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Eine Tankstelle fuer die Seele

Eine Tankstelle fuer die Seele

Titel: Eine Tankstelle fuer die Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna E. Roecker
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einem seiner Computer-Helden angelangt, der zu seinen erklärten Lieblingen gehörte. Er schilderte mir, dass dieser Held so stark ist, dass ihm keiner gewachsen sei, er müsse vor gar nichts Angst haben. Und wir fanden heraus, dass der Held nicht darauf angewiesen ist, was die anderen von ihm denken. Genau das, so stellte sich bald heraus, war nämlich eines der Probleme des Jungen. Es war spannend zu sehen, auf welchen Gebieten mein kleiner Held sich am sichersten fühlte, und mithilfe von Visualisierungen konnten wir sehen, wie er dieses Gefühl von Sicherheit auch auf andere Bereiche übertragen kann. Es war also wichtig, nicht bei der etwas merkwürdig scheinenden Computerfigur zu bleiben, sondern bei dem, was – wenn in diesem Fall auch etwas versteckt und von der Figur sogar verzerrt – der Archetyp Held symbolisiert.
    Entscheidende Hinweise bekam C.G. Jung bei der Entdeckung des kollektiven Unbewussten durch die Träume und Imaginationen seiner Patienten. Dabei kamen Gestalten zum Vorschein, die sich in täuschend ähnlicher Form in Mythen wiederfanden, die den Patienten in keiner Form bekannt waren. Aus der Häufigkeit des entsprechenden Materials aus Träumen bzw. aktiv imaginierten Bildern schloss Jung, dass die Archetypen in unserem Leben jeweils dann in Erscheinung treten, wenn offensichtlich eine Art psychische Notwendigkeit besteht – und das eben sogar in einer völlig unbekannten Form.
    Das war auch im Fall meiner Klientin so. Sie kam nach einer schweren Operation, von der sie sich nur mühsam erholte. Ihr Anliegen war natürlich, wieder gesund zu werden. Daneben wollte sie aber vor allem ihre Lebensenergie und Lebensfreude wieder spüren, die sie schon so lange vor der Krankheit vermisst hatte. In der Musikreise tauchte eine weibliche Gestalt mit einer besonderen Form der Kopfbedeckung auf. Die Klientin gab eine ziemlich genaue Beschreibung, bevor sie mit dieser Gestalt in einen inneren Dialog trat. Sie hatte das Gefühl, es handle sich um eine sehr vertraute Frau. Als ich sie fragte, ob sie sich dadurch an jemanden erinnert fühle, verneinte sie. Nein, sie kenne diese Frau nicht, obwohl sie das tiefe Gefühl des Verbundenseins spüre. Die Frau, deren Kopfbedeckung sie immer wieder erwähnte, sprach mit ihr und erinnerte sie an verschiedene Lebenssituationen, die sie eigentlich schon vergessen oder besser gesagt verdrängt hatte. »Du musst das anschauen, damit du es los wirst«, sagte ihr die fremde Frau, und: »Du darfst endlich zu dir stehen, auch wenn du immer das Gegenteil gehört hast.« Während der folgenden Musikreisen tauchte die Frau immer wieder auf und gab entscheidende Hinweise und Ratschläge. Meine Klientin versuchte schon nach der ersten Stunde diese merkwürdige hohe Kopfbedeckung detailgetreu aufs Papier zu bringen. Für mich sah es nach einer ägyptischen Kopfbedeckung aus. Die Klientin hatte sich noch nie mit ägyptischer Kunst beschäftigt und nahm meinen Hinweis lediglich zur Kenntnis. Wochen später berichtete sie, in welch innigem Kontakt sie mit dieser Frauenfigur stehe und wie sehr sie fühle, dass ihre Lebensenergie wieder zurückkommen werde. Fast etwas verschämt äußerte sie, dass sie allerdings niemanden davon erzählen würde, damit man sie nicht für verrückt halte. Ein Jahr später rief sie mich aufgeregt an und erzählte mir, dass sie mit ihrem Mann in Paris gewesen sei und im Louvre in der Ägyptischen Sammlung ihre »innere Beraterin« gesehen hätte. Sie hatte die Kopfbedeckung wiedererkannt, die sie in ihrem inneren Bild so beeindruckt hatte.
    Große Menschheitsführer wie Moses, starke Frauen wie Sarah oder die Königin von Saba, Prinzessinnen, Helden, Clowns oder das Waisenkind, das im Wald ausgesetzt wird – sie alle gehören zu den unzähligen archetypischen Bildern, die in der jeweiligen Zeit und damit in immer anderen Formen das ausdrücken, was bereits in einer Urform an Erlebens- und Verhaltensmustern in uns vorliegt. Sie sind innere Lehrer, die uns seit Anbeginn der Zeiten begleiten. Hinweise auf die Vorstellung von Archetypen fand C.G. Jung zum Beispiel bei Plato, der in allem Erkennen ein Wiedererinnern an etwas sah, was bereits im Kern in jedem Menschen – wenn auch sehr verborgen – schlummert.
    Diese Vorstellung möchte ich an einem einfachen Beispiel näher beleuchten: Den Flug der Vögel zu beobachten hat Menschen wohl schon immer fasziniert. Lange hat der Mensch versucht, dieses Fliegen auch selbst zu verwirklichen. Aber erst als der

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