Eine Stadt wie Alice
Forbes, einem blutarmen Mädchen, das nach
Malaya gekommen war, um zu heiraten; aber die Sache hatte sich zerschlagen. Mit
den neunzehn Kindern, das älteste war ein vierzehnjähriges Mädchen, die
jüngsten Säuglinge, waren es also zweiunddreißig Personen, von denen die
meisten nur Englisch verstanden. Eileen Holland und einige andere hatten nur so
viel Malaiisch gelernt, daß sie ihrem Dienstpersonal Befehle erteilen konnten,
mehr nicht.
Sie blieben einundvierzig Tage im Rechnungsbüro
und auf der Terrasse. Die zweite Nacht verlief ähnlich der ersten, nur kam
hinzu, daß sie sich nun auch in den zwei anliegenden Büroräumen einrichten
durften. Am Abend erhielten sie zum zweitenmal Fischsuppe, sonst nichts — keine
Betten, keine Decken und keine Netze. Einige Frauen hatten zwar Decken mit,
aber die reichten nicht aus. Eine düster dreinschauende Dame namens Horsefall
wünschte den Offizier zu sprechen und protestierte, als Hauptmann Yoniata
erschien, gegen die mangelhafte Verpflegung und Unterbringung. Sie verlangte
Moskitonetze und Betten.
«Keine Netze, keine Betten», versetzte
er. «Bedaure. Japanische Frauen schlafen auf Matte am Boden. Alle Japaner auf
Matte schlafen. Schluß mit stolze Gedanken, das sehr schlechte Ding. Ihr schlafen
auf Boden wie japanische Frau.»
«Wir sind aber englische Frauen»,
erklärte Mrs. Horsefall entrüstet, «wir schlafen nicht auf dem Boden wie
Tiere.»
Yoniatas Blick wurde hart. Er gab den
Posten einen Wink, diese packten die Frau rechts und links bei den Armen, und
er versetzte ihr mit der flachen Hand mitten ins Gesicht vier schmerzhafte
Schläge.
«Sehr schlechte Gedanken», sagte er,
machte kehrt und ging. Es wurde kein Wort mehr von Betten geredet.
Als er am folgenden Morgen wieder zur
Inspektion kam, ersuchte Mrs. Horsefall unverzagt um Wasser. Für die
Kleinkinder sei das unentbehrlich und für alle sehr wünschenswert. Daraufhin
wurde am Nachmittag in einen kleineren Büroraum ein Zuber gebracht und von
Kulis gefüllt. Der enge Raum wurde zur Badeanstalt und Wäscherei.
In dieser ersten Zeit hatten die
meisten Frauen noch Geld. Die Kaufleute aus dem Ort folgten dem Beispiel Chan
Kok Fuans, so daß die Gefangenen sich mit dem Notwendigsten zu versorgen
vermochten.
Allmählich gewöhnten sie sich ein. Am
raschesten lernten die Kinder, widerspruchslos auf dem Boden zu schlafen. Bei
den jungen Frauen brauchte es schon etwas länger, und die älteren schliefen
kaum mehr als eine halbe Stunde, ohne von Schmerzen gequält aufzuwachen. Aber
sie schliefen. Hauptmann Yoniata hatte ihnen erklärt: ehe der Feldzug beendet
sei, fänden die siegreichen Japaner keine Zeit, für die Frauen Lager zu
errichten. Sobald die ganze Malaiische Halbinsel erobert sei, werde für sie ein
schönes, bequemes Camp im Cameron-Hochland, einem bekannten Erholungsaufenthalt
in den Bergen, erbaut werden. Dort würden sie Betten, Netze und alle
Annehmlichkeiten antreffen, an die sie gewöhnt seien. Doch um sich dieser Gnade
würdig zu erweisen, müßten sie hier «gute Ding» tun. Damit meinte er vor allem:
bei seinem Erscheinen aufstehen und sich verneigen. Nachdem er in einige
Gesichter geschlagen und mit seinen Reitstiefeln etliche Schienbeine getreten
hatte, lernten sie diese «gute Ding».
Die Essensausgabe entsprach dem
alleräußersten Lebensminimum und beschränkte sich unverändert auf zweimal am
Tage Fischsuppe und Reis. Beschwerden waren ebenso nutzlos wie gefährlich. Nach
Hauptmann Yoniatas Ansichten waren das «sehr schlechte, stolze Gedanken», die
es aus sittlichen Gründen zu unterdrücken galt. Doch lieferte ein kleines
chinesisches Wirtshaus in Panong Essen, und solange ihr Geld vorhielt, ließen
sich die meisten Familien einmal am Tage von dort eine warme Mahlzeit kommen.
Ärztliche Hilfe und Medikamente erhielten sie nicht, und ehe die Woche zu Ende
war, hatten fast alle die Ruhr.
Es waren scheußliche Nächte. Immerzu
taumelten schreiende Kinder, von ihren Müttern geführt, zur Latrine. Schon
drohte Malaria, die sie mühsam mit dem Chinin zurückdrängten, das ihnen Chan
Kok Fuan zu täglich steigenden Preisen verkaufte. Zur Bekämpfung der Ruhr
verringerte Hauptmann Yoniata die Suppenration und fügte dem Reis die fauligen
Fische bei, die sonst in der Suppe schwammen. Als Konzession an englische
Sitten bereicherte er die Diätkost nach einigen Tagen um einen Eimer Tee am
Nachmittag.
Während dieser ganzen Zeit teilte sich
Joan mit Eileen in die Pflege der drei
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