Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
mit ihr zusammen sein!« Falls irgendjemand in Vista View Kelly mochte, so war das bislang nicht zu erkennen gewesen.
Als wir schließlich fertig waren, zogen Wolken auf, und es wehte ein kräftiger Wind. Oh, Frühling in Wisconsin!
Wir fuhren als Mini-Konvoi vom Parkplatz: Piper voran, dann Hubert und am Ende ich. Huberts Nachbarn standen Spalier und winkten und Hubert drückte zum Abschied auf die Hupe.
8
Als ich vor mein Haus fuhr, luden Piper und Hubert bereits ihre Kisten aus. Auf halbem Rückweg war ich an einer roten Ampel stecken geblieben, so dass die beiden einen Vorsprung bekamen, aber der Anzahl der Kisten auf dem Rasen nach hatte ich wohl länger gebraucht, als ich gedacht hatte.
»Ich bin sehr in Eile«, rief Piper mir zu. Sie warf die Kisten so eifrig aus ihrem Auto, als wäre sie ein Bernhardiner auf der Suche nach Lawinenopfern. »Ich muss sofort nach Hause. Mike hat angerufen, dass Brandon wach ist.«
Oh, das war es also. Stoppt die Maschinen! Holt die Presse! Benachrichtigt das Fernsehen! Das Baby ist wach ! Gott verhüte, dass Mike sich mal allein um das eigene Kind kümmern muss! Sein phlegmatischer Ansatz in der Kindererziehung schien Piper nicht weiter zu stören – wahrscheinlich genoss sie es, die einzige Bezugsperson für Brandon zu sein –, mich hingegen nervte er ungemein. Erforderte Elternschaft nicht zwei Personen? Musste Piper alles in ihrem Leben aufgeben, nur weil sie ein Kind bekommen hatte? Als ich meiner Mutter mal erklärt hatte, warum mich das so frustriere, hatte sie nur gelacht und gesagt, ich werde meine Freundin schon irgendwann wieder zurückbekommen.
Babys seien eben eine Vollzeitbeschäftigung – als ob ich das nicht wüsste! Ich hatte nur den Eindruck, dass Mike mehr helfen könnte.
Hubert zog eine Kiste aus seinem Wagen und stellte sie auf einen Stapel am Straßenrand. Weiter hinten lagen die Kisten bunt durcheinander gewürfelt, was sicher Pipers Werk gewesen war.
»Ein paar der Sachen sind bestimmt zerbrechlich«, warnte Hubert, als Piper eine kleine Kiste einfach über ihre Schulter nach hinten warf.
»Piper, langsam!« Ich hob meine Hand in der universellen Zeichensprache für: »Hör auf, die Sachen deines Freundes kaputtzuwerfen!«
»Ach, das sind doch alles nur Bücher.« Sie hielt inne und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Wenn irgendwas kaputt geht, sagt mir Bescheid, und ich bezahle es.«
»Sicher, stell einfach einen Scheck aus«, erwiderte ich. »Aber was, wenn es das alte Waterford-Kristall war – seit Generationen im Besitz der Familie? Was dann?« Das war natürlich rein hypothetisch. Ehrlich gesagt, bezweifelte ich, dass Huberts Familie unbezahlbare Erbstücke besaß. Ich war mal im Haus seiner Großmutter gewesen: Sie sammelte Keramikkühe und ich war ziemlich sicher, dass sie noch keine davon weitervererbt hatte. Trotzdem ging es hier ums Prinzip.
»Ist schon gut, Lola.« Hubert legte mir eine Hand auf die Schulter. »Piper tut mir einen Gefallen. Lass sie einfach.«
Piper sah mich vielsagend an und krabbelte in ihren Van zurück. Als Kompromiss schob sie die Kisten jetzt an den Rand der Ladefläche und Hubert und ich luden sie aus. Der Rest war Schweigen.
»So, das war’s«, flötete Piper, als wir fertig waren. Sie kletterte aus dem Wagen und schlug die Heckklappe zu. »Jetzt könnt ihr allein weitermachen. Ich bin weg.«
»Ganz herzlichen Dank, Piper! Ich bin dir wirklich überaus dankbar, dass du so kurzfristig kommen konntest.« Hubert ging mit ausgestreckten Armen auf sie zu. Da er so groß war, wirkte die Umarmung recht ungelenk – wie bei einer Giraffe, die ihr Neugeborenes anstupst. »Du hast was bei mir gut.« Er sah auf ihren Scheitel. »Wenn du irgendetwas brauchst ... eine Fahrt zum Flughafen, einen Babysitter, irgendwas ... dann gib mir Bescheid.«
»Das werde ich.« Piper klang wieder ausgesprochen fröhlich. Bei Abschieden war sie gut. Hubert gab sie frei und sie hielt ihn auf Armeslänge von sich. »Und vergiss nicht, mich anzurufen und zu erzählen, wie es dir geht. Ich denk an dich.«
»Danke, ich melde mich.«
Sie drehte sich zu mir. »Bis später, Lola. Vielleicht können wir irgendwann mal Mittagessen gehen?«
»Sicher.« »Irgendwann mal« war ein guter Termin. Wir umarmten uns und sie fuhr winkend davon.
Als ihr Wagen außer Sichtweite war, sagte Hubert: »Hast du zufällig eins von diesen Umzugsdingern ... wie heißen die noch gleich?« Er schnippte mit den Fingern. »Rollwagen?
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