Eine unheilvolle Begegnung
niemand zu sehen. Gut, er wollte nicht, dass sich jemand fragte, was er hier um diese Zeit zu suchen hätte. Er steckte einen der Stäbe in das alte Schloss und drehte vorsichtig herum: zu schmal. Er wählte einen dickeren Stab, und nach einigen Sekunden war ein leises Klicken zu hören.
Vorsichtig schob er die Tür auf und horchte. Alles war still. Leise stieg er die Treppen hinauf, bis er die Wohnung von Cathy O’Donnell fand. Ihren Namen hatten sie schon vor Tagen durch ihr Autokennzeichen herausbekommen. Es war wirklich sehr praktisch, dass Gerald so gute Kontakte zur Zulassungsstelle hatte. Vorsichtshalber drückte er erst auf die Klingel, falls sie wider Erwarten doch zu Hause war. Als niemand die Tür öffnete, holte er erneut sein Werkzeug heraus und brach sie auf. Seine Hände steckten in dünnen Handschuhen, damit er keine Fingerabdrücke in der Wohnung hinterließ.
Systematisch machte er sich daran, nach Hinweisen zu suchen, die ihm den Aufenthaltsort der Flüchtigen verraten konnten. Er suchte nach Notizen, Briefen, Postkarten, irgendetwas. Im Wohnzimmer neben dem Telefon wurde er fündig. Auf einem kleinen Notizblock stand eine Telefonnummer. Er nahm den Hörer in die Hand, hielt sein Taschentuch darüber und wählte die Nummer. Ungeduldig wartete er, dass jemand abnahm.
Nach dem fünften Klingeln meldete sich ein Anrufbeantworter. »Detective Gonzalez, Mordkommission, Salt Lake City Police Department. Ich bin derzeit nicht im Büro. Hinterlassen Sie eine Nachricht, oder rufen Sie mich im Notfall unter der Nummer …«
Chuck hatte genug gehört. Fluchend hängte er auf. Verdammt! Wenn Cathy O’Donnell in Kontakt mit einem Detective der Mordkommission stand, dann konnte das nur heißen, dass sie, sofern sie etwas wusste, alles der Polizei erzählt hatte. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Was sollte er jetzt machen? Nun, erst einmal würde er weitersuchen. Vielleicht fand er noch etwas Wichtiges. Hektisch stopfte er sein Taschentuch in die Jackentasche und stieß dabei mit seinem Ellbogen gegen eine schmale Vase, die auf der Konsole stand. Mit einem Scheppern zerbrach sie auf dem Holzfußboden. Erschreckt zuckte Chuck zurück. Verflucht, was machte er jetzt mit den Scherben? Gar nichts, sie würde sowieso merken, dass jemand in ihrer Wohnung war, wenn die Vase nicht mehr an ihrem Platz stand. Aber das war egal. Er musste von hier verschwinden, bevor die gesamte Polizei hinter ihm her war. Chuck graute schon vor dem Moment, wenn er Gerald von diesem Desaster berichten musste.
Gerade als er die Wohnung verlassen wollte, hörte er, wie von außen ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde.
Nach einem kurzen Frühstück kauften Cathy und Tom in einem Supermarkt Lebensmittel, bevor sie zu Cathys Wohnung fuhren. Sie parkten in einer Seitenstraße und benutzten die rückwärtige Tür, um einem möglichen Beobachter zu entgehen. Schnell liefen sie die Treppe hinauf, bis sie vor ihrer Wohnungstür standen.
Tom nahm Cathy den Schlüssel aus der Hand und schloss die Wohnungstür auf. Dann stutzte er. »Hattest du nicht abgeschlossen?«
Cathy blickte ihn erstaunt an. »Doch, natürlich. Wieso?«
»Weil eben nicht abgeschlossen war. Ich habe den Schlüssel nur ein kleines Stück gedreht.«
Sie runzelte die Stirn. »Ich kann mich wirklich nicht erinnern. Eigentlich schließe ich immer automatisch ab. Aber ob ich das auch diesmal gemacht habe? Weißt du es noch? Du hast doch daneben gestanden.«
Tom verzog den Mund. »Ich fürchte, ich hatte etwas anderes im Sinn.«
Ängstlich blickte Cathy ihn an. »Was machen wir jetzt?«
»Vielleicht sollten wir die Polizei rufen.«
»Glaubst du, es ist jemand in der Wohnung?« Sie entfernte sich rückwärts von der Tür.
»Nein, aber sicher ist sicher. Lauf du runter und ruf von einem Nachbarn die Polizei. Ich bleibe so lange hier und behalte die Wohnung im Auge.«
»Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?«
»Nein. Beeil dich.«
Angespannt beobachtete Tom, wie Cathy um die Ecke verschwand. Dann stellte er sich an die Wand neben der Tür. Kein Grund, dem möglichen Einbrecher seine Anwesenheit anzukündigen, außer er kam heraus und wollte flüchten. Es dauerte nicht lange, und er hörte Cathys leichte Schritte auf der Treppe. Verdammt, er hatte gehofft, sie würde wenigstens so lange fortbleiben, bis die Polizei anrückte. Er hätte sich denken können, dass sie ihn hier nicht alleine lassen würde. Tom stieß sich von der Wand ab und gab Cathy
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