Eine Stuermische Nacht
doch Zuneigung für mich. Sicherlich wird er nie grausam zu mir sein .
Barnaby spürte wohl ihre Ängste, denn er küsste ihr die Fingerspitzen und murmelte:
»Emily, ich schwöre dir, ich werde dir ein guter Ehemann sein und dich nie schlecht behandeln.« Er grinste.
»Obwohl ich sicher bin, dass du mich von Zeit zu Zeit schier in den Wahnsinn treiben wirst – wie ich dich auch.«
Unfähig, diesem verheerend charmanten Grinsen zu widerstehen, lächelte sie zurück.
»Allerdings, Mylord. Ich fürchte leider, dass du damit völlig recht behalten wirst.«
Am Hochzeitsmorgen war der Himmel grau und von Wolken verhangen, und am Horizont zog ein Unwetter auf. Doch trotz des Sturmes, der am Vormittag dann in wütenden Böen tobte, waren die Bänke in der Dorfkirche voll besetzt mit Freunden und Familienangehörigen der Braut und des Bräutigams.
Barnaby war ein beeindruckender Anblick in seinem pflaumenblauen Rock und wirkte wie der geborene Aristokrat; der Spitzenbesatz seines Hemdes hob sich elegant von der dunklen Farbe des Wollstoffes ab, seine muskulösen Schenkel steckten in Kniebundhosen aus hellem Satin. Seine Stimme klang sicher, als er das Ehegelübde sprach. Emilys Antwort war weniger kräftig, aber alle waren sich einig, dass sie eine liebreizende Braut war; ihr silberblondes Haar war zu weichen Locken frisiert, in die kleine Büschel aus rosa Rosenknospen gesteckt waren. Alle, besonders aber die Damen, waren einhellig der Ansicht, dass ihr Kleid aus rosa-weiß gestreifter Seide, um den rechteckigen Ausschnitt und an den Handgelenken üppig mit feinster Spitze verziert, nichts zu wünschen übrig ließ und jede Braut mit Stolz erfüllt hätte.
Nur das schlechte Wetter störte die sonstige Vollkommenheit des Tages. Just als Emily ihr »Ich will« sprach, zuckte ein Blitz über den Himmel und schlug in der Nähe ein und erhellte die Kirche wie mit tausend Fackeln. Emily gab sich Mühe, das nicht als schlechtes Omen für ihr gemeinsames Leben mit Barnaby zu deuten.
Auf Windmere war ein Hochzeitsfrühstück vorbereitet, und selbst dem Unwetter gelang es nicht, die Stimmung zu trüben und den Spaß und die Freude der Gäste zu stören, die dem Brautpaar zum Herrenhaus folgten. Es war eine sehr gemischte Gruppe Leute, die sich hier versammelt hatte, um die Eheschließung zwischen Lord Joslyn und Emily Townsend zu feiern. Man könnte auch sagen, sie seien wild zusammengewürfelt, aber Barnaby zog es vor, sie als demokratisch zu sehen, denn Mrs Gilbert war ebenso anwesend wie Lord Broadfoot und seine Dame und die anderen führenden Landbesitzer der Gegend. Jeb Brown und Caleb Gates, die in ihren besten Sonntagskleidern durchaus schmuck aussahen, konnte man beim Gespräch mit Mathew und Simon beobachten, und drei der Gilbert-Töchter lachten und schäkerten mit Thomas und Luc. Flankiert von Althea und Anne hielt Cornelia Hof in einer Ecke des Raumes, wo alle hinkamen, um ihr ihren Respekt zu erweisen … und ihr zu ihrem Aussehen Komplimente zu machen; sie war aber auch in bester Verfassung, da ihre geliebte Emily eine so gute Partie gemacht hatte. Hugh hielt sich, wie mehreren der Anwesenden auffiel, stets in Annes Nähe auf, deren Augen förmlich strahlten. Jeffery schlenderte von einem Grüppchen zum anderen und nahm die Glückwünsche zu Emilys vorteilhafter Hochzeit entgegen, als stünde es ihm zu. Der Vikar und seine Gattin waren natürlich ebenfalls anwesend, blieben auf ihrem Weg durch den Salon immer wieder stehen, unterhielten sich länger mit Cornelia und dann später mit Mrs Featherstone, die mit ihren Töchtern gekommen war und, sobald die Gilbert-Mädchen weitergezogen waren, sogleich Luc und Thomas ins Visier nahm.
Nachdem alle eine schwindelig machende Vielfalt an Gerichten, die Mrs Eason zubereitet hatte, genossen hatten und auf die Neuvermählten angestoßen hatten, verabschiedeten sich die geladenen Gäste nach und nach und machten sich durch den immer noch tobenden Sturm auf den Heimweg – bis auf die Mitglieder der beiden Familien. Die Dämmerung brach bereits an, als schließlich die Townsend-Kutsche gerufen wurde, um dem Wetter trotzend nach The Birches aufzubrechen. Emily blieb allein mit ihrem Ehemann zurück … und seinen Verwandten.
Als sie zusah, wie Cornelia und der Rest ihrer Familie in der schwerfälligen Kutsche über die Auffahrt entschwand, fühlte sich Emily, als sei sie nun mit Fremden allein gelassen. Oh, natürlich war ihr frischgebackener Ehemann kein Fremder für
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