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Eine tolle Zeit

Eine tolle Zeit

Titel: Eine tolle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Führersitz steigt, ohne daß wir es merken. Natürlich sollen wir Dämonen in der Lage sein, uns über Veränderungen hinweg und trotz der Veränderungen zu erinnern; deshalb sind wir ja auch Dämonen und nicht Geister wie die anderen Doppelgänger oder bloß Zombies oder Ungeborene und weiter nichts; und wie Beau zutreffend sagte, es gibt keine großen Menschen bei uns, aber auch verflixt wenig Typen aus der großen Masse – wir sind eben eine eigene Sorte Mensch; und deshalb müssen die Spinnen uns anwerben, wo sie uns gerade finden, ohne sich um unser bisheriges Wissen und unseren Hintergrund zu kümmern, eine Fremdenlegion der Zeit, eine seltsame Sammlung Mensch, helle, doch immer im Hintergrund, mit einem eingebauten Sinn für Nostalgie und Zynismus, anpassungsfähig wie zentaurische Formwechsler, aber mit einem Gedächtnis so lang wie die sechs Arme eines Lunaners, eine Art Veränderungvolk, so könnte man sagen, die Creme der Verdammten.
    Aber manchmal frage ich mich auch, ob unser Gedächtnis wirklich so gut ist wie wir meinen, ob die Vergangenheit nicht doch völlig anders war als unsere Erinnerung behauptet, ob wir nicht vielleicht vergessen haben, daß wir vergessen haben.
    Wie ich schon sagte, die Galerie bedrückt einen ziemlich, also spornte ich mich jetzt an: »Zurück zu deinem miesen kleinen Kommandanten, Mädchen«, und gab mir einen Ruck.
    Erich hielt eine grüne Schale mit goldenen Delphinen oder Raumschiffen in die Höhe und sagte: »Und für mich beweist das, daß sich die etruskische Kunst von der ägyptischen herleitet. Meinst du nicht auch, Bruce?«
    Bruce, der lächelnd auf Lili geschaut hatte, blickte auf und fragte: »Was war das, mein Lieber?«
    Erichs Stirn wurde dunkel wie die Tür, und ich war froh, daß die Husaren ihre Säbel und Tschakos abgelegt hatten, aber ehe auch nur ein Kraut-Fluch über seine Lippen dringen konnte, wehte Doc in seiner hochgezüchteten Betrunkenheit heran, als sei er hypnotisiert-nüchtern, bewegte sich wie auf einem kleinen Wagen, nahm Erich die Schale aus der Hand und sagte: »Ein herrliches Beispiel aus dem mittelsystemischen Venusianisch. Als 8H sie fertigstellte, sagte er mir, man könne sie nicht anschauen, ohne die Wellen der nordvenusianischen Untiefen um sich zu spüren. Aber invertiert sieht sie vielleicht noch besser aus. Ich weiß es nicht. Wer sind sie, junger Offizier? Nitschewo «, und sorgsam stellte er die Schale wieder in das Regal und schwebte weiter.
    Es ist wahr, daß Doc die Kunstgalerie hier besser kennt als wir alle, wirklich auswendig, zumal er auch der Dienstälteste in der Station ist, wenn er sich vielleicht auch einen schlechten Moment aussuchte, mit seinem Wissen zu prahlen. Erich wollte ihm nachsetzen, aber ich sagte: »Nix, Kamerad, denk an Handschuhe und Zucker«, und er gab sich zufrieden mit der Klage: »Dieses Nitschewo ist so düster und hoffnungslos, so ungeheuerlich . Ich sage dir, die Spinnen sollten keine Russen für sich arbeiten lassen – nicht einmal als Gesellschafter.«
    Ich grinste ihn an und drückte seine Hand. »Doc ist letzthin kein großer Gesellschafter mehr gewesen, meinst du nicht auch?«
    Er grinste mich ein wenig dümmlich an, und sein Gesicht glättete sich, und seine blauen Augen schauten eine Sekunde lang wieder freundlich, und er sagte: »Ich sollte nicht so auf den Leuten herumhacken, Gre ta, aber manchmal bin ich eben ein eifersüchtiger alter Mann«, was nicht ganz stimmt, da er keinen Tag über dreiunddreißig ist, wenn sein Haar auch fast ganz weiß ist.
    Unser Liebespaar war ein paar Schritte weitergehuscht, bis es fast im Schirm zur Krankenabteilung verschwand. Das war der letzte Ort, den ich mir für die formellen Präliminarien für ein bißchen britisches Tur teln ausgesucht hätte, aber Lili teilte meine Vorurteile offenbar nicht, obwohl sie mir, wie ich mich erinnerte, erzählt hatte, sie wäre einige Zeit in einem arachnoidischen Feldlazarett gewesen, ehe sie in die Station versetzt wurde.
    Aber sie konnte auch unmöglich Erfahrungen gesammelt haben, wie ich sie während meiner kurzen und verpfuschten Karriere als Krankenschwester bei den Spinnen mitgemacht hatte, wobei ich einmal völlig ausgeflippt war (jobmäßig, aber auch auf dem Boden), als ich einen Arzt einen Schalter betätigen sah, woraufhin sich ein Wesen – verletzt, aber ein Mensch – in eine lange Kette feuchtschimmernder, fremdartiger Früchte verwandelte – brr, der Gedanke daran bringt’s mir immer noch hoch und

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