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Eine unberührte Welt - Band 2 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 2 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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riesiger zusätzlicher Raum auf, von dem man nicht einmal etwas geahnt hatte? Es war grauenerregend unwirklich. »Er ist in den Hügel hineingebaut«, brabbelte er. »Darum ist es hier so kühl. Die Wasserleitungen laufen hier herein, direkt aus dem Boden. Ja, so muss es sein. Man konnte von außen nicht erkennen, dass da noch ein Raum ist. Man musste denken, das Stockwerk ist hier zu Ende, wie in den Stockwerken darunter auch.«
    »Ich schenke sie dir«, sagte Jowesh in ätzendem Ton. »Alle Stockwerke zusammen. Denn ich bleibe nicht hier auf dem Schrottplatz, das kannst du mir glauben. Ich werde weiter nach Türen suchen, und ich werde sie alle aufmachen, bis ich eine finde, die hinausführt.«
     
    Ihr Tagesablauf änderte sich. Sie duschten jeden Morgen und jeden Abend, und Pugwat ging mehr und mehr dazu über, den Rest des Tages in der Wanne zu verbringen. Ab und zu ging einer von ihnen – meistens Jowesh – hinauf ins Büro, um nachzusehen, ob sich die Anzeige auf dem Kommunikator geändert hatte. Was sie natürlich so gut wie nie tat. Und die Schrottkäufer hörte man auch aus der traumhaften Kühle des Waschraums, wenn man die Türen offen ließ.
    »So lässt es sich aushalten«, meinte Pugwat.
    Jowesh aber, obgleich er die Annehmlichkeit des Waschraums schätzte, hielt es weniger aus als jemals zuvor.
    Er war in Kimmebauld geboren und aufgewachsen, einer kleinen Stadt in den Bergen nördlich von Eswernada. Als die Rebellen denSternenpalast gestürmt und den Kaiser getötet hatten, war er sieben Jahre alt gewesen, und er erinnerte sich nur undeutlich, dass seine Eltern ziemlich aufgeregt gewesen waren damals. Und dass sein Vater das Bild des Kaisers von der Wand genommen und sie danach neu gestrichen hatte, um den hellen viereckigen Fleck mitten darauf wegzubekommen.
    Dann hatte sich ziemlich viel verändert. Ein neuer Lehrer kam, und der Priester verschwand, gerade rechtzeitig, um Jowesh die Exerzitien der Zweiten Segnung zu ersparen. Der neue Lehrer erzählte Dinge, die kaum zu fassen waren, unter anderem, dass es nicht der Kaiser gewesen war, der die Sterne am Himmel erschaffen hatte, sondern dass es sie schon immer gegeben hatte und niemand wusste, woher sie einst gekommen waren. Später hatte Jowesh sich aussuchen dürfen, was er werden wollte, hatte die beliebige Wahl gehabt unter allen möglichen Gebieten, dass ihm fast schwindlig geworden war, und schließlich hatte er gesagt, Techniker.
    So war er nach Eswernada gekommen, in diese riesige Stadt, die niemals schlief und die einen ganz benommen machte, wenn man bloß darin herumlief, und er hatte an der neuen großen Technikerschule gelernt und vom Repetiersaal aus den Palast des Statthalters sehen können. Seine Resultate waren schlecht gewesen, gerade gut genug, dass man ihn nicht zurückschickte, doch so sehr er sich auch anstrengte, es langte nicht für mehr. Schließlich musste er froh sein, den Abschluss geschafft zu haben.
    Aber etwas mehr als dieser Platz hier auf dem Schiffsfriedhof hätte es dann schon sein können. Was machte er denn hier groß, außer die Tage herumzubringen? Dafür hätte er all das nicht lernen müssen. Irgendwie hatte er sich sein Leben anders vorgestellt.
    »Was ist denn diese Freiheit, mit der sie es so großartig hat, die Rebellion?«, hatte Pugwat einmal gesagt. »Oh, ja, wir dürfen jetzt wählen. Man legt uns eine Liste vor mit den Namen von Leuten, von denen wir nie etwas gehört haben, und lässt uns einen aussuchen. Großartig. Und wir dürfen Mutternamen und Vaternamen tragen, wie wunderbar. Aber man stellt uns immer noch irgendwohin, und da bleiben wirdann, ob es uns gefällt oder nicht.« Er hatte ausgespuckt. »Vergiss es. Ich habe den Kaiser nie gesehen, und den Rebellenrat habe ich auch nie gesehen. Alles, was ich gesehen habe im Leben, war Eswernada, wo es am dreckigsten ist, und diesen Schrottplatz hier.«
    »Du könntest einfach weggehen«, hatte Jowesh gesagt. »Ich könnte auch einfach weggehen.«
    »Und dann? Was willst du dann machen? Wo willst du hin ohne Scheidebrief?«
    Darauf hatte Jowesh auch keine Antwort gewusst.
     
    Dann kam die Meldung. Sie stand den halben Tag unbeachtet auf dem Schirm des Kommunikators, bis Jowesh heraufkam und sie las. Die Angeklagten hatten gestanden und waren verurteilt, ihre Schiffe der Flotte des Statthalters zugeschlagen worden. Wobei der Bestandsmeister der Flotte alles andere als angetan schien von seinem Neuzugang, denn unter diesem Bescheid stand eine

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