Eine Tiefe Am Himmel
seiner Jacke verborgen hielt. Alequere sprang zurück, sodass die Schnur in hohem Bogen herausgezogen wurde. Birbop sprang hin, um sie zu packen, rannte in einem raschen Kreis um Brent herum, als wolle er ihm die Beine fesseln.
»He, Brent, ich dachte, aus dem Alter wärst du heraus«, sagte Gokna mit angestrengt gut gelauntem Spott.
Brents Antwort kam langsam und ein wenig abwehrend. »Ich langweile mich, wenn ich nicht bei meinen Stäben und Verbindungsstücken bin. Fadenspiele kann man überall machen.« Darin war Brent wirklich ein Meister. Als er jünger war, hatte er sich oft auf den Rücken gerollt und alle Arme und Beine – sogar die Esshände – benutzt, um immer kompliziertere Muster zu formen. Das war die Art albernes, kompliziertes Hobby, die Brent mochte.
Birbop nahm Alequere das Ende der Schnur weg und rannte drei, vier Meter die Wand hoch, wobei er geschickt jeden winzigen Wandvorsprung ausnutzte, wie es nur die ganz jungen Leute können. Er warf das Seil seiner Schwester zu und animierte sie zu dem Versuch, ihn herabzuziehen. Als sie es tat, riss er es mit einem Ruck zurück und kletterte noch anderthalb Meter höher. Er war ganz so, wie Rhapsa in seinem Alter gewesen war, vielleicht sogar noch eine Spur flinker.
»Nicht so hoch, Birbop, du fällst herunter!« Jetzt klang Viki genau wie Papa.
Die Wände ragten oberhalb des Babies höher und höher. Und ganz oben, fünfzehn Meter über ihnen, befand sich das winzige Fenster. Hinter sich sah Viki, wie Gokna stutzte. »Denkst du dasselbe wie ich?«, fragte Viki.
»W-wahrscheinlich. Als sie klein war, hätte Rhapsa bis nach oben klettern können.« Ihre Entführer waren nicht so schlau, wie sie dachten. Jeder, der je Babies betreut hatte, hätte es besser gewusst. Doch beide männlichen Entführer waren jung, gegenwärtige Generation.
»Aber wenn er fällt…«
Wenn er fiele, gäbe es kein Kletter-Fangnetz, nicht einmal weichen Teppich. Ein Zweijähriger konnte acht oder zehn Kilo wiegen. Sie kletterten gern, es war, als ahnten sie, dass sie, wenn sie erst einmal groß und schwer wurden, nur noch Treppen steigen und die gewöhnlichsten Sprünge machen könnten. Babies konnten viel tiefer als Erwachsene fallen, ohne sich ernstlich zu verletzen, doch tiefe Stürze würden sie dennoch nicht überleben. Zweijährige wussten das nicht. Ein einfacher Vorschlag, und Birbop wäre zu dem Fenster hoch oben unterwegs. Es bestanden gute Aussichten, dass er es schaffen würde…
Normalerweise hätten sich Viki und Gokna auf jeden ausgefallenen Plan gestützt, doch hier ging es um das Leben eines anderen… Die beiden starrten einander einen Augenblick lang an. »Ich… ich weiß nicht, Viki.«
Und wenn sie nichts taten? Die Babies würden wahrscheinlich zusammen mit den anderen umgebracht werden. Wofür immer sie sich entschieden, es konnte schreckliche Folgen haben. Plötzlich hatte Viki größere Angst als je zuvor; sie ging quer durch den Raum und blieb unter dem grinsenden Birbop stehen. Ihre Arme hoben sich, als ob sie ein Eigenleben hätten, um das Baby herunterzulocken. Sie zwang die Arme nieder, zwang ihrer Stimme einen leichten, neckenden Ton auf: »He, Birbop! Denkst du, dass du die Schnur bis hinauf zu dem kleinen Fenster schaffen kannst?«
Birbop neigte den Kopf, richtete seine Babyaugen nach oben. »Klar.« Und schon war er unterwegs, huschte von Verkleidung zu Rohrhalterung, höher und höher. Ich schulde dir etwas, Kleiner, auch wenn du es nicht weißt.
Am Boden kreischte Alequere auf, wütend, dass Birbop sämtliche Aufmerksamkeit hatte. Sie ruckte hart an der Schnur, sodass ihr Bruder mit drei Armen an einem schmalen Vorsprung in sechs Meter Höhe schaukelte. Gokna riss sie vom Boden hoch und von der Schnur weg und gab sie Jirlib.
Viki versuchte, das Entsetzen abzuschütteln, das sie empfand; sie sah zu, wie das Baby immer höher kletterte. Und wenn wir an das Fenster herankommen, was dann? Zettel hinauswerfen? Aber sie hatten nichts, womit sie schreiben konnten, und sie wussten auch nicht, wo der Wind einen Zettel hintragen konnte… Und plötzlich sah sie, wie auf einen Schlag zwei Probleme zu lösen wären. »Brent, deine Jacke!« Sie streckte die Hände vor und winkte Gokna, sie solle ihm helfen, sie auszuziehen.
»Ja!« Gokna zog an den Ärmeln und Beinkleidern, fast noch ehe Viki ausgeredet hatte. Brent starrte einen Moment lang überrascht, dann erfasste er die Idee und half. Seine Jacke war fast so groß wie die von Jirlib,
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