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Eine Stadt wie Alice

Eine Stadt wie Alice

Titel: Eine Stadt wie Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neville Shute
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Kring hat keinerlei
Bahnhofsgebäude, doch Unterhandlungen mit dem Ortsvorstand brachten es wieder
einmal zuwege, daß den Gefangenen eine Hütte eingeräumt wurde. Dort legten sie
Eileen in eine schattige Ecke, machten ein Kopfkissen für sie zurecht und
kühlten ihr das Gesicht. Etwas Franzbranntwein hätte ihr gutgetan, aber so
etwas gab es nicht. Auch hielt sie das Liegen nicht aus, und man setzte sie,
das Kissen im Rücken, in die Ecke. Am Abend nahm sie etwas Suppe, sonst nichts.
Sie wußte, ihr Ende war nahe.
    Tief in der Nacht hörte Joan sie neben
sich flüstern: «Entschuldige, Liebes, daß ich dir so viel Umstände mache! Es
tut mir nur leid wegen Bill. Aber wenn du ihn wiedersiehst, sage ihm, er soll
nicht trauern und sich keine Gedanken machen. Und sag ihm, ich habe nichts
dagegen, wenn er wieder heiratet, wenn er etwas Nettes findet. Er ist doch noch
nicht so alt.» — Eine Stunde danach sagte sie: «Es ist schön, daß Robin so an
dir hängt. Ist es nicht ein Glück?» Am Morgen war sie bewußtlos.
    Man tat, was man konnte, viel war es
nicht. Ihr Atem ging schwächer und schwächer, und gegen Morgen hörte er auf.
Auf dem mohammedanischen Dorffriedhof liegt sie bestattet.
    In Ayer Kring begann für die
Wanderschar die ungesundeste Region. Das Zentralgebirge der Malaiischen
Halbinsel lag nun, da sie in nördlicher Richtung zogen, zu ihrer Linken im
Westen. Sie gelangten zu den Gewässern des Pahang, welcher in zahllosen
Verästelungen, dem Pertang, dem Belengu und vielen anderen Seitenflüssen und
Bächen, durch flaches Sumpf-, Seen- und Moorgebiet voll Schlangen, Krokodilen
und dichten Moskitoschwärmen nach Osten zum Südchinesischen Meere fließt. Die
Tage waren erstickend heiß und dunstig, die Nächte naßkalt und neblig. Die
Kinder mit ihren Müttern und Pflegemüttern froren erbärmlich. Schon am dritten
Tag hatten einige ein Fieber, das nicht nach der ihnen bereits vertrauten
Malaria aussah, denn die Temperaturen waren niedriger. Es war wohl das
westindische Denguefieber. Heilmittel konnten sie sich keine beschaffen,
weniger aus Mangel an Geld als deshalb, weil in den Dschungeldörfern, durch die
sie kamen, nirgends Medizin auffindbar war. Joan besprach sich mit dem
Sergeanten; der riet zu beschleunigten Tagesmärschen, um so bald wie möglich
aus dieser bösen Gegend herauszukommen.
    Auch Joan war fiebrig. Vor ihren Augen
schwamm alles wie in einem Nebel, und ihr Kopf tat zum Zerspringen weh.
    Sie befragte Mrs. Frith, die sich
erstaunlich wohl befand, und diese erklärte: «Der Mann hat recht, meine Liebe.
Wir müssen heraus aus dem Sumpf. Meiner Meinung nach sollten wir jeden Tag
marschieren.»
    «Aber was ist mit Mrs. Simmonds?»
    «Vielleicht, daß die Soldaten sie
tragen, wenn’s mit ihr schlimmer wird! Aber fort müssen wir. Es ist hart, es
ist grausam, aber dann haben wir’s überstanden. Hier herumtrödeln hat keinen
Sinn.»
    Daraufhin wurden keine Rasttage mehr
eingelegt.
    Fiebernd und schwach schleppte das arme
Häuflein sich weiter und weiter. Auch das Kleine an Joans Hüfte, das noch nie
krank gewesen war, fing an zu fiebern. Sie zeigte es dem Ortsvorsteher von
Mentri und dessen Frau, die alsbald in einer schmutzigen Kokosnußschale einen
heißen Aufguß von irgendeiner Baumrinde brachte. Joan kostete ihn; er schmeckte
sehr bitter. Vielleicht war es Chinarinde. Sie flößte dem kleinen Robin etwas
davon ein, nahm auch selbst einen Schluck, und schon im Laufe der Nacht zeigte
sich die heilende Wirkung. Bevor sie frühmorgens aufbrachen, tranken noch
einige Frauen davon, und es half tatsächlich.
    Elf Tage brauchten sie, bis sie bei
Temerloh endlich das Sumpfgebiet hinter sich ließen. Doch auch die Frauen
Simmonds und Fletcher ließen sie dort in der todbringenden Erde zurück. Und
auch den kleinen Gillian Thomson.
    Erst als ihr Weg durch höher gelegenes
Land führte, erlaubten sie sich einen Tag Ruhe. Robin war noch am Leben. Aber
er war sehr krank. Soweit er nicht schlief, weinte er. Und Joan war sehr
geschwächt, wenn auch fieberfrei.
    Da war es denn die alte Frith, die ihre
Leidensgefährten mit aller Macht aufmunterte, so wie sie sie ehedem durch ihre
Klagen entmutigt hatte.
    «Von jetzt an wird’s besser, immer
besser!» verkündete sie. «Die Ostküste ist gesund, und immer weht eine frische
Brise!»
    Auf einer Anhöhe lag ein
Dschungeldörfchen, dessen Namen sie nie erfuhren; der Jengka floß unterhalb des
Ortes, der abseits der Bahnstrecke an einem Dschungelpfad lag,

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