Eine unheilvolle Begegnung
Schwester Mara und seinem Bruder Joe machte er schöne und stürmische Zeiten durch. Alles in allem kamen sie jedoch gut zurecht. Schließlich war Joe erwachsen und verließ das Haus, um Geografie zu studieren. Das Geld dafür war aus Morgans ursprünglichem Studienfonds hervorgegangen. Dann wurde auch Mara flügge und ging nach Grand Junction, um Schmuckdesignerin zu werden. Und Morgan blieb alleine zurück. Er hatte plötzlich viel zu viel Zeit und musste erkennen, dass es jetzt, wo seine Geschwister fortgegangen waren, außer der Arbeit in seinem Leben nichts gab. In der ersten Zeit machte er alles, was er jahrelang nicht hatte tun können. Er blieb ganze Nächte fort, brachte Freundinnen mit nach Hause oder fuhr einfach mal übers Wochenende in die Berge.
Aber auch das wurde ihm schnell langweilig. Es fehlte einfach etwas in seinem Leben, das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Also griff er sofort zu, als er hörte, dass es in New York einen Aufbaukurs für Polizisten und Feuerwehrmänner gab, der Ermittlungstechniken für Brandermittler vermitteln sollte. Natürlich musste er nach diesem Kurs auch noch in Denver weiter dafür ausgebildet werden. Er beantragte einen sechsmonatigen Fortbildungsurlaub, den er auch sofort bewilligt bekam. Kurz darauf war er in New York, frei und begierig darauf, etwas Neues zu lernen. Er erkannte, dass er seinen Beruf als Feuerwehrmann zwar liebte, aber als Brandermittler noch viel mehr bewirken konnte. Er stürzte sich auf die Möglichkeit zu lernen, nahm alles in sich auf.
Dort lernte er auch Zach Murdock kennen, der vom New Yorker Police Department dazu abkommandiert war, Ermittlungstaktiken zu vermitteln. Da sie beide fast gleich alt waren und viele Gemeinsamkeiten hatten, freundeten sie sich schnell an. Es war zwar keine wirklich enge Freundschaft, schon allein bedingt durch die Entfernung zwischen New York und Denver, aber sie tauschten sich ein paarmal im Monat über E-Mail oder Telefon aus und blieben so immer in Kontakt. Nach Maras Tod war der Kontakt allerdings seltener geworden. Besonders, nachdem Morgan nach Grand Junction gegangen war. Trotzdem wusste er, dass er auf Zach zählen konnte, wenn er einmal Hilfe brauchte.
Und so war es auch gewesen. Welch ein Glück, dass sein Freund gerade ebenfalls in Utah gewesen war. Ohne ihn wäre er in echte Schwierigkeiten geraten, aber natürlich hatte er so noch mehr Menschen mit in sein Problem hineingezogen: Sam, ihre Freunde und Kollegen, Zach, Shane und Autumn, vermutlich sogar den Autohändler.
27
Zach blickte Shane kopfschüttelnd hinterher, der sich auf den Weg zum Dienst im Arches National Park machte. Er war nur ein Jahr älter als Shane, aber irgendwie kam es ihm vor wie hundert Jahre. Vermutlich hatte man einfach mehr Energie, wenn man glücklich und zufrieden mit seinem Leben war. Wenn man einen Grund hatte, zur Arbeit zu gehen und abends wieder nach Hause zu kommen, und man das machte, was man wollte.
Mühsam riss er sich wieder zusammen. Es war nicht richtig, auf Shane eifersüchtig zu sein. Er war ein wirklich netter Mensch und hatte es verdient, glücklich zu sein. Und auch Autumn hätte wohl kaum einen besseren Mann finden können. Er selbst hätte ihr wahrscheinlich nicht so viel bieten können. Außer seiner Liebe natürlich. Aber sein Job, die langen Arbeitszeiten und das Gedränge in New York hätten ihr bestimmt nicht so gutgetan wie das Leben hier in und um den Arches National Park.
Abrupt wandte er sich von der Haustür ab und ging in sein Zimmer hinauf. Er musste jetzt irgendetwas unternehmen, er konnte nicht die ganze Zeit hier herumsitzen. Kopfschüttelnd holte er sein Handy aus der Halterung an seinem Gürtel. Es wurde Zeit, dass er mit der Vergangenheit abschloss, wieder anfing, sein Leben zu leben, und versuchte, nicht mehr einer Frau nachzutrauern, die schon lange für ihn verloren war. Eigentlich hatte er hier nur ein paar Tage verbringen wollen, aber wie es aussah, würde er wohl noch länger bleiben müssen. Zumindest bis er wusste, dass Morgan sicher in seinem Versteck war.
Zach war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, wenn sein Freund zurück in seine Wohnung in Denver fuhr und sich dort versteckte. Andererseits gab es vermutlich nichts Besseres, sofern niemand wusste, dass er Morgan Spade war. So war er in seiner normalen Umgebung, fiel niemandem auf und konnte vielleicht auch Sam besser verstecken. Er tippte schnell die Nummer von Shanes Handy ein, das Morgan sich geborgt hatte,
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