Eine unzüchtige Lady
Mühe gemacht, sich mit etwas zu belasten,
das er als Belästigung erachtete. Als Kind habe ich mir verzweifelt einen Hund gewünscht, aber er hat es immer abgelehnt. Auch meine Tante wollte nichts davon hören … Jetzt ist es natürlich auch egal …
Aber sogar damals - sogar in den Schleier gehüllt, der ihrem Übermaß körperlicher Hingabe folgte -, hatte er aus Carolines Stimme herausgehört, dass es sehr wohl etwas ausmachte. Ihr Vater hatte sein eigenes Kind als Belästigung betrachtet. Nach York zu fahren und diesem gefühlskalten Mann den Hals umzudrehen war eine allgegenwärtige Verlockung.
Aber vielleicht konnte Nicholas stattdessen ihren Kindheitstraum erfüllen.
Im Grunde hatte sie ihn doch herausgefordert, etwas zu tun, das romantischer war als das Dinner auf der Terrasse. Spontan fragte er: »Gibt es denn einen ganzen Wurf davon?«
Der junge Mann nickte. »Sechs kleine Racker.«
»Sind sie alt genug, um entwöhnt zu werden?«
»Gerade erst, Euer Gnaden.«
Zufrieden sagte Nicholas: »Ich möchte sie gern sehen, wenn ich darf. Ich habe einen Freund, der sich schon immer einen Hund gewünscht hat.«
Letztlich entschied er sich für den wilden Welpen, der ihm im wahrsten Sinne des Wortes über den Weg gelaufen war. Und obwohl er eher aussah wie ein Mopp und nicht wie ein richtiger Hund, musste er doch zugeben, dass dieses Wesen anhänglich und enthusiastisch war. Er sollte es wissen, denn er war gezwungen, durch London zurück nach Hause zu reiten und dabei dieses verdammt unruhige Tier festzuhalten. Als der Welpe sich auf die bisher so tadellose Reithose erleichterte, fragte er sich allen Ernstes, ob er nicht ein sentimentaler Dummkopf war.
Der Eindruck verstärkte sich noch, denn in ihm erwachte der Wunsch, zugegen zu sein und Carolines Gesicht zu sehen, wenn
ihr der Hund gebracht wurde. Aber das war unmöglich, und allein der Wunsch machte ihn zu einem größeren Idioten als der Versuch, einen Mischling durch halb London zu schleppen.
Dem Diener, der ihm die Tür öffnete, musste er zugutehalten, dass dessen Miene undurchdringlich war, als Nicholas den Hund in seine Arme legte und sagte: »Sorge dafür, dass man ihn füttert und badet. Dann gebe ich dir eine Adresse, wo man ihn abgeben soll.«
»Selbstverständlich, Euer Gnaden.«
Er zögerte kurz. Lady Wynns Bitte um Diskretion fiel ihm wieder ein. Das herzogliche Wappen auf den Türen seiner Kutsche schloss diese Möglichkeit aus. »Nimm ein Mietpferd. Und lass meinen Namen aus dem Spiel. Die Lady wird schon erraten, dass das Geschenk von mir kommt.«
»Natürlich.«
Lächelnd stieg er die Treppe hinauf, um sich zu baden und die Kleider zu wechseln. Er roch zwar nach Pferden und Hundepisse, dachte er sarkastisch, aber insgesamt war der Nachmittag zufriedenstellend verlaufen.
Es konnte kein Zweifel bestehen, dass er sie erwartet hatte.
Nein, diese Beobachtung musste sie korrigieren. Er lauerte ihr auf.
Caroline hatte kaum eine andere Wahl. Sie ließ Franklin ihren Arm nehmen, als sie auf die Stufen trat, denn er tauchte wie eine Erscheinung aus dem Nichts auf. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass der Gedanke lächerlich war, hätte sie ihn des Herumlungerns in der Gasse vor ihrem Stadthaus bezichtigt, wo er ihre Rückkehr erwartet hatte.
»Welch glückliche Fügung, dass wir zur gleichen Zeit ankommen«, murmelte Franklin und geleitete sie zur Tür. »Ich habe zuletzt mehrfach bei Euch vorgesprochen, aber soweit ich es
verstanden habe, wart Ihr auf dem Land und habt einen Freund besucht.«
Bilder dieses Freundes kamen ihr in den Sinn. Dunkles, vom Wind zerzaustes Haar, ein sündiges Lächeln, das sie gleichermaßen einschüchterte und faszinierte. Ein schlanker Körper, der sich auf ihren legte, während sie sich gemeinsam in der ältesten Vereinigung bewegten, die zwischen Mann und Frau möglich war. War Nicholas ein Freund? Eigentlich ja, sie dachte so von ihm, wenn sie sein sexuelles Können außer Acht ließ. Wenn sie darüber nachdachte, hatte sie vermutlich mit ihm in diesen fünf Tagen mehr geredet als mit jeder anderen Person in ihrem bisherigen Leben. Es war seine Schuld, weil er an allem, was sie zu erzählen hatte, so interessiert zu sein schien.
»Ja, ich war bei einem Freund.«
Wenn der knappe Tonfall ihrer Antwort den neuen Viscount ärgerte, zeigte er es nicht. Diese nur allzu vertrauten Gesichtszüge, die den Männern der Familie Wynn zu eigen waren, eckig und scharf, verrieten nichts über seine Gefühle. Nur
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