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Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
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ja. Vorher konnte ich es wegstecken. ›Duck dich‹, sagte ich mir, ›und sei ein richtiger kleiner besiegter Krämer.‹ Darin sind wir von Natur aus gut, meinst du nicht? Vielleicht liegt es an der langfristigen Sichtweise. Aber jetzt… Du weißt, dass ich eine Schwester bei unsrer Flotte hatte?«
    »Nein.« Es tut mir Leid. Es hatte vor den Kämpfen so viele von der Dschöng Ho in der Flotte gegeben, und die kleine Qiwi hatte so wenige gekannt.
    »Luan war eine Jokerkarte, nicht allzu intelligent, aber gut im Umgang mit Menschen… die Sorte, die ein kluger Flottenkapitän mit untermischt.« Ein Lächeln kam fast bis an die Oberfläche, ging dann in trostloser Erinnerung unter. »Ich habe eine Promotion in Chemietechnik, aber sie haben Luan fokussiert und mich freigelassen. Es hätte mich treffen müssen, aber sie nahmen stattdessen sie.«
    Florias Gesicht verzerrte sich von einem Schuldgefühl, das nicht angebracht war. Vielleicht war Floria immun gegen eine dauernde Infektion mit der Geistfäule, wie so viele von der Dschöng Ho. Oder vielleicht nicht. Tomas brauchte mindestens ebenso viele Freie wie Fokussierte, sonst würde das System in Einzelheiten versinken. Qiwi öffnete den Mund zu einer Erklärung, doch Floria hörte nicht zu.
    »Ich habe damit gelebt. Und ich habe verfolgt, was mit Luan geschah. Sie haben sie auf diese Aufsteiger-Kunst fokussiert. Wahrscheinlich hast du sie hundertmal gesehen.«
    Ja, das stimmt gewiss. Die Schneidegruppen machten die niedrigste Arbeit unter den Fokussierten. Es war nicht das hohe Schöpfertum von Ali Lin oder den Übersetzern. Die Muster der ›Legendenkunst‹ der Aufsteiger ließen der Kreativität keinen Raum. Die Arbeiter arbeiteten sich die Diamantkorridore entlang, Zentimeter für Zentimeter, schlugen gemäß der Gesamtvorgabe winzige Stückchen ab. Ritsers ursprünglicher Plan war gewesen, bei dem Projekt alle ›menschlichen Abfälle‹ zu verbrauchen, indem man sie ohne medizinische Betreuung bis zum Tode arbeiten ließ.
    »Aber sie arbeiten nicht mehr Wache um Wache, Floria.« Das war einer von Qiwis ersten Triumphen über Ritser Brughel gewesen. Die Arbeit der Diamantschneider wurde erleichtert, und medizinische Ressourcen wurden allen zugänglich gemacht, die wach blieben. Die Schneider würden das Ende des Exils überleben – und die Freilassungen, die Tomas versprochen hatte.
    Floria nickte. »Stimmt, und obwohl sich unsere Wachen kaum überschnitten, konnte ich doch Luan im Auge behalten. Ich pflegte in den Korridoren herumzuhängen, und wenn andere Leute kamen, tat ich so, als sei ich unterwegs. Ich redete sogar mit ihr über diese verdammte dreckige Kunst, die sie liebte; es war das Einzige, worüber sie reden konnte, ›Die Niederlage des Frenkischen Orks‹.« Floria spuckte den Titel geradezu heraus. Ihr Zorn verrauchte, und sie schien in sich zusammenzusinken. »Dennoch konnte ich sie immer noch treffen, und vielleicht, wenn ich ein braver kleiner Krämer war, würde sie eines Tages freikommen. Doch jetzt…« – sie wandte sich um und schaute Qiwi an, und ihre Stimme verlor wieder ihren Halt – »jetzt ist sie einfach nicht mehr da, steht nicht einmal mehr auf der Liste. Sie behaupten, ihr Sarg habe versagt. Sie behaupten, sie sei im Kälteschlaf gestorben. Die verlogenen, heimtückischen Dreckskerle …«
    Dschöng-Ho-Kältesärge waren so sicher, dass sich die Ausfallrate statistisch nicht einmal genau bestimmen ließ, zumindest, wenn sie richtig benutzt wurden und für Zeiträume unter 4 Gigasekunden. Die Ausrüstung der Aufsteiger war anfälliger, und seit den Kämpfen waren niemandes Geräte absolut vertrauenswürdig. Luans Tod war höchstwahrscheinlich ein schrecklicher Unfall, noch ein Echo des Wahnsinns, der sie alle beinahe umgebracht hätte. Und wie kann ich die arme Floria davon überzeugen? »Ich denke schon, dass wir nicht alles für bare Münze nehmen können, was man uns erzählt, Floria. Die Aufsteiger haben ein bösartiges System. Aber… ich war lange Zeit auf Hundert-Prozent-Wache, selbst jetzt bin ich noch bei fünfzig Prozent. Ich bin in fast alles eingeweiht. Und weißt du, in all der Zeit habe ich Tomas nie bei einer Lüge ertappt.«
    »Na schön« – mürrisch.
    »Und warum sollte jemand Luan töten wollen?«
    »Ich habe nichts von Töten gesagt. Und vielleicht weiß dein Tomas es nicht. Zweimal habe ich Ritser Brughel gesehen. Einmal hatte er alle Frauen beisammen und war hinter ihnen, beobachtete nur. Das andere

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