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Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits

Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits

Titel: Eine ungewöhnliche Begegnung - Fforde, K: Eine ungewöhnliche Begegnung - Stately Pursuits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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machte sie sich ein Sandwich und beschloss, das Haus gründlich zu erforschen und sich eine eigene Meinung zu bilden, auf wessen Seite sie denn nun stand, auf der von Peter und Mrs Hempstead und - wollte man ihnen glauben - der Mehrheit der Dorfbewohner oder auf der des bösen Neffen, auch Conan der Barbar genannt.
    Sie wollte mit den Außenanlagen anfangen und kämpfte sich durch ein Labyrinth aus Abstellräumen und Vorratskammern, alle unbenutzt und voller Gerümpel, bis sie in den Hof hinter dem Haus gelangte.
    Eine gewaltige Kastanie stand in der Mitte. Ihre Zweige streichelten die Dächer und Regenrinnen der umstehenden Gebäude. Eine alte Wagenscheune erhob sich gleich neben einem prachtvollen Torbogen, hoch genug, dass Pferde und Kutschen hindurchpassten. Ein paar Klematiszweige hingen von der Mitte herab wie vergessener Weihnachtsschmuck. Sie überquerte den Hof und gelangte zu einer Reihe von Wirtschaftsgebäuden, die ebenso mit Gerümpel voll gestopft waren wie die ungenutzten Zimmer im Haus. Doch die Stallungen waren fast leer und schienen völlig unverändert seit den Tagen, als hier noch Kutsch- und Reitpferde und Ackergäule für den Gutsbetrieb untergebracht waren. In den Krippen lagen sogar noch ein paar vereinzelte Heubüschel.
    Es war traurig, sie so verlassen zu sehen, wenn man bedachte, dass sie einmal voller Leben gewesen waren, erfüllt vom Stampfen der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster des Bodens. Über einer der Türen war sogar noch ein Name erkennbar. Sie fuhr die Buchstaben mit dem Finger nach: FESTE. Nostalgie hüllte sie ein, die Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die sie niemals gekannt hatte. Sie war drauf und dran, ein bisschen vor sich hin zu heulen, als einer der Hunde sie mit der Nase in die Kniekehlen stieß. Sie fuhr zusammen und rief sich ins Gedächtnis, dass sie mit klinischer Distanz hatte abwägen wollen, ob das Haus erhaltenswert sei oder ein Themenpark werden sollte. Doch sie sah sich außerstande, eine objektive Entscheidung zu treffen, und ging zurück ins Haus, wo der Verfall weniger romantisch war.
    In der Küche war es jetzt warm, aber alles andere als gemütlich. Jetzt da das Tageslicht schwand, warf die einzelne Birne, die von der Decke baumelte, Schatten in alle Ecken. Ihre nostalgische Melancholie drohte sich in eine ordinäre Depression zu verwandeln. Sie schob den Kessel auf die heiße Platte des Küchenofens, ehe sie ihren Rundgang fortsetzte.
    Die große Halle war ein dämmriger, hallender Schatten des Saales, den sie aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte. Spinnweben hingen in den staubigen Wandteppichen, und die Wandleuchter schufen mehr Schatten als Licht. Die hohen Fenster waren mit Efeu überwuchert, und hätten die Hunde nicht so unbekümmert ihre Umgebung erschnüffelt, hätte Hetty geschworen, ein Geist gehe hier um. Und vielleicht war es auch so, ein Geist des Lachens und der Musik, die den Saal vor all den Jahren erfüllt hatten. Man konnte glauben, seither sei niemand mehr hier gewesen.
    Sie ließ die übrigen Zimmer im Erdgeschoss aus. Sie waren dunkel und voll alter Möbel; sie brauchten Sonnenschein. Da die Sonne nicht zur Verfügung stand, hastete Hetty zurück ins Wohnzimmer, wo das Feuer anheimelnd prasselte, und zündete die Kerzen in den angelaufenen Silberhaltern an. Der Raum wirkte jetzt behaglich, das Porzellan auf den Regalen reflektierte das tanzende Kerzenlicht.
    Das Haus war ein hoffnungsloser Fall, entschied sie. Es war in einem furchtbaren Zustand, zu groß, um darin zu wohnen, zu klein für alles andere. Es würde ein Vermögen verschlingen, es wieder in Ordnung zu bringen. Selbst neue Vorhänge (die derzeitigen waren zerrissen, sobald sie versucht hatte, sie zu öffnen) wären schon unerschwinglich. Warum Samuel das Dach hatte erneuern lassen, wo doch offensichtlich war, dass das Haus das Ende seiner natürlichen Lebensspanne erreicht hatte, konnte sie sich nicht vorstellen. Aber ebenso wenig konnte sie sich dieses Gemäuer als Themenpark vorstellen.
    Es nützte alles nichts - die Logik hatte versagt, die Romantik obsiegt. Sie wollte das Haus um jeden Preis erhalten. Es war dumm, undurchführbar, vielleicht albern, aber sie hatte das Gefühl, sie müsse dieses wundervolle, verfallene Bauwerk gegen die Anfechtungen des gesunden Menschenverstands, der Praktikabilität und des Fortschritts verteidigen. Um jeden Preis. Dann fiel ihr der Brief auf dem kostbaren cremefarbenen Papier ein. Das führte ihr vor Augen, wie hoch der Preis sein

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