, durfte sie aber nicht
hinlegen; das Liegen tat ihr zu weh. Sie bekäme dann keinen Atem, sagte sie.
Sie saß, an die Wand gelehnt. Eine Frau holte Wasser, machte ihr kühlende
Umschläge, wusch ihr Gesicht.
    Sie aber bat: «Gebt Harry und Ben etwas
davon. Ihr seid lieb...»
    Die Frau ging mit den Buben hinaus und
wusch sie. Als sie wieder in den Schuppen kam, war Mutter Collard
vornübergefallen und lag bewußtlos. Eine halbe Stunde später war sie tot.
    Joan hatte inzwischen für alle
reichlich Obst, Mangonen und Bananen, und für die Kinder außerdem allerhand
Süßigkeiten aufgetrieben. Die Malaiin, bei der sie die Süßigkeiten gefunden,
wollte kein Geld dafür nehmen.
    «Nein, Mem!» wehrte sie. «Es ist
schlecht von den Japanern, euch so zu behandeln. Das ist unser Geschenk.»
    Nach ihrer Rückkehr zum Schuppen
berichtete Joan die Worte der gütigen Malaiin und tat damit allen wohl.
    Nach Mutter Collards Tod besprach sie
sich draußen im Flackerlichte des Küchenfeuers mit Mrs. Horsefall und dem
Sergeanten. Da dieser kaum ein Wort Englisch und kein Wort Malaiisch verstand,
unterstrichen sie ihre Worte durch entsprechende Mimik: «Nicht gehen morgen.
Rast. Hierbleiben! Schlafen! Einen Tag gehen, andern Tag Rast.»
    Ob er sie richtig verstanden hatte, war
nicht zu erkennen. Er sagte nur: «Morgen Frau in Erde.»
    Am Vormittag sollte Mutter Collard
begraben werden. Dadurch war ein zeitiger Aufbruch und ein Marsch von zehn
Meilen so gut wie unmöglich. Daran klammerten sie sich.
    «Morgen Frau in Erde», wiederholte
Joan, «morgen hierbleiben.»
    Wieder wurde nicht klar, ob der
Sergeant verstanden hatte. Mit den drei anderen hockte er auf seinen Fersen
beim Feuer. Erst nach einer Stunde kam er zu Joan; sein Gesicht schien von
plötzlicher Einsicht erhellt, und er sprach: «Gehen einen Tag, schlafen einen
Tag. Dann nicht sterben.»
    Joan rief Mrs. Horsefall. Er
wiederholte sein Sprüchlein. Die drei nickten einander sehr eifrig zu.
Wohlwollen und Güte glänzte aus ihren Augen, und die übrigen waren über den
diplomatischen Erfolg ihrer Wortführerin dermaßen erfreut, daß sie dem Japaner
als Zeichen ihrer Wertschätzung eine Banane schenkten.
    Den ganzen Tag war Joan barfuß
gelaufen. Zwar hatte sie sich mehrmals die Zehen gestoßen; die Nägel waren
abgebrochen, doch fühlte sie sich am Abend so frisch wie schon lange nicht
mehr. Der Marsch wirkte sich eben sehr verschieden aus, je nach dem Alter. Die
unter Dreißig, einschließlich der Kinder,

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