Eine Tiefe Am Himmel
phantasierte und war sonderbar fieberhaft, als sie beim Depot fertig waren. »Muss ’ne Stelle zum Graben finden.« Er sagte es wieder und wieder, kämpfte gegen Nishnimor und Unnerbei an, als sie ihn wieder in die Reihe der Sicherungsleinen einbanden.
»Genau das machen wir jetzt, Gil. Halt durch!« Unnerbei überließ Haven Amber, und einen Moment lang konnten Hrunkner und Scherk einander nur hören.
»Er hat mehr Elan als vorher«, sagte Scherkaner. Haven torkelte herum wie ein Kupp auf hölzernen Beinen.
»Ich glaube, er fühlt keinen Schmerz mehr.« Hrunks Antwort kam schwach, aber deutlich. »Mir macht etwas anderes Sorgen. Ich glaube, er gerät in Wandertiefe.«
Die Verzückung des Dunkels. Es war die wahnsinnige Panik, die Kupps ergriff, wenn sie im Grunde ihres Geistes erfassten, dass sie draußen gefangen waren. Das Tierische gewann die Oberhand und trieb das Opfer an, einen Ort zu suchen, irgendeinen Ort, der als Tiefe dienen könnte.
»Verdammt.« Das Wort kam gepresst, abgeschnitten, als Unnerbei den Kontakt unterbrach und versuchte, alle in Bewegung zu bringen. Sie waren nur Stunden von der wahrscheinlichen Sicherheit entfernt. Und dennoch… zuzusehen, wie Gil Haven sich abkämpfte, weckte in ihnen allen Urinstinkte. Der Instinkt war so eine wunderbare Sache – doch wenn sie ihm jetzt nachgaben, würde er sie in den sicheren Tod führen.
Nach zwei Stunden hatten sie gerade mal die Berge jenseits des Depots erreicht. Zweimal hatte sich Gil losgerissen, jedes Mal fieberhafter, um zu den falschen Versprechen der tiefen Hohlwege zu laufen, die ihren Pfad säumten. Jedes Mal hatte Amber ihn zurückgezerrt, hatte versucht, ihn zur Vernunft zu bringen. Doch Gil wusste nicht mehr, wo er war, und beim Umsichschlagen hatte er seinen Anzug an mehreren Stellen aufgerissen. Teile von ihm waren steif und gefroren.
Das Ende war gekommen, als sie den ersten schweren Anstieg erreicht hatten. Sie mussten den Schlitten zurücklassen; den Rest des Weges müssten sie nur mit den Exotherms zurücklegen, die sie in ihren Körben tragen konnten. Zum dritten Mal riss sich Gil von der Sicherungsleine los. Er floh mit seltsamem, torkelndem Gang.
Nishnimor folgte ihm. Amber war eine große Frau, und bisher hatte sie wenig Mühe gehabt, mit Gil Haven fertig zu werden. Diesmal war es anders. Gil hatte die letzte Verzweiflung der Wandertiefe erreicht. Als sie ihn vom Abgrund wegzog, wandte er sich gegen sie und stieß mit den Spitzen seiner Hände zu. Amber taumelte zurück, ließ ihn los. Hrunk und Scherkaner waren dicht hinter ihr, doch es war zu spät. Havens Arme wirbelten in alle Richtungen, und er stürzte vom Weg hinab in die Schatten.
Die drei standen wie benommen einen Augenblick lang reglos da; dann schob sich Amber über den Rand, suchte mit den Füßen unter dem Luftschnee nach einem Halt auf den Felsen. Unnerbei und Unterberg packten sie, zogen sie zurück.
»Nein, lasst mich! Gefroren hat er eine Chance. Mir müssen ihn nur mitnehmen.«
Unterberg beugte sich über den Abgrund, warf einen langen Blick nach unten. Gil war bei seinem Sturz auf blankem Fels aufgeschlagen. Der Körper lag reglos. Wenn er nicht schon tot war, würde er es durch Austrocknen und teilweises Gefrieren sein, ehe sie den Körper auch nur auf den Pfad holen konnten.
Hrunkner musste es auch gesehen haben. »Er ist tot, Amber«, sagte er sanft. Dann kam seine Feldwebelstimme wieder. »Und wir haben immer noch einen Auftrag zu erfüllen.«
Nach einem Moment krümmte Amber zustimmend die Hände, doch Scherk hörte kein Wort von ihr. Sie kletterte auf den Weg zurück und half ihnen, ihre Hörkabel und Sicherungsleinen wieder zu befestigen.
Die drei setzten ihren Weg nach oben fort, nun schneller.
Sie hatten nur noch wenige Liter lebende Exotherms, als sie ihr Ziel erreichten. Vor dem Dunkel waren diese Berge ein üppiger Songe-Wald gewesen, Teil vom Grundbesitz eines Basser-Adligen, ein Jagdrevier. Dahinter lag eine Felsenkluft, der Eingang zu einer natürlichen Tiefe. In jeder Wildnis mit Großwild musste es Tiertiefen geben. In besiedelten Gegenden wurden diese normalerweise für den Gebrauch von Leuten übernommen und erweitert – oder nicht mehr benutzt. Scherkaner konnte sich nicht vorstellen, wie der Geheimdienst des Einklangs von dieser hier erfahren hatte, es sei denn, einige Basser auf dem Grundstück waren Einklangagenten. Doch dies war kein vorbereitetes Sicherheitsloch, es sah so wild und wirklich wie nur irgendetwas in
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