Eine unzüchtige Lady
seine arrogante Weise davon ausgegangen war, dass er sich einmischen durfte, sondern dass er es sogar getan hatte. »Wie freundlich von Euch, meine Verehrer für mich zu sichten.«
Er verzog keine Miene angesichts ihres triefenden Sarkasmus. »Ich sorge mich um Eure Zukunft. Ihr seid zu jung, um nicht verheiratet zu werden.«
»Das ist Eure Meinung, Mylord. Meiner Meinung nach gibt mir mein junges Alter die Freiheit, zu warten und zu entscheiden, ob ich überhaupt wieder heiraten möchte.«
»Eure Haltung zu diesem Thema ist geradezu fortschrittlich, meine Liebe, aber …«
»Mylady?«
Die Unterbrechung ihres beginnenden Streits ließ beide zur Tür blicken. Norman stand adrett und penibel wie immer in der Tür und wirkte merkwürdig entsetzt. In seinen Händen hielt er etwas, das auf den ersten Blick wie ein aufrührerischer brauner Fellball wirkte. »Vergebt mir, aber das hier wurde soeben für Euch abgegeben. Der Mann, der es brachte, hat mir gesagt, es gebe keine Nachricht, aber Ihr würdet wissen, von wem dieses … ähm … Geschenk käme. Was soll ich jetzt damit machen?«
Einen Moment lang war Caroline sprachlos und starrte auf den Welpen in den Händen ihres Butlers. Sein wolliger, sich windender Körper hinterließ Haare auf der Weste des Mannes. Noch während sie sich fragte, wer um alles in der Welt ihr so ein ungewöhnliches Geschenk schicken könnte, traf sie die Erkenntnis wie ein Blitz, der einem sommerlichen Platzregen vorangeht.
Nicholas. Sie erinnerte sich, wie sie während eines dieser faulen, göttlichen Nachmittage, als ihr Kopf auf seiner nackten, muskulösen Schulter ruhte und der Duft von Wasser und Gras und Erde sie umgab, ihm gestand, dass sie sich als Kind immer einen Hund gewünscht hatte, den sie aber nie bekam. Sie wollte nicht über ihre Kindheit reden, aber es gelang ihm immer wieder, weitere Details aus ihr herauszulocken. Sie hatte noch nie jemandem so viel erzählt. Vielleicht lag es an seinem eigensinnigen Charme, oder es war die Erleichterung, endlich jemandem davon erzählen zu dürfen, der ein ernstes Interesse an ihr zeigte. Aber sie hörte sich Dinge zugeben - wie den vereitelten Wunsch nach einem Haustier -, die sie vergessen glaubte.
Sie wollte ob dieser Geste entzückt lachen.
Und zugleich in Tränen ausbrechen; so sehr berührte sein Geschenk sie.
Caroline stand auf und ging zu Norman herüber. Sie nahm ihm das kleine Wesen ab. Norman schien erleichtert. Zwei seelenvolle, dunkle Augen blickten zu ihr auf, und etwas, das durchaus als Schwanz durchgehen konnte, wedelte heftig. Eine winzige, rosafarbene Zunge begann, ihre Hand abzulecken.
Zum zweiten Mal in ihrem Leben verliebte sie sich. »Ach, ist er nicht wundervoll?«
Norman blickte zweifelnd auf das neue Familienmitglied. Er liebte es, wenn alles im Haushalt seinen ruhigen, geordneten Gang nahm. »Wenn Ihr das sagt, wird es wohl so sein, Mylady.«
Franklin bemerkte gereizt: »Wer zum Teufel schickt Euch so einen Straßenköter?«
Da sie kaum mit der Wahrheit herausrücken konnte, gab sie keine Antwort. Stattdessen beugte sie sich hinab und setzte ihren neuen Freund auf den Boden. Sogleich huschte er unter eines der Brokatsofas. Im nächsten Augenblick schoss er darunter hervor und lief zu ihr zurück, um sich ihr zu Füßen auf den Boden
zu legen. Er bellte kurz, als erwarte er Anerkennung für diese Heldentat. Sie beugte sich hinab und kraulte sein flaumiges Ohr. »Ich hatte nie ein Haustier.«
»Das ist ein ziemlich dreistes Geschenk, wenn Ihr mich fragt.«
Caroline lachte. Franklin wählte durchaus angemessene Worte. Sie konnte es nicht ändern. Der wunderbare und sinnliche Duke of Rothay war allzu dreist. Sein Geschenk rührte ihr Herz und rief unerklärlich tiefe Gefühle bei ihr hervor. Hätte er ihr Diamanten geschickt, hätte sie ihn für einen großzügigen und romantischen Mann gehalten. Aber das hier war wirklich ein fantastisches Geschenk, denn es bedeutete, dass er nicht nur ihren Worten gelauscht hatte, als sie ihm von der größten Enttäuschung ihrer Kindheit erzählte. Er hatte das herausgehört, was sich unter den gleichmütigen Worten und ihrem leisen Schulterzucken verbarg.
Sie betete, dass Derek recht behielt. Wenn es einen Weg gab, damit Nicholas über ihre Beziehung nachdachte - und nicht nur als etwas Unverbindliches, das vorbei war, sondern als etwas Dauerhaftes, das auch in Zukunft Bestand haben konnte -, dann wollte sie es wenigstens versuchen.
Selbst wenn sie damit
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