Eine Tiefe Am Himmel
leben konnte; in der Mitte der Hellzeit gab es ein paar Jahre, wo Landwirtschaft möglich war. Aber der Kontinent war märchenhaft reich an Mineralien. Die letzten fünf Generationen hindurch waren die Südländer von nördlichen Bergwerksgesellschaften ausgebeutet worden, jeden Zyklus gieriger als im vorigen. Doch in diesem Zyklus gab es im Süden einen souveränen Staat, einen, der große Angst vor dem Norden und dem kommenden Dunkel hatte. »Sie haben so viel ausgegeben, um den Sprung zur Kernenergie zu schaffen, dass sie nicht einmal alle ihre Tiefen bevorratet haben.«
»Und die Sinnesgleichen vergiften alles, was sonst noch an gutem Willen vorkommen könnte.«
»Natürlich.« Pedure war ein Genie. Morde, Erpressung, geschickte Panikmache. In allem, was böse war, war Pedure erstklassig.
Und so meinte jetzt die Regierung von Südland, es sei der Einklang, der sie im Dunkel zu überfallen gedenke. »Die Nachrichtenagenturen haben Recht, Scherk. Die Südler könnten uns mit Kernwaffen belegen.«
Hrunkner schaute über Scherkaners knallbunte Bildschirme hinweg. Von hier aus konnte er Weißenberg in allen Richtungen sehen. Manche von den Gebäuden – wie das Berghaus – würden sogar dann noch bewohnbar sein, wenn die Luft kondensierte. Sie konnten den Druck halten und hatten eine gute Energieversorgung. Der Großteil der Stadt lag nur wenig unter der Oberfläche. Es hatte fünfzehn Jahre Bauwahnsinn gekostet, das für die Städte von Einklang möglich zu machen, doch jetzt konnte eine ganze Zivilisation wach das Dunkel überleben. Doch sie waren so dicht an der Oberfläche. In jedem Atomkrieg würden sie rasch sterben. Die Industrien, zu deren Schaffung Hrunkner beigetragen hatte, hatten Wunder vollbracht… Und jetzt sind wir in größerer Gefahr als je zuvor. Es wurden weitere Wunder gebraucht. Hrunkner und Millionen andere kämpften mit diesen unmöglichen Anforderungen. In den letzten dreißig Tagen hatte es Unnerbei nur auf durchschnittlich drei Stunden Schlaf gebracht. Dieser Abstecher, um mit Unterberg zu plaudern, hatte eine Planbesprechung und eine Inspektion ausfallen lassen. Bin ich aus Loyalität hier… oder weil ich hoffe, dass Scherk uns alle wieder retten wird?
Unterberg faltete seine Vorderarme auf und bildete vor seinem Kopf einen kleinen Tempel. »Hast… hast du jemals daran gedacht, dass vielleicht etwas anderes für unsere Probleme verantwortlich ist?«
»Verdammt, Scherk. Was denn zum Beispiel?«
Scherkaner setzte sich auf seinem Gitter zurecht, und seine Worte kamen leise und schnell. »Zum Beispiel Fremde aus dem Weltraum. Sie waren schon vor der Neuen Sonne hier. Du und ich haben sie im Dunkel gesehen, Hrunkner. Die Lichter am Himmel, weißt du noch?«
Er rasselte weiter, in einem Ton, der so ganz anders war als bei dem Scherkaner Unterberg früherer Jahre. Der Unterberg von früher offenbarte seine sonderbaren Spekulationen mit einem schelmischen Blick oder einem herausfordernden Lachen. Doch jetzt sprach Unterberg hastig, fast, als fürchtete er, jemand würde ihm das Wort verbieten… oder ihm widersprechen? Dieser Unterberg sprach wie… wie ein Verzweifelter, der sich an ein Phantasiegebilde klammerte.
Der alte Bursche schien zu merken, dass er seinen Zuhörer verloren hatte. »Du glaubst mir nicht, was, Hrunk.«
Hrunkner machte sich auf seinem Sitzgitter klein. Welche Mittel waren bereits auf diesen entsetzlichen Unsinn vergeudet worden? Andere Welten… Leben auf anderen Welten… das war eine von Unterbergs ältesten, verrücktesten Ideen. Und nun kam sie wieder hoch, nachdem sie zu Recht jahrelang vergessen gewesen war. Er kannte die Generalin; sie würde sich davon nicht mehr beeindrucken lassen als er. Die Welt taumelte am Rande eines Abgrunds. Da war kein Platz, den armen Scherkaner bei Laune zu halten. Gewiss ließ sich die Generalin davon nicht ablenken. »Das ist so etwas wie die Videomantie, nicht wahr, Scherk?« Dein Leben lang hast du Wunder vollbracht. Doch jetzt brauchst du sie schneller und dringlicher als je zuvor. Und geblieben ist dir weiter nichts als Aberglaube.
»Nein, nein, Hrunk. Die Videomantie war nur ein Mittel, eine Tarnung, damit die Fremden nichts sehen. Hier, ich zeig’s dir!« Scherkaners Hände tippten auf Steuerknöpfe. Die Bilder flackerten, die Farbwerte änderten sich. Eine Landschaft verwandelte sich vom Sommer zum Winter. »Es wird einen Moment dauern. Die Bitrate ist niedrig, aber das Kanal-Setup ist eine sehr große
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