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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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»Von morgen an werden meine Frau und ich die volle Kontrolle über die Körper dieser beiden Afrikaner haben …«
    »Junge, gesunde und schöne Körper«, fügte Mendoza hinzu.
    »Und zwar zwanzig bis zweiundzwanzig Stunden pro Tag«, fuhr sein Klient fort. »Während wir schlafen, können sie – falls man es so nennen kann – ihr Leben leben, ohne dass wir Zugriff auf oder Erinnerungen an ihre Handlungen haben.«
    Während ihr Mann sprach, spielte die Señora sichtlich nervös mit der goldenen Kette ihrer Markenhandtasche.
    »Wir können unser normales Leben führen und werden alle unsere Fähigkeiten und Erinnerungen behalten.«
    »Selbstverständlich, Señor Peyró. Obwohl Sie natürlich eine Phase der Anpassung an ihre neuen … Werkzeuge, um es einmal so zu sagen, benötigen werden.«
    »Und woher wissen wir, dass sie nicht ganz plötzlich inmitten unseres täglichen Lebens aufwachen?«, fragte die Frau.
    Alle diese Fragen hatte Doktor Mendoza während der zahlreichen Gespräche mit Peyró und seiner Frau bereits zigfach beantwortet, aber Geduld war eine seiner ausgeprägtesten Eigenschaften – und eine seiner nützlichsten beruflichen Fähigkeiten. Daher lächelte er nur: ein beruhigendes, väterliches Lächeln.
    »Das ist ganz und gar unmöglich, Señora. Sie und ihr Mann nehmen pünktlich die notwendigen Medikamente, um die Persönlichkeit ihrer Wirte planmäßig zu unterdrücken, solange Sie wach sind. Während der Ruhezeit Ihres Gehirns, normalerweise nachts, werden Ihre Wirte aufwachen und zwei bis vier Stunden lang sie selbst sein. Nach Ablauf dieser Zeit werden ihre Persönlichkeiten wieder wegdimmen, und Sie selbst werden frisch und ausgeschlafen erwachen.«
    »Und wenn sie während ihrer Wachstunden etwas Anstrengendes tun oder sich verletzen?«
    »Die Medikamente, die Sie während des Tages einnehmen, halten ihre Wirte in einem zufriedenstellenden mentalen Gleichgewicht. Ich versichere Ihnen, dass die beiden nichts Gefährliches tun werden, obwohl es natürlich im Bereich des Möglichen liegt, dass sie sich an einem Möbelstück stoßen oder sich im Garten erkälten und am nächsten Morgen mit einem leichten Schnupfen aufwachen. Um solche kleinen Zwischenfälle zu vermeiden, können Sie immer noch einen Leibwächter engagieren, der ihr Handeln überwacht und jede Art von Unvorsichtigkeit verhindert. Sie beschäftigen ohnehin Sicherheitspersonal, nicht wahr?«
    Die beiden nickten. Es folgte ein langes Schweigen, das Mendoza trotz seiner jahrelangen Erfahrung endlos vorkam.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte die Frau. »Es ist praktisch, als nehmen wir ihnen ihr Leben.«
    Mendoza lachte sanft, als lade er sie ein, seine gute Laune zu teilen:
    »Ich verstehe Sie, Señora Saladriga, ich verstehe Sie. Sie sind eine sensible Frau. Aber Sie müssen sich deswegen keine Sorgen machen. Tatsächlich handelt es sich sozusagen um einen wohltätigen Akt. Ohne Sie hätten diese jungen Leute nicht die geringsten Zukunftsaussichten. Ganz zu schweigen von ihren Familien. Mit dem Geld, das Sie ihnen geben, können ihre Eltern und Geschwister überleben, studieren, sich eine Zukunft erarbeiten. Und all das auf ehrliche Weise.«
    »Ein paar Euro für ein Menschenleben«, murmelte die Frau.
    »Wir können es uns leisten, Anna«, sagte ihr Mann und legte die Hand auf ihren Arm.
    Anna sah ihn an. Sie waren seit fünfzig Jahren verheiratet. Sie kannte seinen Körper und seinen Geist so gut, wie sie sich selbst kannte, und sie wusste, dass hinter der Fassade des alten, kahlen Mannes mit Doppelkinn, Bauch und Tränensäcken noch der gleiche Junge steckte, den sie vor all diesen Jahren in der Kirche von Ripoll geheiratet hatte: ehrgeizig, arbeitsam und voller Liebe für seine Familie. Sie war ebenfalls noch genauso wie früher – im Inneren, wenn sie nicht in den Spiegel sah und vor Augen hatte, was die Jahre aus ihrem Körper gemacht hatten.
    Wenn sie sich entscheiden würden, den Schritt zu gehen, wäre dieser Geist am nächsten Tag umgezogen in junges, festes Fleisch. Sie würden wieder tanzen können, segeln, sich im riesigen Schlafzimmer ihres Chalets am Meer lieben. Er könnte den Körper des äthiopischen Mädchens genießen, und sie würde wieder einen jungen, knackigen Mann umarmen – ihren Mann, für immer eingeschlossen in den Körper des Jungen aus Mali. Das heißt, wenn sie die Gewissensbisse überwinden konnte – und das Gefühl, mit ihrem eigenen Mann Ehebruch zu begehen.
    Sie seufzte und drückte

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