Eine tollkuehne Lady
getroffen, sodass er ihm nachjagen musste, und hatte dabei ständig einen Monolog geführt, von dem er annahm, dass sie ihn gehört hätten. Jetzt allerdings erkannte der kleine Lord Aylesworth in all seiner aristokratischen Selbstherrlichkeit, dass die Erwachsenen abgelenkt waren und nicht auf ihn geachtet hatten. „Schaut mir zu!“, befahl er ihnen. „Papa, du guckst gar nicht!“
„Ich gucke dir zu!“, erwiderte Ian müde.
„Nein, tust du nicht! “ Trotzig und zornig schoss der Erbe des Marquess den Ball in die Luft. Er erreichte eine beeindruckende Höhe, prallte an der Unterseite eines knorrigen Asts ab und landete wie ein Meteor direkt auf Ians Teller. Das Essen darauf spritzte zu allen Seiten und vor allem auf Ian, und auch das Weinglas fiel um und ergoss sich auf seinen Schoß.
Georgie entfuhr ein Schrei. Mit einem Fluch sprang Ian auf, und Matthew blieb der Mund offen stehen, während er seinen Vater aus großen runden Augen anstarrte.
„Junger Mann!“, brüllte dieser. „Komm hierher, setz dich hin und iss, wie es dir gesagt wurde!“
Georgie stand auf und wollte sich vorsichtig einmischen, als Matthew und auch sein Hund die Köpfe einzogen. „Liebling, das wollte er nicht. Ich bin sicher, es war ein Unglück ...“
„Verteidige ihn nicht noch. Das war vollkommen überflüssig, und das weiß er auch. Komm her, Matthew. Jetzt! “, brüllte Ian.
Matthew tat wie ihm geheißen und setzte sich, wie es ihm befohlen wurde, und sah ganz plötzlich sehr klein und mitleiderregend aus. Sein zitternder Hund schmiegte sich eng an ihn.
„Matthew, ich glaube, du solltest dich bei deinem Vater entschuldigen“, riet Georgie ihm ruhig.
„Entschuldige bitte, Papa.“
Ian beugte sich langsam zu ihm hinunter. „Du kannst nicht jedes Mal einen Wutanfall kriegen, wenn nicht alles nach deinem Willen geschieht. So benimmt ein Prescott sich nicht. Du wirst nicht so verzogen werden wie deine Mutter es war! Wenn ich mich mit meiner Frau unterhalte, dann wartest du, bis du an der Reihe bist!“
„Ian, es reicht!“, versuchte Georgie ihren Mann zu beschwichtigen. „Der Junge hat viel durchgemacht. Du jagst ihm Angst ein - und mir auch!“
Ihre Worte veranlassten Ian, den Mund zu schließen. Er erbleichte und sah sie einen Moment lang an. Ohne ein weiteres Wort bückte er sich nach einer Serviette, dann richtete er sich wieder auf, machte kehrt und stapfte davon, wobei er sich wütend mit der Serviette die Kleidung abwischte.
„Du gehst schon?“ Ungläubig blickte Georgie ihm nach.
Sie erhielt keine Antwort.
Ganz plötzlich fühlte sie, wie ihre Lungen sich verkrampften, eine Reaktion darauf, dass er sie zurückließ, und sie rief: „Ian, sag mir, was nicht stimmt!“
„Glaub mir, Georgiana“, stieß er über die Schulter hinweg hervor und hielt nur einen Moment lang inne. „Das willst du nicht wissen.“ Dann ging er weiter, und er kam nicht mehr zurück.
Er hatte ihr also Angst eingejagt? Zweifellos hatte er das. Und zweifellos auch seinem Sohn. Vielleicht war er wirklich ein Ungeheuer. Genau wie Catherine es gesagt hatte. Welches dumme Ungeheuer glaubte denn auch, geliebt werden zu können?
Kurz darauf stand Ian am Fluss, und sein Herz schlug wie rasend. Die zerbrochene Brücke sah schrecklich aus, wie eine klaffende Wunde.
Er schloss die Augen und bemühte sich, seine Beherrschung zurückzuerlangen, indem er tief einatmete. Das Rauschen des Flusses zu seinen Füßen erfüllte die Luft, und der Geruch des Wassers stieg Ian in die Nase. Wenn er sie doch nur dazu bringen könnte, ihn zu verstehen!
Von Kindesbeinen an war er für seine hohe Stellung erzogen worden, hatte die grenzenlosen Erwartungen seiner Familie an ihn zu erfüllen gehabt. Er hatte die strahlende Rüstung so lange getragen, dass sie ein Teil von ihm geworden war. Wie sollte er sie ablegen, um Georgiana zu zeigen, wie er wirklich war?
Lass ihr ihre Illusionen. Sie wollte es nicht wirklich wissen. Niemand wollte das.
Und doch wurde er das Gefühl nicht los, dass es schon entschieden war. Sie würde ihn verlassen. Es war nur eine Frage der Zeit. Sie kam der Wahrheit zu nahe, so wie es ihr bei Königin Sujana passiert war. Georgiana Knight akzeptierte keine Geheimnisse.
Sie würde es herausfinden, und dann gab es nur noch eine Möglichkeit, sie zu halten, nämlich sie zu seiner Gefangenen zu machen, wie das Ungeheuer, das er nun einmal war.
Doch Ian könnte es nicht ertragen, seine Braut unglücklich zu machen.
Als er die
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