Eine ungezaehmte Lady
ins Gefängnis zu bringen. So wie die Dinge standen, brauchte Rafe so viele Freunde von der anderen Seite des Gesetzes wie nur möglich, also wollte er sich lieber kein Urteil über Crowdys Charakter erlauben.
»Ist der Saloon ausgebrannt?«, fragte Rafe, als er von der Baumlinie ins Freie trat und auf die Quelle zuging.
Crowdy schaute auf. Er hatte sich neben sein Pferd gekniet und mit seinen Händen Wasser zum Trinken geschöpft. »Ist in die Luft geflogen wie ein Pulverfass.«
»Haben der Fluss und der Bach das Feuer eingedämmt?«
»Ja.«
»Konnten alle ihr Leben retten?«
»Ja.«
»Wie schade.« Lady kam von der anderen Richtung auf die Quelle zu. »Zip macht immer nur Ärger.«
»Er hält sich für den großen Boss«, stimmte Crowdy ihr zu.
Lady lachte leise. »Und alle diese selbstständigen Kerle im Indian Territory lassen sich von ihm herumkommandieren.«
Crowdy nickte ernst.
»Ist jemand hierher unterwegs?« Rafe stellte sich neben Lady an das Wasserbecken und bemerkte, dass ihr die grüne Bluse und der Reitrock aus Paris sehr gut standen. Er empfand ein Gefühl der Befriedigung, dass er die Sachen bezahlt hatte, beinahe so, als gehörte sie damit zu ihm. Er wünschte, sie wären nicht unterbrochen worden, aber jetzt war der Saloonkeeper nun einmal hier, und er nahm an, dass sie freundlich zu ihm sein sollten.
»Sie sind in alle Richtungen auseinandergestoben. Wütend und aufgescheucht wie Hühner im Regen.«
Lady lachte wieder. »Diese Jungs suchen immer Streit.«
»Wirst du den Laden wiederaufbauen?«, erkundigte sich Rafe.
Crowdy stand auf, führte sein Pferd zum Grasen und kam mit einer Decke über dem Arm zurück. »Warum?«
»Es war dein Geschäft.«
»Es musste so kommen.« Crowdy zuckte die Schultern. »Feuer reinigt.«
»Crowdy hat sein Bestes getan, um den Laden sauber zu halten«, erklärte Lady.
»Wie bei den Indianern«, fügte Crowdy hinzu.
»Die meisten Indianer legen großen Wert darauf, sich selbst und ihre Besitztümer sauber zu halten.« Lady schüttelte den Kopf. »Aber viele Amerikaner, die in das Indian Territory kommen, baden nie, schleppen Ungeziefer ein und spucken Tabaksaft auf den Boden. Und sie bringen tödliche Krankheiten mit sich.«
Rafe nickte verständnisvoll. Er hatte das in Gefängnissen und Saloons beobachtet. Es war nicht einfach, einen Ort zu finden, wo man baden konnte. Manche Männer behaupteten steif und fest, ein Bad würde sie krank machen, also ließen sie niemals Wasser und Seife an ihre Haut und wuschen auch ihre Kleidung nicht. Tausende Indianer waren an europäischen Krankheiten wie Pocken und Cholera gestorben. Aber er verstand nicht, was das mit dem Abfackeln eines Saloons zu tun hatte.
»In dem Laden wimmelte es von Ungeziefer«, sagte Lady. »Sie fraßen das Holz auf, verseuchten die Betten und stachen die Gäste.«
»Feuer reinigt«, wiederholte Crowdy.
»Das verstehe ich«, erwiderte Rafe. »Aber trotzdem war es dein Geschäft, und die meisten Männer fühlen sich von ein paar Wanzen nicht gestört.«
»Beim nächsten jungen Mond«, meinte Crowdy.
Rafe begriff nicht, was das mit dem Feuer zu tun hatte, also sagte er nichts dazu.
»Neumond«, erklärte Lady. »Das ist die günstigste Zeit für einen Neuanfang.«
»Dann wirst du den Laden wiederaufbauen«, stellte Rafe fest. Der Gedanken, dass er, sobald er seinen Marshalstern wieder trug, zurückkommen und den Saloonbesitzer verhaften musste, gefiel ihm nicht.
»Aus der Asche sprießen neue Triebe«, sagte Crowdy.
»Er ist jetzt frei, mit seinem Leben zu tun, was er will«, erklärte Lady.
»Warte mal«, warf Rafe ein. »Lass mich das klarstellen. Willst du den Laden wiederaufbauen, oder nicht?«
Crowdy lächelte. Seine Mundwinkel zuckten leicht, und er warf Lady einen Seitenblick zu. »Ich habe Gold in den Taschen. Und ich sehe Pferde am Horizont.«
Lady lachte. »Seit ich Crowdy kenne, will er Pferde züchten. Es sieht so aus, als könne er sich diesen Wunsch nun erfüllen.«
»Großes Treffen am Stone Corral«, fügte Crowdy hinzu. »Viele Pferde.«
»Wirst du dorthin reiten?«
»Keine schlechte Idee«, erwiderte Crowdy.
»Die Hayes-Brüder versprachen mir, einen Hut herumgehen zu lassen, wenn ich dort singe.«
»Ich würde mir die Robber’s Cave gern anschauen«, warf Rafe ein.
»Und ich bin total pleite.« Lady zwinkerte Crowdy zu. »Du hast den Rest meines Golds.«
»Ich habe nur dein Gepäck leichter gemacht«, meinte Crowdy mit einem Anflug von Humor in der
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