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Eine Tankstelle fuer die Seele

Eine Tankstelle fuer die Seele

Titel: Eine Tankstelle fuer die Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna E. Roecker
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Mensch die Gesetze der Aerodynamik entdeckte, war es ihm möglich, Flugzeuge zu bauen. Im Sinne Platos hat er die Gesetze der Aerodynamik nicht gemacht, sondern nur entdeckt, weil sie als Kräfte in der Welt bereits vorhanden waren.
    Licht- und Schattenseiten
    Jeder Archetyp und jedes archetypische Geschehen hat auch eine schattenhafte Seite, das heißt, die archetypische Erfahrung umfasst immer Glück und Leid, Paradies und Hölle. Am Beispiel der Macht ist das vielleicht am einfachsten zu erkennen: Sie kann positiv wie negativ enorm Großes bewirken. Deshalb sprechen die mythologischen Geschichten davon und warnen vor der Gefahr, die Schattenseite der Macht nicht zu sehen, denn dann ist man verdammt, ihr am Ende zu verfallen. Deshalb ist es wichtig, sich zum Beispiel – wie im Fall meines kleinen Patienten – die Qualitäten des Helden bewusst zu machen und in die eigene Person zu integrieren. Würde sich der Junge mit seiner Figur aus dem Computerspiel vollkommen identifizieren, bestünde die Gefahr, dass er sich selbst für die omnipotente Gestalt aus dem Computerspiel hielte.
    Es ist wichtig, dass das bewusste beobachtende Ich die Führung behält, um zu vermeiden, dass wir jenseits der Vernunft in den Bann der Bilder geraten. Wir nutzen lediglich deren Kraft, ohne uns von dem archetypischen Bild überfluten zu lassen und uns vollständig mit ihnen zu identifizieren.
    Die Möglichkeit, den Schatten zu wandeln, finde ich sehr verlockend und lohnenswert, ist er doch einer der großen Störer in unserem Leben. Ich möchte das an einem Beispiel erklären.
    Da gibt es zum Beispiel den Archetyp des »Eremiten«. Begegnet er uns in seiner Schattenseite, so fühlen wir uns einsam, verlassen und verloren. Wir glauben, dass sich keiner mehr für uns interessiert, und dabei ziehen wir uns selbst immer mehr in unsere »Klause« zurück. Rufen wir in einer solchen depressiven Phase den Archetyp Eremit in seiner Lichtseite in uns auf, kann er uns helfen, die positive Seite des Alleinseins zu entdecken. Vielleicht können wir jetzt endlich einmal die Bücher lesen, die immer schon neben dem Bett liegen, oder die Musik hören, die schon lange auf der inneren Wunschliste steht. Der Eremit kann uns zeigen, dass diese Phase – wenn wir sie wirklich für uns nutzen – nicht nur vorübergeht, sondern wertvolle Schätze verborgen hält.
    Aus dem enttäuschten Sich-von-der-Welt-Zurückziehen wird dann ein Sich-selbst-Zuwenden. Die Voraussetzung für diese Wandlung ist allerdings, dass wir den Schatten-Zustand erst einmal akzeptieren und dann bereit sind, den hilfreichen Archetypen in uns aufzurufen. Durch ihn wird die Verbindung zur eigenen Intuition wiederhergestellt und damit die Verbindung zur inneren Quelle.
    Manchmal zeigt sich allerdings im umgekehrten Fall gerade dann der Schattenaspekt, wenn wir glauben, auf dem Höhepunkt der Kraft oder der persönlichen Macht angekommen zu sein. Allzu oft haben wir das in den letzten Jahren erfahren, dass die Mächtigen und allzu Selbstbewussten stürzen, vielleicht weil sie das vergessen haben, was uns das Yin-Yang-Symbol so deutlich zeigt: dass nämlich in allem bereits sein Gegenpol verborgen ist, im Dunkeln das Licht und im Licht das Dunkel. Karl Valentin, der bayrische Tragik-Komiker, hat das treffend so ausgedrückt: »Wenn ich bergauf fahre, freue ich mich schon, weil es nachher leichter heruntergeht. Und wenn ich herunterfahre, bin ich traurig, weil ich weiß, dass ich gleich wieder den Berg hinaufschieben muss.«
    Der Archetyp zeigt sich
    Auf einem fast vergilbten Foto bin ich als kleines Mädchen mit einer roten Kappe und einer roten Schürze zu sehen. In der Hand trage ich einen Korb, der mit einem weißen Tuch zugedeckt ist. Ganz offensichtlich musste ich in diesem Jahr als »Rotkäppchen« zum Kinderfasching gehen. Aus meinem Blick lässt sich allerdings schließen, dass ich schon damals nicht das gutmütige naive Mädchen sein wollte, das vom Wolf gefressen wird, weil es ihn für ihre Großmutter hält. Vielleicht wollte ich lieber eine Prinzessin sein oder eine Fee, wie in späteren Jahren, geheimnisvoll und mit magischen Kräften versehen. Cowboy war damals das höchste aller Gefühle für meine Kindergartenfreunde. »Ich war als Cowboy bis an die Zähne bewaffnet«, erzählte mir lachend ein Freund, von dem ich bereits berichtet habe. »Mindestens im Karneval war ich dann zumindest unangreifbar und nicht wie sonst der Kleinste und Schmächtigste.« Auch er besitzt ein

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