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Eine Stuermische Nacht

Eine Stuermische Nacht

Titel: Eine Stuermische Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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halbe Stunde später, in ein fast zehn Jahre altes saphirblaues und mit Goldlitze verziertes Reitkleid gewandet, ritt Emily ins Dorf. Sie hatte keinen Hut auf, aber ihr Haar, das so hell war wie der Mondschein, war unter einem Haarnetz im Nacken aufgesteckt. Die Kälte ließ ihre Wangen rosig erblühen, und ihre grauen Augen funkelten. Für späten Januar war der Tag beinahe schon angenehm mild, aber sie war dennoch dankbar für die schwarzen Lederhandschuhe und den dicken schweren Samtstoff ihres Reitkostüms.
    Sie näherte sich unauffällig dem Gasthof und hielt ihr Pferd an, als sie bei den Ställen ankam, wo Caleb sie bereits erwartete. Er half ihr beim Absitzen.
    Lächelnd sagte er zu ihr:
    »Sie wissen ja, wo Sie hinmüssen. Laufen Sie los, ich verstecke die Stute und komme in ein paar Minuten nach.«
    Emily eilte über die freie Fläche zwischen Stall und Gasthaus und schlüpfte zur Hintertür hinein. Mary war bereits da und empfing sie.
    »Ma und die anderen warten schon auf Sie«, sagte sie und deutete mit einer Armbewegung zu dem privaten Salon, den Mrs Gilbert für die Familie und Freunde bereithielt.
    Emily kannte sich in der Krone beinahe so gut aus wie in ihrem eigenen Zuhause, daher schritt sie rasch über den Flur auf die Rückseite des Gebäudes. Nachdem sie kurz an die Tür geklopft hatte, öffnete sie sie und trat ein.
    Es war ein freundlicher Raum, groß genug, um mehreren Personen Platz zu bieten, mit weiß getünchten Wänden und goldbraunen Eichendielen. Ein verblasster Wollteppich in verschiedenen Bernstein- und Brauntönen lag auf dem Boden in der Mitte des Zimmers, und im gemauerten Kamin brannte ein Feuer. Saubere Kaliko-Vorhänge hingen zu beiden Seiten der Fenster, die auf den Kräuter- und Gemüsegarten hinausgingen. In der Raummitte gab es einen großen Tisch mit mehreren Holzstühlen darum. Weich gepolsterte Sessel, die mehr in Hinblick auf ihre Bequemlichkeit als auf die Eleganz der Formgebung ausgewählt worden waren, ein paar kleine gewöhnliche Tischchen und ein schwerer mit Schnitzereien verzierter Schrank an der dem Kamin gegenüberliegenden Wand vervollständigten die Möblierung.
    Die im Salon versammelten Personen saßen um den großen Tisch, und Emily ging zu ihnen. Der Stuhl, den sie ihr frei gelassen hatten, stand am Kopf des Tisches; sie nahm darauf Platz und begrüßte alle mit einem herzlichen Lächeln.
    Mit Caleb zusammen, der noch im Stall war, und einigen Dienstboten von The Birches bildeten die am Tisch Sitzenden die unerschrockene kleine Gruppe ihrer Finanziers. Es waren die Leute, an die sie sich gewandt hatte, als sie zuerst ihren verzweifelten Plan gefasst hatte.
    Mrs Gilbert war die Erste, die Emily ausgewählt hatte, um ihr vorzuschlagen, sich an ihrem gewagten Vorhaben zu beteiligen. Mrs Gilbert hatte keine Sekunde gezögert. Emily hatte ihr kaum ihren Vorschlag unterbreitet, als Mrs Gilbert schon zugestimmt hatte. Der Tod ihres Mannes, vermutlich Mitgliedern der Nolles-Bande zuzuschreiben, und die Belästigung ihrer Gäste durch dieselbe Bande hatten sie in eine prekäre Lage gebracht. Ohne das Geld, das sie mit dem Schmuggel einnahmen, hätte sie das Gasthaus nicht halten können, und sie und ihre fünf Töchter wären obdachlos geworden.
    Jeb Brown war unverzichtbar für den Erfolg ihres Plans, und sobald sie seine Zusage hatte, hatten Emily und Mrs Gilbert sich nach weiteren Geldgebern umgesehen.
    Emilys Blick verweilte kurz auf den verhärmten Gesichtern der kleinen Miss Martha Webber und ihrer verwitweten Schwester Mrs Gant. Früher einmal war Miss Webber eine viel beschäftigte Näherin gewesen, die sich um Aufträge nicht sorgen musste, aber das Alter hatte ihre einst geschickten Finger gekrümmt und knotig gemacht, sodass sie in Not geraten war. Sie und Mrs Gant lebten zusammen, hatten kaum genug zum Überleben, halfen als Waschfrauen aus und nahmen auch sonst alle Arbeiten an, die sie noch erledigen konnten. Emily hatte gezögert, sie anzusprechen, aber Mrs Gilbert hatte sie dazu gedrängt.
    »Es geht ihnen noch schlechter als mir«, hatte sie gesagt.
    »Ich weiß, dass Martha und ihre Schwester nicht viel haben, aber ich vermute, sie sind willens und in der Lage, ein paar Pfund zu riskieren. Fragen Sie sie!« Das hatte Emily getan, und Miss Webber und Mrs Gant hatten begeistert ihren Teil beigesteuert.
    Mrs Goodson, die Witwe eines Arbeiters, die für sich und ihre hungrigen Kinder alleine sorgen musste, war Miss Webber und Mrs Gant gefolgt. James

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