Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Schubkarre? Sackkarre?« Ich schüttelte den Kopf und wir standen eine Weile nur da und begutachteten die Kistenexplosion auf meinem Rasen. Die Sachen per Hand ins Haus zu tragen, würde ewig dauern.
Abgesehen von meinem Honda besaß ich nichts mit Rädern, aber meine Nachbarn glichen das locker aus. Auf Mrs. Chos Rasen waren mehr Radachsen versammelt als in einer
Autowerkstatt: Rollschuhe und Fahrräder und Skateboards und ein Bollerwagen. Während Hubert die Lage sondierte, konnte ich sehen, wie sein Hirn auch ohne Räder auf Touren kam.
»Ich werde mich mal bei Ben erkundigen, ob sie etwas Passendes haben«, sagte er. »Zur Not könnten wir diesen Bollerwagen nehmen.«
Normalerweise hätte ich ihn nicht ermutigt, meine Nachbarn aufzuscheuchen, doch meine Schultern schmerzten und es bahnten sich Kopfschmerzen an. Aber selbst wenn ich hätte protestieren wollen, hätte ich dazu keine Zeit mehr gehabt, denn noch ehe mir die passenden Worte einfielen, klopfte er schon bei den Chos an die Tür. Ich sah, wie er durch die Fliegentür mit jemandem sprach. Er zeigte in meine Richtung und ich hob die Hand für den Fall, dass ich gesehen wurde. Dann ging die Tür auf und jemand winkte ihn ins Haus. Na, toll. Jetzt, wo er in den Cho-Clan absorbiert worden war, wusste niemand, wann er wiederkommen würde.
Ich ließ die Kisten, wo sie waren, und ging in mein Haus zur Toilette. Falls Hubert vor mir zurückkäme, würde er sich bestimmt zusammenreimen, wo ich war. So etwas konnte er gut.
Im Wohnzimmer sah ich dann, dass mein Anrufbeantworter blinkte. Vier Nachrichten? Manchmal bekam ich eine volle Woche hindurch überhaupt keine. So lange waren wir doch nun auch nicht weg gewesen!
Ich drückte den Abspielknopf und hörte: »Guten Tag, Lola. Hier ist Brother Jasper von gegenüber. Ich rufe nur an, um Bescheid zu sagen, dass es einen Termin für unser Nachbarschaftsfest gibt. Es findet am Samstag, dem siebten Mai
statt. Wir mussten ihn früh festlegen, weil es eine Sammelaktion für einen Jungen aus der Gemeinde wird. Sein Name ist Derek und er hat Leukämie. Wir hoffen, dass Sie an dem Tag Zeit haben, aber auch wenn Sie nicht können, wäre es nett, wenn Sie Derek in Ihre Gebete einschließen würden. Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar. Auf Wiederhören.«
Mein erster Gedanke galt Derek. Leukämie – was für ein schreckliches Schicksal! Mein zweiter Gedanke war, dass ich an dem Datum Geburtstag hatte, was einen wunderbaren Grund ergab, die Feier zu schwänzen. Ich würde für den Jungen einen Scheck ausstellen und das war’s.
Nachricht Nummer zwei kam von meiner Schwester. »Lola? Hier ist Mindy. Wenn du da bist, geh doch bitte ran.« Lange Pause. »Also, ich kann mir gar nicht vorstellen, wo du dich an einem Samstagnachmittag herumtreibst.« Wieder eine Pause, dann ein Seufzen. Ich sah ihre perfekt mit Lipgloss bemalten Lippen vor mir, wie sie ein entnervtes »O« formten. »Hör zu, ich wollte dich fragen, ob du Jessica und mich zur Hochzeitsmesse begleitest. Ich dachte, wir schauen da mal nach Brautjungfernkleidern und Blumenarrangements und allem. Ich ruf dich gleich noch auf dem Handy an. Melde dich, wenn du das in der nächsten Viertelstunde abhörst.«
Nachricht drei: »Lola, hier ist noch mal Mindy. Jessica ist jetzt da und wir fahren zu dieser Hochzeitsmesse.« Ich hörte, wie sie die Hand auf den Hörer legte und ihrer ersten Brautjungfer etwas zuraunte. Dann fügte sie hinzu: »Da dein Handy ausgeschaltet ist, denke ich, dass du wahrscheinlich zu Hause hockst und wieder mal deinen Ungeselligen hast, also kommen wir gleich vorbei und holen dich ab. Zieh flache Schuhe an, weil die Halle riesengroß ist und wir viel laufen
müssen.« Die Ansage nach dem Piep verkündete, dass sie um 12 Uhr 43 angerufen hatte.
Bei dem Gedanken, dass Mindy und Jessica gleich hier aufkreuzen würden, zuckte ich zusammen. Ich wollte überhaupt nichts mit den Vorbereitungen und Entscheidungsfindungen für ihren Hochzeitsrummel zu tun haben. Ich hatte ihr gesagt, sie solle einfach irgendein Brautjungfernkleid aussuchen und gut – mir sei das egal. Zu allem Möglichen hatte sie mich um meine Meinung gefragt – von Trinksprüchen bis hin zu Platzkarten – und ich hatte ihr mehrfach versichert, ich sei mit allem einverstanden, was sie sich aussuche, aber sie nahm mir einfach nicht ab, dass mein Desinteresse aufrichtig war.
Ich sah auf die Uhr. Puh. Vermutlich waren sie schon da gewesen und wieder weggefahren. Wer hätte
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