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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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Ich hab’s dir doch gesagt. Gib ihm die roten.« Tante Prue schrieb wie besessen in ihr gelbes Notizbuch.
    Tante Mercy reichte mir einen Bogen mit roten Abziehpunkten darauf und blickte mich erwartungsvoll an. »Also, Ethan , sieh dich im Wohnzimmer um und kleb einen roten Punkt unter all die Sachen, die du haben willst. Na mach schon.« Es stand zu befürchten, dass sie tödlich beleidigt wäre, wenn ich nicht sofort einen von diesen Punkten an ihre Stirn klebte.
    »Ich weiß nicht, was du meinst, Tante Mercy.«
    Tante Grace nahm das gerahmte Foto eines alten Mannes in Südstaatenuniform von der Wand. »Das ist General Robert Charles Tyler, der letzte der aufständischen Generäle, die im Krieg zwischen den Staaten umgekommen sind. Gib mir einen von den Aufklebern. Das Foto ist bestimmt was wert.«
    Ich hatte keine Ahnung, was sie bezweckten, und ich wollte lieber nicht fragen. »Wir müssen jetzt los. Habt ihr vergessen, dass heute Allerseelen ist?«
    Tante Prue runzelte verärgert die Stirn. »Natürlich haben wir das nicht vergessen. Deshalb bringen wir ja unsere Angelegenheiten in Ordnung.«
    »Das ist nämlich der Sinn von diesen Aufklebern. Jeder hat seine eigene Farbe. Thelma hat Gelb, du hast Rot, dein Vater Blau.« Tante Mercy hielt inne, offenbar hatte sie mal wieder den Faden verloren.
    Tante Prue warf ihr einen einschüchternden Blick zu. Sie liebte es nicht, wenn man sie unterbrach. »Du markierst mit diesen Aufklebern die Sachen, die du haben willst. Und wenn wir gestorben sind, dann weiß Thelma ganz genau, wer was bekommt.«
    »Weil doch jetzt Allerseelen ist, haben wir uns so unsere Gedanken gemacht.« Tante Grace lächelte stolz.
    »Erstens will ich nichts und zweitens wird keine von euch sterben.« Ich ließ die Aufkleber auf den Tisch fallen.
    »Ethan, nächsten Monat kommt Wade und der ist so gierig wie ein Fuchs im Hühnerstall. Du musst dir vorher was aussuchen.« Wade war der uneheliche Sohn von Onkel Landis, auch so einer aus meiner Ahnenreihe, der es niemals in den offiziellen Stammbaum der Wate-Familie schaffen würde.
    Es hatte keinen Sinn, mit den Schwestern zu streiten, wenn sie in dieser Stimmung waren, deshalb verbrachte ich die nächste halbe Stunde damit, kleine rote Punkte unter bunt zusammengewürfelte Esszimmerstühle und Andenken aus dem Bürgerkrieg zu kleben. Trotzdem musste ich danach noch meine Zeit totschlagen, bis die Schwestern endlich den richtigen Hut für Allerseelen aufgesetzt hatten. Es war eine todernste Angelegenheit, den passenden auszusuchen, und die meisten Damen in der Stadt waren schon vor Wochen nach Charleston gefahren, um einen neuen Hut zu kaufen. Wenn sie dann den Friedhofshügel erklommen mit allem Möglichen auf dem Kopf, von Pfauenfedern bis zu frisch geschnittenen Rosen, sah es eher so aus, als wären die Damen von Gatlin auf dem Weg zu einem Gartenfest und nicht auf dem Weg zum Friedhof.
    Im ganzen Haus herrschte ein einziges Durcheinander. Tante Prue hatte Thelma offenbar angewiesen, sämtliche Kartons und Schachteln vom Speicher zu holen. Überall lagen Kleider, Decken und Fotoalben herum. Ich nahm das nächstbeste Album und blätterte die braunen Seiten durch. Tante Prue und ihre Ehemänner, Tante Mercy vor ihrem ehemaligen Haus in der Dove Street, unser Haus Wates Landing zu einer Zeit, als mein Großvater noch klein gewesen war. Ich blätterte bis zur letzten Seite und dort sprang mir das Foto eines ganz anderen Hauses ins Auge.
    Ravenwood Manor.
    Aber es war nicht das Ravenwood, wie ich es kannte. Dies war ein Ravenwood, wie es im Verzeichnis der Historischen Gesellschaft hätte abgebildet sein können. Zypressen säumten den Weg, der zu der blütenweißen Veranda hinaufführte. Alle Säulen, alle Fensterläden waren frisch gestrichen. Keine Spur von dem wild wuchernden Gebüsch, den verwitterten Treppen aus Macons Zeiten. Unter dem Foto stand mit zierlicher Handschrift geschrieben:
    Ravenwood Manor, 1865
    Ich hatte Abrahams Ravenwood vor mir.
    »Was hast du denn da?« Tante Mercy kam hereingeschlurft. Sie trug den größten, flamingo-rosarotesten Hut, den ich je gesehen hatte. Vorne hing ein komisches Netz herunter, eine Art Schleier, und obenauf saß ein kitschiger Vogel in einem rosa Nest. Bei der kleinsten Bewegung schwankte das Gebilde, und es sah aus, als würde das künstliche Federvieh jeden Augenblick davonfliegen. Na, wenn sich da Savannah und die Cheerleadertruppe nicht mal wieder das Maul zerrissen.
    »Ein altes Fotoalbum«,

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