Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
hatten, trug er einen
dicken Frotteebademantel mit einem so festen Knoten im Gürtel, dass er auch bei einer Rettungsaktion der Bergwacht hätte eingesetzt werden können. Ich dachte kurz daran, dass hinter den baumelnden Gürtelenden ein Exemplar dessen hing, was Männer von Jungen unterschied, und infolgedessen auch an meine frühere Mitbewohnerin Andrea, die irgendwann einmal bei keltischer Musik die Geschlechtsteile aller Männer verglichen hatte, mit denen sie je im Bett gewesen war. Besonders eindringlich war mir folgende Aussage im Gedächtnis haften geblieben: »Die meisten Frauen beschweren sich über kleine Schwänze, aber was ich wirklich hasse, sind die langen, dünnen, die wie Wiener Würstchen aussehen.« Danach hatte ich drei Jahre lang keine Hot Dogs mehr essen können. Selbst bei italienischer Salami und bei Bratwürsten hatte ich Probleme gehabt, wenn ich zu lange darüber nachdachte – ebenso bei allen Beilagen, die man zu Würstchen essen konnte ... In Erinnerung an Andreas Äußerung überlegte ich spontan, unter welche Kategorie Huberts bestes Stück wohl fallen würde.
Hatte er mich gerade etwas gefragt? »Wie bitte?«
»Was ist da in den Gläsern? Sieht wie ein wissenschaftliches Experiment aus.«
Ob er wohl merkte, dass ich rot geworden war? »Die hat Ben Cho vorbeigebracht, weil du zu krank bist, um unserer Essenseinladung nachzukommen.« Als er mich verwirrt ansah, fügte ich »Kimchi-Abend?« hinzu.
Jetzt fiel es ihm wieder ein. »Ach, natürlich. Wie gut, dass du für uns abgesagt hast! Das hätte ich heute wirklich nicht geschafft.«
»Oh, das war ich gar nicht«, erwiderte ich. »Ich meine, ich habe nicht abgesagt. Vor einer Minute kam Ben hier einfach
vorbei. Wahrscheinlich haben sie es von Brother Jasper oder Myra erfahren. Oder sie haben gesehen, wie du gestern nach Hause gekommen bist.« Als ich ihn beschämt zusammenzucken sah, bereute ich meine Worte sofort. Es gab nichts Wirkungsvolleres als den »Tag danach«, um die Bedeutung von Reue zu begreifen.
Gedankenverloren spielte Hubert an seinem Bademantelgürtel, dann ließ er die Enden wieder fallen. »Ich bin wohl allen etwas schuldig, die sich gestern um mich gekümmert haben, also dir und Piper, Brother Jasper und Myra.«
»Du bist uns gar nichts schuldig«, erwiderte ich. »Dazu sind Freunde doch da. Und wenn du irgendwann dein Auto holen möchtest, sag einfach Bescheid.« Ich fuhr mit dem Zeigefinger über den Deckel eines der Gläser. Er fühlte sich kühl an. Hubert nickte, schwieg jedoch, so dass ich mich kurz entschlossen umdrehte und die Gläser in den Kühlschrank räumte. Ich hatte keine Ahnung, was für ein Zeug das war oder wie man es aß, aber es zu kühlen, schien mir erst einmal die sicherste Lösung. Wir wollten schließlich nicht wieder mit einer Lebensmittelvergiftung enden. Als ich fertig war, stand Hubert immer noch reglos wie ein Palastwächter im Türrahmen. »Kann ich dir etwas bringen? Eine Magentablette? Wasser?« Fragend hob ich die Hände.
»Nein, ich brauche nichts«, antwortete er langsam. »Vielen Dank. Aber ich wollte noch sagen ... Ich meine, ich wollte mit dir über ...« Er brach ab und lächelte schwach.
»Ja?«
Hubert räusperte sich. »Weißt du noch gestern Abend, als ich das übers Heiraten gesagt habe?«
»Ja, ich erinnere mich.« Wie könnte ich das vergessen?
»Ich weiß, dass du dich dabei sehr unwohl gefühlt hast.« Er fummelte an seinem Gürtel herum, als wäre er derjenige, der sich unwohl fühlte. »Das war nur ... Ich war ziemlich durcheinander und hatte getrunken und konnte nicht klar denken. Ich weiß nicht einmal, warum ich gesagt habe, was ich gesagt habe, aber ich will nicht, dass es unserer Freundschaft im Weg steht.« Er sah mich an. »Vergiss bitte einfach, dass ich es je erwähnt habe.«
»Das habe ich doch schon«, erwiderte ich, damit es ihm besser ging. Ich wedelte mit einer Hand über meinem Kopf, um anzudeuten, dass jeglicher Gedanken daran aus meinem Kopf geflogen war. »Schwupps. Alles weg.«
»Das ist gut, denn ich fände es schlimm, wenn uns das irgendwie belastet hätte.«
» Was hätte uns belastet?«, witzelte ich. »Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst. Was für ein Thema?«
Er atmete erleichtert aus. »Ich bin froh, dass das geklärt ist. Dann ist jetzt alles wieder gut?«
»Es ist mehr als gut – wir sind die allerbesten Freunde und das werden wir immer sein.« Okay, jetzt übertrieb ich ein bisschen, aber der arme Kerl bemühte
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