Eine Tiefe Am Himmel
»Aber ich denke, wir haben eine Menge anderes zu besprechen, nicht wahr?«
Scherk zögerte, dann beugte er sich vor, um das Fell auf dem Rückenpanzer seines Geleitkäfers zu streicheln. Das Tier war groß, es musste dreißig Kilo wiegen, doch es sah sanft und klug aus. Nach einem Augenblick begann der Käfer zu schnurren. »Ich wünschte, ihr anderen wärt so leicht zufriedenzustellen wie Mobiy hier. Aber ja, wir haben eine Menge zu besprechen.« Er griff unter einen Tisch mit Filigran-Arbeiten – das Ding sah aus wie ein Original aus der Escal-Dynastie, etwas, das vier Passagen durch die Tiefen einer reichen Familie überstanden hatte – und zog einen der Plastikbeutel hervor, die Hrunk aus Hochäquatorien mitgebracht hatte. Er setzte ihn mit einem dumpfen Geräusch auf den Tisch. Wölkchen von Gesteinsmehl breiteten sich über das polierte Holz aus.
»Ich bin sprachlos, Hrunk! Dein magischer Steinstaub! Wie bist du darauf gekommen? Du machst einen kleinen Umweg – und kassierst ein Geheimnis, das unserem gesamten Auslandsdienst völlig entgangen ist.«
»Warte, warte. Bei dir klingt das, als ob jemand etwas verschlafen hätte.« Ein paar Leute konnten sehr schlecht aussehen, wenn er die Sache nicht klarstellte. »Das ging über externe Kanäle, aber Rachner Thrakt hat hundertprozentig mit mir kooperiert. Er hat mir die beiden Kupps geliehen, mit denen ich gekommen bin. Wichtiger noch, es waren seine Agenten in Hochäquatorien… Ihr kennt die Geschichte?« Vier von Thrakts Leuten waren über die Hochebene gezogen und hatten dieses Gesteinsmehl aus der inneren Raffinerie der Sinnesgleichen beschafft.
Schmid nickte. »Ja. Keine Sorge. Ich gebe mir selbst die Schuld, dass wir das übersehen haben. Wir sind mit all unserer technischen Überlegenheit zu selbstsicher geworden.«
Scherkaner kicherte. »Kann man wohl sagen.« Er stocherte in dem Gesteinsmehl herum. Das Licht hier war hell und farbecht, viel besser als unten beim Flughafenzoll. Doch selbst bei gutem Licht sah das Pulver nach nichts anderem als schieferfarbenem Staub aus – äquatorialer Hochlandschiefer, wenn man sich in Mineralogie gut auskannte. »Aber ich verstehe immer noch nicht, wie du darauf gekommen bist – und sei es als Möglichkeit.«
Unnerbei lehnte sich zurück. Eigentlich fühlten sich die Kissen ziemlich gut an, verglichen mit einem Passagiernetz in der dritten Klasse. »Also, erinnert ihr euch an diese gemeinsame Expedition der Sinnesgleichen und des Einklangs ins Zentrum der Hochebene vor fünf Jahren? Da waren ein paar Physiker dabei, die behaupteten, die Schwerkraft spiele dort verrückt.«
»Ja. Sie glaubten, die Bergwerksschächte wären ein geeigneter Ort, um eine neue Untergrenze für das Äquivalenzprinzip zu ermitteln; statt dessen fanden sie große Abweichungen, die von der Tageszeit abhingen. Wie du sagst, bekamen sie verrückte Ergebnisse, aber sie zogen die ganze Sache zurück, nachdem sie ihre Methodik neu geeicht hatten.«
»So geht die Geschichte – aber als ich das Kraftwerk für Westuntertor einrichtete, lief mir eine von den Einklang-Physikerinnen der Expedition über den Weg. Triga Tiefschacht ist ein solider Ingenieur, obwohl sie Physikerin ist; ich habe sie ziemlich gut kennengelernt. Jedenfalls behauptete sie, dass die experimentelle Methode bei der ersten Expedition völlig in Ordnung gewesen sei und dass man sie aus der späteren Teilnahme herausgedrängt habe… Also begann ich mich zu fragen, was es wohl mit diesem großen Tagebauunternehmen auf sich hat, das die Sinnesgleichen gerade mal ein Jahr nach der Expedition auf der Hochebene begannen. Es liegt fast genau an dem Ort, wo die Physiker waren – und sie mussten fünfhundert Meilen Gleis legen, um es anzubinden.«
»Sie haben Kupfer gefunden«, sagte Schmid. »Ein gutes Vorkommen, und das ist keine Lüge.«
Unnerbei lächelte sie an. »Natürlich. Sonst wäre bei Ihnen der Groschen sofort gefallen. Trotzdem… die Kupfermine ist nur ein Unternehmen am Rande. Und meine Physikerin kennt sich aus. Je länger ich darüber nachdachte, umso mehr kam ich zu dem Schluss, es wäre nett, zu sehen, was da vor sich geht.« Er deutete auf den Beutel mit Gesteinsmehl. »Was ihr hier seht, stammt aus dem dritten Raffinerie-Durchlauf. Die Bergleute der Sinnesgleichen hatten etliche hundert Tonnen äquatorianischen Schiefer durchzuarbeiten, um dieses kleine Päckchen herauszufiltern. Ich vermute, sie filtern es nochmals hundertfach, ehe sie ihr Endprodukt
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