Eine Tiefe Am Himmel
sie bemerken würde. Und dann bräuchte sie nicht mehr so viel Zeit hier zu verbringen. Qiwi fragte sich, wie es wohl wäre, wie die meisten Leute einen Wachzyklus mit weniger Dienst zu haben. Es würde medizinische Ressourcen sparen, der arme Tomas bliebe aber noch mehr allein.
Ihr Denken glitt um die Sorge herum. Manche Dinge kannst du bessern und andere nicht; sei dankbar für das, was Trinlis Orter Gutes bringen werden. Sie schwebte von der Spalte hoch und fragte beim Rest ihrer Wartungsgruppe nach dem Stand.
»Nur die üblichen Probleme«, erklang Floria Peres’ Stimme in ihrem Ohr. Floria glitt über die ›oberen Hänge‹ von Diamant Drei. Also oberhalb der gegenwärtigen Null-Oberfläche des Felshaufens. Dort büßten sie jedes Jahr ein paar E-Triebwerke ein. »Drei gelockerte Halterungen… Wir haben sie rechtzeitig erwischt.«
»Sehr gut. Ich setze Arn und Dima dran. Ich denke, wir sind früh fertig.« Sie lächelte vor sich hin. Jede Menge Zeit für die interessanteren Projekte. Sie schaltete ihr Kom von der Gruppenfrequenz weg. »He, Floria. Du bist diese Wache für die Raffinerie zuständig, nicht wahr?«
»Klar.« Auf der anderen Seite ertönte ein Kichern. »Ich versuche, diese Arbeit jedes Mal zu kriegen; für dich zu arbeiten, ist einfach eine der unvermeidlichen Mühen, die damit verbunden sind.«
»Nun ja, ich hätte da ein paar Dinge für dich. Vielleicht können wir ein Geschäft machen?«
»Oh, vielleicht.« Floria hatte nur einen Zehn-Prozent-Dienstzyklus; dennoch hatten sie dieses Spiel schon einmal gespielt. Außerdem gehörte sie zur Dschöng Ho. »Wir treffen uns in ein paar tausend Sekunden unten bei der Raffinerie. Wir können zusammen Tee trinken.«
Die Raffinerie für die flüchtigen Stoffe bewegte sich langsam über die dunkle Seite des Felshaufens. Ihre Türme und Retorten glitzerten reifbedeckt im Licht der Arachna; an anderen Stellen glühte sie von dumpfer roter Wärme, wo die Fraktionierung und die Rekombination stattfanden. Heraus kamen die einfachen Rohstoffe für ihre Fabrik und die organischen Schlämme für die Baktreien. Das Kernstück der L1-Raffinerie stammte von der Dschöng-Ho-Flotte. Die Aufsteiger hatten ähnliche Ausrüstung mitgebracht, doch sie war während des Kampfes verlorengegangen. Gott sei Dank war es unsere, die übrig blieb. Reparaturen und Neubau hatten sie gezwungen, Teile von allen Schiffen auszuschlachten. Wenn der Kern der Raffinerie von den Aufsteigern stammte, könnten sie von Glück sagen, wenn jetzt überhaupt noch etwas funktionieren würde.
Qiwi machte ihr Taxi ein paar Meter von der Raffinerie entfernt fest. Sie lud ihre in Thermoisolation eingeschlagene Fracht ab und zog sich an den Führungsseilen zum Eingang. Rings um sie lag in gewellten Dünen ihr verbliebener Vorrat an flüchtigen Stoffen: Luftschnee und Ozeaneis von der Oberfläche der Arachna. Sie hatten einen weiten Weg hinter sich und eine Menge gekostet. Viel von der ursprünglichen Menge, vor allem der Luftschnee, war beim Aufflammen verloren gegangen, auch später noch, wenn er zufällig ins Licht kam. Der Rest war in die sichersten Schatten geschoben und ausbalanciert worden, war beim vergeblichen Versuch, den Felshaufen zusammenzukleben, geschmolzen und zum Atmen und Essen und Leben verwendet wurden. Tomas hatte Pläne, Teile von Diamant Eins als wirklich sicheren Lagerraum auszuhöhlen. Vielleicht würde das nicht notwendig sein. In dem Maße, wie die Sonne schwächer wurde, sollte es leichter sein, das Verbliebene zu bewahren. Inzwischen rückte die Raffinerie langsam – weniger als zehn Meter pro Jahr – durch die Dünen von Eis und Luft vor. Hinter sich ließ sie Sternenfunkeln auf bloßem Diamant und eine Spur von Verankerungslöchern.
Florias Steuerkäfterchen lag an der Basis der hinteren Türme der Raffinerie. Als Teil des ursprünglichen Dschöng-Ho-Moduls war es nicht mehr als ein luftdichter Verschlag gewesen, in dem man essen und ein Nickerchen machen konnte. In den Jahren des Exils hatten die verschiedenen Bewohner es ausgebaut. Als sie vom Boden her hineinkam, hielt Qiwi für einen Moment inne. Den größten Teil ihres Lebens hatte sie in engen Räumen oder Tunneln verbracht oder aber in der offenen Leere. Florias letzte Veränderungen machten aus diesem Raum etwas dazwischen. Sie konnte sich vorstellen, was Ezr dazu sagen würde: Es sah wirklich wie eine kleine Hütte aus, fast wie die Märchenbilder, wie ein Bauer in einem uralten Land in den
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