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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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streckte ihre schmale Hand aus.
    Während sie die Papiere durchblätterte, musterte Enrico Saura sie mit skeptischem Blick. Er überlegte, ob sie vielleicht an einem der nächsten Tage mit ihm ausgehen würde. Auf den ersten Blick schien sie keine Probleme mit hierarchischen Strukturen zu haben, aber unterschwellig spürte er, dass das nicht ganz stimmte. Natürlich behauptete die halbe männliche Belegschaft von Worldwide Press, sie schon einmal im Bett gehabt zu haben. Dabei durfte man allerdings nicht vergessen, dass jeder Einzelne von ihnen ein Spezialist für gezielte Falschnachrichten war.
    Plötzlich hob Sheila Davis den Kopf.
    »Sehr aufmerksam hast du das hier aber nicht gelesen, Enrico. Jedenfalls ist dir anscheinend nicht aufgefallen, dass eine der Nachrichten von Hull & Knoltown ein echter Knaller ist.«
    »Welche denn?«, stammelte Enrico, der sich unsanft aus seinen Tagträumen gerissen sah.
    »Die hier.« Sheila reichte ihm eine Manuskriptseite. »Ein fünfzehnjähriges Mädchen aus Kuwait wurde Zeugin, wie Saddams Soldaten die Stromzufuhr zu den Brutkästen im Krankenhaus von Kuwait City unterbrochen haben. Sämtliche Neugeborenen sind gestorben.«
    »Ich habe den Bericht gelesen, aber …«
    »Aber was?«
    »Der Name des Mädchens taucht an keiner Stelle auf.«
    »Meinst du, das interessiert die Leute? Das Mädchen ist erst fünfzehn, sie hat also ein Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre. Außerdem sieht es so aus, als ob sie vor dem Kongress erscheinen müsste.«
    Saura bemerkte sehr wohl den harten Unterton in ihrer Stimme, versuchte aber dennoch, sich zu verteidigen.
    »Trotzdem macht es keinen Sinn. Warum um alles in der Welt sollte Saddam Neugeborene in Kuwait töten? Er will die Bevölkerung doch nur unterwerfen, nicht etwa ausrotten.«
    »Fragst du mich wirklich, warum er das getan hat? Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, der ihn dazu brachte, Hunde und Katzen zu quälen. Er ist eben ein Sadist. Das ist der Grund!« Sheila Davis machte eine hilflose Geste. »Ich scheine bei dir wirklich gegen eine Wand an zu reden. Du hast den Sinn unserer Arbeit immer noch nicht begriffen, Enrico, und das bereitet mir Sorgen.«
    Sie hob den Zeigefinger. Das tat sie immer, wenn sie belehrend wirken wollte. »Demokratie gründet sich auf Konsens. Saddam kann leichten Herzens darauf pfeifen, Bush aber nicht. Es genügt nicht, dass ein Krieg gerecht ist, um die Zustimmung der Bevölkerung zu bekommen. Wichtig ist, dass er gegen ein Monster geführt wird, gegen eine Art Dämon, denn sonst langweilt sich das Publikum ziemlich schnell. Und genau da liegt unsere Aufgabe: wir erschaffen Dämonen.«
    »Das weiß ich doch.« Enrico Saura erkannte, dass er an Boden verlor. Hätte er aber lediglich seinen Irrtum zugegeben, hätte Sheila ihn mit Sicherheit verachtet. Daher hielt er es für besser, sie ein wenig zu ärgern. »Aber können wir uns wirklich leisten, eine Nachricht zu verbreiten, die so leicht zu widerlegen ist?«
    Sheila Davis seufzte. Sie stützte sich auf die Lehne ihres Sessels, gewährte dabei Einblick in ein verführerisches Dekolleté und schlug die wohl geformten Beine übereinander.
    »Mir scheint, deine Ausbildung in Italien hat ein paar wichtige Einzelheiten außer Acht gelassen, mein lieber Enrico. Für uns hier ist lediglich wichtig, dass eine Nachricht vierundzwanzig Stunden durchhält. Nicht länger. Das ist genau die Zeitspanne, die nötig ist, um sie bei den Presseagenturen in der ganzen Welt zu verbreiten und in jeder Tageszeitung für eine Schlagzeile zu sorgen. Danach darf sie getrost in sich zusammenfallen wie ein durchlöcherter Luftballon. Unser Ziel ist dann jedenfalls erreicht.«
    »Aber ein Widerruf könnte uns lächerlich machen und unsere Glaubwürdigkeit untergraben.«
    »Widerruf! Mein Gott, Enrico, du bist wirklich ein Grünschnabel!« Sheila Davis lachte, aber ihr Lachen verhieß nichts Gutes. »Kein Mensch interessiert sich für Dementis. Und die Zeitungen noch viel weniger, vor allem, wenn sie sich hauptsächlich mit Politik befassen. Und weißt du, warum?«
    »Naja, ich nehme an, dass …«
    »Weil die Verleger nämlich längst beschlossen haben, dass der Krieg gegen Saddam eine gerechte Sache ist. Nie und nimmer würden sie etwas veröffentlichen, was diese Vorstellung ad absurdum führen und sie in den Verdacht rücken könnte, gemeinsame Sache mit dem Feind zu machen. Für sie ist die gefälschte Brutkastengeschichte eine Kleinigkeit – ein Detail. Was zählt, ist

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