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Eine Tiefe Am Himmel

Eine Tiefe Am Himmel

Titel: Eine Tiefe Am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
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ansehen. Gute Gelegenheit und überhaupt.
    Nedering wandte sich vom Geländer ab und ging auf die Treppe zu. Er hörte ein lautes Rasseln und Scheppern, das von einer Gefechtstruppe von hundert Leuten hätte herrühren können, die die Treppe heraufkamen – aber es waren wohl eher Shepry Tourer und seine vier Wanderstiefel. Ein Augenblick verging, und sein Assistent schoss ins Freie heraus. Shepry war gerade mal fünfzehn, so weit außer der Zeit, wie ein Kind nur sein konnte. Es hatte eine Zeit gegeben, da sich Nedering nicht vorstellen konnte, er würde mit solch einem Scheusal reden, geschweige denn zusammenarbeiten. Auch das hatte sich für ihn in Weißenberg geändert. Jetzt – nun ja, Shepry war noch ein Kind und wusste so vieles nicht. Aber sein Enthusiasmus hatte etwas ungeheuer Starkes. Nedering fragte sich, wie viele Jahre Forschung am Ende der Jahres des Schwindens vergeudet wurden, weil die jüngsten Forscher schon in die mittleren Jahre kamen, Familien gründeten und zu sehr im Alltagstrott waren, als dass sie intensiv arbeiten konnten.
    »Dr. Nedering! Herr Doktor!« Sheprys Stimme wurde von seinem Luftwärmer gedämpft. Der Junge schnappte nach Luft und büßte wieder ein, was er an Zeit gewonnen hatte, als er die Treppe heraufstürmte. »Großer Ärger. Ich habe die Funkverbindung nach Nordpunkt verloren« – zum anderen Ende des Interferometers, acht Kilometer entfernt. »Wir haben nichts als Rauschen auf allen Frequenzen.«
    Also würde von seinen Plänen für heute Nacht nichts übrig bleiben. »Hast du Sam über das Kabel angerufen? Was…?« Er hielt inne, als ihm Sheprys Worte allmählich zu Bewusstsein kamen: Rauschen auf allen Frequenzen. Hinter ihm bewegte sich die seltsame Nordlicht-›Spitze‹ stetig nach Süden. Verwirrung mischte sich leise mit Angst. Obret Nedering wusste, dass die Welt am Rande eines Krieges stand. Alle wussten das. Die Zivilisation konnte in ein paar Stunden vernichtet werden, wenn die Bomben fielen. Selbst abgelegene Orte wie die Paradies-Insel waren vielleicht nicht sicher. Und dieses Licht? Es wurde jetzt schwächer, der helle Punkt verschwand. Eine Kernwaffendetonation im Magnetflecken konnte wie ein Nordlicht aussehen, aber gewiss nicht so asymmetrisch und mit derart langer Aufstiegszeit. Hmm. Oder vielleicht hatten ein paar schlaue Physiker etwas Raffinierteres als eine einfache Atombombe gebaut. Neugier und Entsetzen kämpften in Nederings Kopf.
    Er wandte sich um und zerrte Shepry zurück zur Treppe. Nur die Ruhe bewahren. Wie oft hatte er Shepry diesen Rat gegeben? »Eins nach dem anderen, Shepry, und pass auf, dass deine Energieleitung sich nicht festhakt. Ist das Radar heute Nacht in Betrieb?«
    »J-ja.« Sheprys schwere Stiefel tappten direkt hinter ihm die Treppe herab. »Aber in der Aufzeichnung wird bloß Rauschen sein.«
    »Vielleicht.« Mikrowellen von Ionisationsspuren reflektieren zu lassen, war eins der kleineren Projekte, die Nedering und Tourer betreuten. Fast alle Reflexionen konnten mit zurückkehrendem Satellitenmüll in Verbindung gebracht werden, doch etwa einmal im Jahr sahen sie etwas, das sie sich nicht erklären konnten, ein Geheimnis aus der Großen Leere. Er hatte daraus beinahe einen Forschungsartikel gemacht. Dann hatten die verdammten Gutachter – der allgegenwärtige T. Lauerviel – ihr eigenes Programm durchgeführt und seine Schlussfolgerungen nicht akzeptiert. Heute würde es für das Radarfeld eine andere Verwendung geben. Das spitze Ende des seltsamen Lichtes – was, wenn es ein physisches Objekt wäre?
    »Shepry, sind wir noch am Netz?« Ihre Hochleistungs-Verbindung war ein Glasfaserkabel, das auf dem Ozeaneis lag; er hatte vorgehabt, Supercomputer auf dem Festland zu benutzen, um die Beobachtungen heute Nacht zu steuern. Jetzt…
    »Ich schau nach.«
    Nedering lachte. »Vielleicht haben wir Weißenberg etwas Interessantes zu zeigen!« Er nahm die Radarmitschrift zur Hand und blätterte sie durch. War es die Natur oder der Krieg, was heute Nacht zu ihnen sprach? So oder so, die Botschaft war wichtig.

 
     
FÜNFZIG
     
    Heutzutage bewirkte Fliegen, dass sich Hrunkner Unterberg sehr alt fühlte. Er erinnerte sich, wie Zylindermotoren hölzerne Propeller gedreht hatten und die Tragflächen noch über Holz gespanntes Tuch waren.
    Und Viktoria Schmids Dienstflugzeug war keine normale Düsenmaschine. Sie flogen in einer Höhe von nahezu dreißig Kilometern mit dreifacher Schallgeschwindigkeit nach Süden. Die beiden

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