Eine Trillion Euro
Tòfols Hand.
»Was?«, fragte er. »Was sagst du?«
»Wie du willst«, antwortete sie und senkte den Blick.
»Trauen wir uns?«
Es entstand eine kurze Pause.
»Ja«, sagte sie endlich, lächelte ihren Mann mit den Augen an und drückte seine Hand.
Mendoza stieß leise die Luft aus, die er seit ein paar Minuten in der Lunge aufgestaut hatte. Dann lächelte er sie an wie ein biblischer Patriarch:
»Sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Unterschreiben Sie bitte hier«, sagte er und reichte ihnen eine bordeauxrote Schreibmappe aus Leder über den Schreibtisch.
Anna Saladriga hatte sich in ihrem Schlafzimmer zurechtgemacht und widmete sich noch einige Sekunden der Betrachtung ihres Bilds im Spiegel des Ankleideraums, bevor sie zu ihren Gästen hinunterging. Sie war eine strahlende Erscheinung. Wunderschön. Wie noch nie in ihrem Leben. Es gab keinen Grund, sich etwas vorzumachen: In ihrem alten Körper war sie nie so attraktiv gewesen, nicht einmal als fünfzehnjährige Debütantin. Damals war sie ein pummeliges Mädchen gewesen – vollbusig, zu groß und ein wenig tollpatschig –, das ständig bemüht war, ihr Mondgesicht zu verstecken und so wenig wie möglich zu lächeln, damit niemand sah, dass ihre Schneidezähne etwas auseinander standen.
Doch jetzt, in dem neuen Valentino-Kleid – einem elfenbeinfarbenen Traum aus Gaze und Spitze, der ihrer braunen Haut einen sanften Schimmer verlieh – und der dreireihigen Kette aus echten Perlen, war sie einfach hinreißend. Und das Beste war, in ihrem Inneren war sie sie selbst geblieben; dieselbe wie immer, nur mit dem Gesicht und dem Körper eines zwanzigjährigen Haute Couture-Models.
Sie seufzte vor Glück und trat ans Fenster, um zwischen den Gardinen nach draußen zu spähen, bevor sie endgültig hinunterging. Der Garten war dekoriert wie für eine Hochzeit und füllte sich langsam mit elegant gekleideten Gästen, deren Unterhaltungen zwischen Gelächter und Gläserklingen zu ihr nach oben drangen. Die High Society von Katalonien, ergänzt und bereichert durch die industrielle Elite Europas, war in ihrem Haus zusammengekommen, um an dem Wunder teilzuhaben, bei dem sie und Tòfol – wie schon so viele Male bei so vielen anderen Dingen – Pioniere gewesen waren. Und unter ihnen, hervorstechend durch seine Größe und seinen elastischen Gang, war er: Tòfol, ihr Ehemann. Nicht nur der mutigste, intelligenteste und ehrgeizigste, sondern – zum ersten Mal in seinem Leben – auch der bestaussehendste Mann unter den Versammelten.
Sie sah ihn einige Minuten lang wie hypnotisiert an und konnte ihr Glück, das ideale Wirts-Pärchen gefunden zu haben, immer noch nicht richtig fassen. Tòfol lief von Grüppchen zu Grüppchen, grüßte, legte seine Hand leicht auf eine Schulter oder einen Arm, klopfte einem alten Freund auf den Rücken, lächelte sein neues Lächeln, das strahlend weiß aus seinem dunklen Gesicht glänzte, und bewegte die zwei Meter starker Muskeln voller Anmut. Sein schlanker, agiler Läuferkörper steckte jetzt in einem dunklen Seidenanzug im Mao-Stil, der seine Schultern und seinen anmutigen Hals betonte. Doch am meisten beeindruckte sie nicht seine Schönheit, sondern die Tatsache, dass er in seinen Gesten, in der Art, wie er seinen Kopf nach vorne beugte, und auf eine undefinierbare Weise sogar in seinem Lächeln immer noch er selbst war: der Mann, mit dem sie seit fünfzig Jahren verheiratet war. Außer seiner Hautfarbe war vom ursprünglichen Aussehen des Jungen nicht viel geblieben. Tòfol hatte die langen Zöpfe des Afrikaners abgeschnitten, und die neue Frisur betonte die perfekte Form seines Kopfes und ließ seine Augen noch größer wirken.
Sie dagegen hatte die langen, krausen Haare des Mädchens behalten – ein Luxus, den sie sich vorher mit ihrem dünnen, brüchigen Haar nie hatte erlauben können. Sie genoss es jedes Mal, wenn sie den Kopf bewegte oder mit der Hand durch die seidige Mähne fuhr, die ihr bis weit über die Schultern, ja fast bis auf die Taille fiel. Tòfol gefiel ihr Haar ebenfalls. Sie hatten die ersten Wochen damit verbracht, wie zwei Teenager ihre neuen Körper zu erforschen, jeden Augenblick, jede Zärtlichkeit genießend, als wäre es die erste ihres Lebens.
Es war jetzt fast zwei Monate her, seit sie das Sanatorium verlassen hatten und allmählich begann es sich normal anzufühlen. Die Skrupel der Anfangszeit verwässerten ebenso wie das aufregende, erschreckende Gefühl, etwas Falsches zu
Weitere Kostenlose Bücher