Eine Tiefe Am Himmel
Lichter!«
»Es kommt übers Sicherheitsnetz, direkt von unseren Startüberwachungs-Satelliten.«
Kalthafen gebot beiden mit einer Geste, zu schweigen. »Das scheint ein wenig den Problemen zu ähneln, auf die mein Vorgänger gestoßen ist.«
Schachtweg starrte seinen früheren Schützling an… und allmählich schien ihm die Bedeutung aufzugehen. »Ja…«
Kalthafen knurrte. »Das betrifft nicht nur uns. Es gibt seit einiger Zeit Gerüchte, die im unvernetzten Analogfunk kursieren.« Es gab noch Leute, die derlei benutzten; Untersiedel hatte Agenten auf dem Lande, die sich gegen alle Upgrades sperrten. Die Überraschung war, dass jemand im Landeskommando solchen Informationen ernsthaft zuhörte. Kalthafen bemerkte Beigas Ausdruck. »Meine Gattin arbeitet im technischen Museum weiter draußen, im Zivilbereich.« Ein Lächeln huschte über seine Miene. »Sie sagt, ihre Uralt-Radiofreunde sind keine Spinner. Und jetzt sehen auch wir das Unmögliche. Früher konnten wir für die Widersprüche jemandes Idiotie verantwortlich machen. Jetzt…« Die Projektile würden in kaum drei Minuten in den schrumpfenden Zielkreisen eintreffen. Die Zielsuch-Satelliten stimmten jetzt alle bezüglich ihres Ziels überein: Südende.
Untersiedel war einen Moment starr vor Verblüffung. Der ganze Verfolgungswahn Rachners – wahr? »Dann ist also der Abschuss vielleicht eine Fälschung. Alles, was wir sehen…«
»Zumindest alles, was wir übers Netz sehen…«
»… könnte eine Lüge sein.« Das war der ausgefallenste Albtraum des Technikfeindes.
Endlich begriff Schachtweg, worum es ging. Ein Glaube, im Laufe von zwanzig Jahren aufgebaut, zerbrach. »Aber die Verschlüsselung, die Gegenproben… Was können wir tun, Elno?«
Kalthafen schien in sich zusammenzusinken. Seine Theorie wurde akzeptiert, und was blieb, war die Katastrophe. »Wir… wir können abschalten. Befehlsleitungen und Kommunikation vom Netz trennen. Ich habe das als Option in einem Kriegsspiel gesehen – nur dass das auch im Netz lief!«
Belga legte ihm eine Hand auf die Schultern. »Ich sage, tun Sie es! Wir können Analogfunk aus dem Museum benutzen. Und ich habe Leute, Kuriere. Es wird langsam sein…« Viel zu langsam, aber wenigstens würden sie sehen, mit welchem Gegner sie es zu tun hatten.
Es gab andere, die übers Netz nur einen Augenblick entfernt waren – Nishnimor, der König –, und jetzt schien nichts verlässlich zu sein. Schachtweg war anwesend, aber Elno Kalthafen war der befehlshabende Offizier des BKZ. Kalthafen zögerte, beugte sich aber nicht Schachtwegs Wünschen. Er rief seinen Hauptfeldwebel. »Plan Datennetz Korrupt. Ich möchte, dass die Nachricht von Hand ins Museum gebracht wird.«
»Ja, Herr General!« Der Techniker hatte das Gespräch verfolgt und schien nicht ganz so verblüfft wie seine Vorgesetzten zu sein. Die Zielkreise zeigten zwei Minuten bis zum Aufschlag. In der Videoübertragung aus der Parlamentshalle herrschte blankes Chaos. Einen Moment lang war Untersiedel vom Schrecken dieser Szene ergriffen. Die armen Kupps. Vorher war es eine bedrohliche Wolke am Horizont gewesen; jetzt fanden sich die Gewählten von Südland mitten im Ziel und hatten keine zwei Minuten mehr zu leben. Manche saßen erstarrt da, den Blick nach oben gerichtet, wo die Megatonnen explodieren würden. Andere rannten in Panik die teppichbespannten Treppen hinab, suchten einen Weg hinaus, hinab. Und irgendwo außerhalb ihres Blickfeldes sah General Schmid demselben Schicksal entgegen.
Wie durch ein Wunder besaß der Hauptfeldwebel ausgedruckte Exemplare des Plans Datennetz Korrupt. Er händigte sie seinen Technikern aus und begann mit den Prozeduren zum Öffnen der Drucktüren des BKZ.
Doch die Türen öffneten sich bereits. Belga wurde starr. Nichts durfte hier hereinkommen, bis die Schicht endete oder Kalthafen den Freigabecode eingab. Ein Wachposten des BKZ kam in verwirrtem Rückwärtsgang herein, das Gewehr hielt er unsicher schräg vom Körper. »Ich habe Ihre Genehmigung gesehen, Frau Leutnant, aber niemand darf…«
Eine fast vertraute Stimme kam ihm nach. »Unsinn. Wir haben Zutritt, und Sie haben gesehen, dass sich die Tür geöffnet hat. Bitte treten Sie beiseite.« Ein junger Leutnant trat in den Raum. Die einfache schwarze Uniform, die schlanke, tödliche Statur. Es war, als sei Viktoria Schmid nicht nur aus dem Süden entkommen, sondern so jung zurückgekehrt, wie Untersiedel sie zum ersten Mal gesehen hatte. Nach ihr traten ein
Weitere Kostenlose Bücher