Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
ersten Mal richtig Tennis spielte, was peinlicherweise ausgerechnet im Sportunterricht der Highschool passierte. Vorher hatte ich Tennisspiele nur beobachtet und auf der Straße mal ein paar Bälle mit Hubert geschlagen, aber wer konnte ahnen, dass ein richtiges Spiel so verdammt schwer war? Offenbar hatte Hubert immer absichtlich genau auf meinen Schläger gezielt, so dass ich dachte, ich hätte das Spiel durchschaut. Nach dem ersten harten Rückschlag im Sportunterricht wurde mir klar, dass Tennis weitaus schwieriger war, als ich angenommen hatte. Es ist etwas ganz anderes, wenn dein Gegner nicht versucht, es dir leicht zu machen.
Und Kelly hatte es Hubert wirklich nicht leicht gemacht, das können Sie mir glauben. Da die Kisten nicht beschriftet waren, konnte Hubert nicht einfach seine Kleider und Toilettensachen nehmen und den Rest für ein andermal stehen lassen. Sie zu öffnen, brachte auch nichts, weil alles durcheinander geworfen war: Unterwäsche lag mit Jahrbüchern zusammen, ein Teil seiner CDs mit Gürteln und Krawatten, ein ausgestopfter Gecko mit Stereolautsprechern. In einer Kiste
befand sich sogar eine Sammlung verschiedenster Senfsorten, die Kelly offenbar nicht mochte.
»Es wird Stunden dauern, bis wir das alles durchgesehen haben«, klagte ich nach etwa sechs Kisten. »Ich glaube, wir müssen einfach alle zu mir bringen.«
»Okay«, sagte Hubert. »Wenn du meinst.« Ein Junge auf einem Skateboard kam vorbei und verfehlte nur knapp eine Kiste, die wir von der Wand abgerückt hatten. Hubert gab dem Jungen High-Five. »Hey Zach! Wie geht’s denn so?«
»Gut, Mr. Holmes«, rief der Junge.
Hubert winkte ihm nach und drehte sich dann zu mir. »Ich habe ihm schon hundert Mal gesagt, er soll mich Hubert nennen, aber er tut es nicht. Er sagt, seine Mom findet es unhöflich, wenn er Erwachsene beim Vornamen nennt.« Er lehnte sich gegen die Tür, wie um es sich für ein langes Gespräch gemütlich zu machen. »Das ist wirklich ein ganz besonderer Junge. Du weißt doch, dass sie immer sagen, Teenager würden heutzutage nicht mehr lesen. Bei Zach ist das nicht so – er ist ein begeisterter Leser. Und ich meine nicht nur Harry-Potter-Bücher, nein, er liest Sachen, die man bei einem Jugendlichen gar nicht erwarten würde. Bücher wie ...«
»Hubert.« Das klang schärfer als beabsichtigt. »Hast du irgendeine Idee, wie wir dein Zeug hier wegschaffen können?« Mathematik war nicht meine Stärke, aber selbst ich konnte mir ausrechnen, dass all die Kisten niemals in Huberts Käfer und meinen Honda Civic passen würden. Wir konnten natürlich mehrmals fahren, aber allein der Gedanke war schon äußerst ermüdend.
»Das Zeug wegschaffen?« Er runzelte die Stirn, als würde er kopfrechnen.
»Du weißt schon, von hier zu meinem Haus bringen. Kennst du jemanden mit einem Lieferwagen? Und ein paar starke Freunde, die dir einen Gefallen schulden?«
Er dachte einen Moment nach, dann lächelte er. »Hey! Wir können Piper anrufen!«
Piper mit ihren fünfzig Kilo und den Spaghetti-Armen wäre nicht meine erste Wahl gewesen, doch wie sich bald herausstellen sollte, waren sie und ihr Minivan genau das, was wir brauchten.
Zwanzig Minuten, nachdem Hubert sie über mein Handy angerufen hatte, tauchte sie auf. Als sie uns am Hintereingang des Hauses warten sah, legte sie den Rückwärtsgang ein und fuhr quer über den Rasen, um uns auf halbem Weg entgegenzukommen.
»Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee war«, meinte Hubert, als sie ausstieg. Er stocherte mit der Spitze seines geliehenen Turnschuhs in der erdigen Fahrspur, die sie hinterlassen hatte. »Kellys Vater ist sehr pingelig, was die Grünanlagen betrifft. Er wird nicht glücklich sein, wenn er das sieht.«
Piper deutete auf die Rillen im Rasen. »Das?« Sie winkte ab. »Ach, das wächst doch ruckzuck wieder nach. Und? Wo sind die ganzen Kisten? Brandon ist mit seinem Mittagsschlaf halb durch und Mike guckt gerade Fußball. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
Bei einigen der größeren Kisten mussten Hubert und ich gemeinsam anpacken und sie mit Trippelschritten aus dem Hausflur ins Freie schleppen. Piper, die ewige Diva, übernahm die wichtige Aufgabe, uns die Tür aufzuhalten. Beim dritten Gang traten mir bereits Schweißperlen auf die Stirn. Ich hatte
Huberts umfangreiche Sammlung an Hardcover-Büchern immer bewundert, aber jetzt wünschte ich mir, er wäre eher der Typ, der Sofakissen oder Ping-Pong-Bälle sammelte.
»Gut so. Das macht ihr
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