Eine unmoralische Affäre
lag, entschädigt.«
»Das heißt, Sie wollen mich kaufen, stimmt’s?«
»Bitte, Miss Adams, ich glaube, Sie verstehen da etwas grundlegend falsch. Meine Mandanten sind finanziell in der Lage, die Kleine in großzügigen Verhältnissen aufwachsen zu lassen. Sie können ihr alles bieten: ein schönes Heim, eine hervorragende Ausbildung, eine unbekümmerte Jugend. Sie wollen doch sicher auch das Beste für das Kind, oder?«
»Ihre leibliche Mutter hielt es für das Beste, wenn ich Allison großziehe.« Sie verschwieg ihm vorsichtshalber die handschriftliche Notiz, die Mary gemacht hatte.
»Ich bin sicher, die Wünsche des Vaters wären davon stark abgewichen.« Katherine hasste den abfällig-dozierenden Ton, mit dem der Anwalt sie abzufertigen suchte. »Im Übrigen ist jede weitere Diskussion müßig. Kein Gericht wird einer berufstätigen jungen Singlefrau mit unklaren Moralvorstellungen die Vormundschaft für ein Kind zusprechen, zumal sich ein wahrhaft gut situiertes, prominentes
Paar wie die Mannings bereiterklärt, die Verantwortung für ihr einziges Enkelkind zu übernehmen, die Erbin und Nachkommin ihres ältesten Sohnes.«
Der Typ war derart beleidigend und anmaßend, dass Katherine innerlich rebellierte. Trotzdem hielt sie den Mund. Ihr war klar, dass der Anwalt es darauf anlegte, sie einzuschüchtern. Sie konnte sich bildhaft vorstellen, dass er vor Gericht kein gutes Haar an ihr lassen würde. Wenn sie bloß daran dachte, wie eine solche Anhörung ausgehen könnte, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter.
Katherine setzte sich über ihre anfängliche Panik hinweg. Jetzt galt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Nägel mit Köpfen zu machen. Sie hatte ihrer Schwester auf dem Sterbebett versprochen, dass sie Allison zu sich nehmen würde. Andererseits durfte sie den Einfluss und den Ruf der Mannings nicht unterschätzen. Sie kannten bestimmt Gott und die Welt, hatten Freunde in wichtigen Positionen, die sämtliche Hebel in Bewegung setzen würden, um die Vormundschaft zu erwirken. Folglich würde sie mit Allison verschwinden müssen. Sie überlegte hin und her, bis sie alles detailliert geplant hatte.
Der Kinderarzt war einverstanden, Allison ein paar Tage früher aus der Klinik zu entlassen als geplant, machte jedoch zur Bedingung, dass Katherine mit der Kleinen in der folgenden Woche bei ihm vorstellig werden solle. Also versprach sie es ihm, obwohl es ihr mächtig schwerfiel zu lügen.
Sie rief einen Immobilienmakler an und besprach mit ihm den Verkauf des Hauses. Die Summe sollte auf ein Konto fließen, das sie auf den Namen ihrer kleinen Nichte eingerichtet hatte. Das Geld ließe sich später problemlos
mit den angelaufenen Zinsen abheben, überlegte sie. Sämtliche Möbel sollten versteigert werden bis auf ein paar wenige Stücke, an denen Katherine besonders hing. Der Makler sollte den Erlös der Auktion als Provision bekommen und war einverstanden.
Katherine machte eine Kopie des kaum leserlichen Papiertuch-Dokuments und deponierte es in einem vorsorglich angemieteten Bankschließfach.
Sie ging nicht mehr ans Telefon und ließ sich auf der Straße nicht mehr blicken. Ihr Wagen parkte ein ganzes Stück vom Haus entfernt, abends vermied sie es, Licht zu machen. In Erwartung der gerichtlichen Vorladung, die jeden Tag ins Haus flattern konnte, hätte sie sich am liebsten unsichtbar gemacht. Bloß nicht auffallen, untertauchen, bevor es irgendjemand merkt, schärfte sie sich ein.
Sie packte ihr kleines Auto so voll, wie es eben ging. Als sie Allison im Krankenhaus abholte, klopfte ihr Herz zum Zerspringen.
Sie legte das Baby in den Maxicosi, den sie mit dem Sicherheitsgurt auf dem Beifahrersitz befestigte. Dann beugte sie sich über die Kleine und hauchte ihr einen zarten Kuss auf den weichen Haarflaum.
»Weißt du, ich bin als Mutter völlig unerfahren«, flüsterte sie dem schlafenden Kind zu, »aber das macht gar nichts. Wir werden uns bestimmt aneinander gewöhnen.«
Sie betrachtete Allisons süßes Gesicht, das sie ungeheuer an Marys erinnerte, und atmete befreit auf - das erste Mal, seit sie die Nachricht von Peters tödlichem Unfall erfahren hatte. Sie fühlte sich, als wäre eine Riesenlast von ihren Schultern genommen.
Während sie durch Denver fuhr, verkniff sie sich einen
letzten sehnsüchtigen Blick auf die Berge und die vertraute Landschaft. Sie zwang sich, nicht an den Verkauf des Hauses zu denken, ihr geliebtes Zuhause. Stattdessen fokussierte sie sich auf die
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