Eine Stuermische Nacht
Walker war außerordentlich hilfsbereit.«
»Ja, ja«, entgegnete Jeffery und tat Walkers Bemühungen ab. Er trat ans Bett und erklärte:
»Ich muss zugeben, ich bin mehr als glücklich über diese Gelegenheit, den fälschlichen Eindruck, den Sie nach unserem ersten unseligen Zusammentreffen vielleicht von mir gewonnen haben, richtigstellen zu können.«
»Ach, das hatte ich längst vergessen«, erwiderte Barnaby höflich, wünschte Jeffery insgeheim jedoch ins Fegefeuer.
Jeffery strahlte.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, das zu hören.« Er lachte leise.
»Sie müssen mich für einen Irren gehalten haben, als ich so ins Zimmer gestürmt kam und mit wilden Anschuldigungen um mich geworfen habe.«
»Der Gedanke kam mir.«
Jefferys Lächeln wankte.
»Nun, es ist jedenfalls gut, dass ich nun alle Vorbehalte, die Sie bezüglich der Townsend-Familie gehegt haben könnten, ausräumen konnte.«
Da er wollte, dass der andere ging, ehe er etwas sagte, das er später bereuen würde, seufzte Barnaby schwer und schloss die Augen. Mit schwacher Stimme verlangte er:
»Lamb, mein Stärkungsmittel. Ich fühle mich nicht wohl.«
Lamb kam geschäftig ans Bett. Mit einem Lächeln, bei dem er den Großteil seiner weißen Zähne entblößte, erklärte er an Jeffery gewandt:
»Ich muss Sie leider jetzt bitten zu gehen. Seine Lordschaft hat erst vor ein paar Stunden eine schwere Kopfwunde erlitten und ist noch nicht in der Verfassung, Besucher zu empfangen.«
»Oh … eh, ja. Natürlich«, antwortete Jeffery, von Lambs Größe und seiner unübersehbaren Ähnlichkeit mit den Joslyns eingeschüchtert.
»Ich wollte nicht stören.« Er blickte wieder zu Barnaby, der in die Kissen gesunken war.
»Wenn es irgendetwas gibt, das Sie noch brauchen, Mylord, ein Wort genügt.«
»Mein Stärkungsmittel«, stöhnte Barnaby, »ich muss meine Medizin nehmen.«
Lamb ergriff Jeffery am Ellbogen und brachte ihn sanft, aber bestimmt zur Tür und dann aus dem Zimmer hinaus. Nachdem er das Schließen der Tür gehört hatte, öffnete Barnaby versuchshalber ein Auge. Da er nur Lamb entdecken konnte, öffnete er auch das andere und setzte sich auf.
»Weißt du«, sagte er, »der Kerl strapaziert meine Geduld.«
»Vergiss nur nicht, er ist ihr Cousin – und wenn du dem Weg weiter folgst, den du eingeschlagen hast, könnte dein Erbe am Ende wie er sein«, verkündete Lamb grinsend.
Barnabys und Lambs Sachen trafen gegen Abend aus Windmere ein, zusammen mit einem beunruhigten Mathew, den seine Brüder begleiteten. Barnaby benötigte eine ganze Weile, um seine Cousins davon zu überzeugen, dass er nicht in Lebensgefahr schwebte. Es war schwer zu sagen, aber er spürte, dass die drei Männer sich ernstlich um ihn Sorgen machten. Dass er so knapp dem Tode entronnen war, verstörte sie offenbar alle.
»Das mag schon zutreffen«, erwiderte Lamb, nachdem es ihm endlich gelungen war, sie aus Barnabys Zimmer zu vertreiben, »aber das heißt nicht, dass nicht doch einer von ihnen hinter dem steckt, was geschehen ist.«
Lambs Worte spiegelten Barnabys Überlegungen wider. Aber welcher von ihnen war es? , fragte er sich.
Nachdem er die Dosis Laudanum geschluckt hatte, die Lamb ihm aufgedrängt hatte, schlief Barnaby ein. Am Mittwochmorgen, einem grauen trüben Tag, erwachte er erholt.
Lamb, der ein Tablett mit allerlei Köstlichkeiten von Mrs Spalding brachte, dazu gedacht, den Appetit des Invaliden anzuregen, betrachtete ihn eindringlich.
»Dein Gesicht hat wieder Farbe«, sagte er, als er das Tablett auf den Tisch neben dem Bett stellte. Mit einem listigen Lächeln fügte er hinzu:
»Und die Damen haben um die Erlaubnis gebeten, dir einen Krankenbesuch abzustatten – gegen elf Uhr –, wenn es Seiner Lordschaft genehm ist.«
Barnabys Züge leuchteten auf, und er setzte sich auf.
»Na, wenn das nicht das Beste ist, was ich gehört habe, seit ich hier bin.«
Emily freute sich weit mehr auf die Stippvisite bei Barnaby, als sie zuzugeben bereit war. Schlimmer noch, sie stellte fest, dass sie sich weit mehr Mühe mit ihrem Kleid und ihrer Frisur gab. Wieso ist es wichtig, was ich trage?, fragte sie sich ärgerlich. Er hat mich bereits gesehen, als ich wie eine Vogelscheuche aussah.
Als die Damen schließlich zum Frühstück nach unten gingen, hatte Emily ein Kaschmirkleid mit rundem Ausschnitt an, und ihr Haar wippte in weichen Locken um ihr Gesicht. Cornelia war sehr zufrieden mit Emilys Aussehen, zumal ihr mehr als
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