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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ihnen, Doktor«, sagte Dahlmann endlich. Dr. Kutscher nickte.
    »Mir ist klar, daß Sie bei mir keine Erdbeeren kaufen wollen.«
    »Es geht um die Apotheke.« Dahlmann sah auf, aber Dr. Kutscher verschanzte sich hinter sein Schweigen. Rede nur, dachte er. Ernst Dahlmann atmete tief und rauchte hastig ein paar Züge. Das macht er nicht lange, dachte Dr. Kutscher hämisch. Als Student habe ich das auch getan … ich hatte Mühe, auf den Lokus zu kommen und die Unterhose zu retten.
    »Es geht um die Blindheit meiner Frau … Sie verstehen?«
    Dr. Kutscher antwortete nicht, er nickte nur stumm. Dahlmann sprach hastig weiter.
    »Es liegen nun genug Expertisen vor, daß sie das Augenlicht nicht wiedererhalten wird. Das ist eine ungeheure Tragik, mit der wir uns abfinden müssen. Aber diese Endgültigkeit zieht Probleme nach sich. Da ist zunächst das Testament meines Schwiegervaters … Er hatte zwei Töchter, Luise, meine Frau, die ja, wie Sie wissen, Apothekerin ist, und Monika, meine Schwägerin, die in Hamburg wohnte und seit dem Unfall wieder bei uns im Hause ist. Monika Horten bekam eine Abfindung aus der Erbmasse und eine Lebensrente von monatlich 500 Mark, die aus den Einnahmen der Apotheke zu bezahlen ist. Luise, meine Frau, erbte die Apotheke und den Grundbesitz, allerdings mit der strengen Maßgabe einer Gütertrennung. Mit anderen Worten: Alles gehört Luise … und nun ist sie blind! Ich war bisher gewissermaßen der Angestellte meiner Frau mit dem vollen Familienanschluß, den das Gesetz einem Ehemann zubilligt. Mehr nicht! Ich hatte die Nutznießung von Apotheke und Einkommen … aber kein Handlungsrecht. Alle Schecks muß meine Frau unterschreiben, alle Maßnahmen, die die Apotheke betreffen, muß meine Frau entscheiden. Ich habe nur das sogenannte ›kleine Zeichnungsrecht‹, das Unterschreiben von Quittungen. Mit anderen Worten: Ich bin bis heute ein ehelicher Kommis, ein erbärmlicher Apothekenpikkolo, dank der Fürsorge meines Schwiegervaters. Was ist da zu machen?«
    »Nichts«, sagte Dr. Kutscher trocken. Dahlmann zog hastig an der starken, gebogenen Virginia. Dr. Kutscher sah seinen Besucher kritisch an. Noch keine Wirkung, dachte er. Der Kerl muß einen Darm aus Leder haben.
    »Nichts? Das sagt ein Anwalt? Von solchen Ratschlägen können Sie nicht leben!«
    »Auch das Abhalten von Dummheiten wird hoch honoriert. Wenn einer zu mir kommt und sagt: ›Mein Lieber, ich habe eine Witwe kennengelernt, die hat 500.000 Mark Vermögen, aber sie sieht aus wie eine Vogelscheuche, und ich habe mich entschlossen, sie deshalb nicht zu heiraten‹ … dann werde ich immer sagen: ›Mein Freund, stecken Sie den Kopf unter kaltes Wasser, werden Sie nüchtern, heiraten Sie – 500.000 Mark sind genug, um auch zu einer Vogelscheuche morgens, mittags und abends sagen zu können: Mein Liebling – du siehst bezaubernd aus!‹ Und dann kassiere ich von dem Glücklichen zehn Prozent! Ihnen, mein lieber Dahlmann, kann ich nur sagen: Nein!«
    »Sie erkennen meine Lage nicht, Doktor!«
    »Doch. Sehr genau! Wie schmeckt Ihnen die Virginia?«
    »Gut.« Dahlmann sah konsterniert auf die glimmende Zigarre. »Warum?«
    »Ach, nur so.« Dr. Kutscher schüttelte den Kopf. »Sie sollten mal zu einem Darmspezialisten gehen –«
    »Lassen Sie diese Blödeleien, Doktor!« Dahlmann war ernsthaft unruhig und böse. »Ich komme hier mit einem Problem über Sein oder Nichtsein zu Ihnen –«
    »Hamlet –«
    »Wie bitte?«
    »Sein oder Nichtsein … ist aus Hamlet! Im Urtext habe ich auf der Penne dafür eine Fünf bekommen! Werde das nie vergessen –«
    Dahlmann erhob sich schroff. »Guten Tag, Doktor. Ich sehe, daß Ihnen heute aller Ernst mangelt, den ein Anwalt haben sollte –«
    »Sie sind ein schrecklich witzloser Mensch, Dahlmann. Und ich habe Sie bisher immer als einen charmanten Plauderer alter Wiener Schule angesehen. Wo ist das geblieben? In Ihrem Alter kann doch unmöglich ein Verkalkungsprozeß die charmante Seele eingemauert haben …« Dr. Kutscher hob beide Hände, als Dahlmann antworten wollte. »Nein! Schimpfen Sie nicht von neuem los! Ich erkenne Ihre Not zu genau! Sie wollen los aus der posthumen Fessel Ihres seligen Schwiegerpapas. Sie wollen Ich sein, der Ernst Dahlmann mit eigener Apotheke und einer Frau Luise, und nicht der Apotheker Dahlmann in der Apotheke seiner Frau Luise. Stimmt's?«
    »Genau, Doktor. Jetzt fällt der Groschen.«
    »Aber der Automat spuckt keine Lösung aus, mein Bester. Sie können dieses

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