Eine unzüchtige Lady
riskierte, sich das Herz brechen zu lassen.
»Wenn ich gewusst hätte, was nötig ist, um Euch ein Lächeln wie dieses auf die Lippen zu zaubern, hätte ich einen schmutzigen Mischling aus der Gosse aufgelesen, meine Liebe. Ich glaube kaum, dass eine Frau etwas Derartiges tun würde. Daher frage ich mich, wer sonst auf diese unorthodoxe Idee kommen könnte.«
Seine leise, fast bedrohliche Stimme ließ sie aufblicken. Sie straffte sich. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihrer Magengrube breit. Nicholas hatte nicht wissen können, dass Lord Wynn
zugegen sein würde, wenn der Welpe gebracht wurde. Aber der Zeitpunkt war trotzdem schlecht gewählt. Franklin beobachtete sie mit schmalen Augen. Sein Mund war leicht zusammengekniffen.
»Ich bin sicher, der Hund kommt von Melinda«, improvisierte sie, obwohl sie wusste, dass sie keine gute Lügnerin war. Hoffentlich bemerkte er nicht, wie sie rot wurde. »Ich glaube, sie hat letztens erwähnt, dass ein Spaniel ihres Mannes ziemlich schwierig sei, weil er gerade einen Wurf bekommen habe.«
»Das sieht kaum aus wie der Nachkomme eines Jagdhunds aus bester Zucht.«
Er hatte zweifellos recht. »Wer weiß denn, wer ihn gezeugt hat?«, murmelte sie.
Franklin stand auf. »Da Ihr jetzt ja beschäftigt seid, möchte ich mich verabschieden. Denkt über das nach, was ich gesagt habe.«
Sogleich wurde ihre Freude wieder durch den Ärger getrübt. »Wenn Ihr damit eine Heirat meint, tut es mir leid. Das gehört im Moment nicht zu meinen Zukunftsplänen.«
Mit umständlicher Sorgfalt richtete er seine Manschette. »Das wird sich ändern.«
Sie starrte auf die Tür, nachdem er gegangen war. Was konnte er nur mit dieser kryptischen Bemerkung meinen? Ein banges Gefühl beschlich sie, denn obwohl sie sich geschworen hatte, er könne sie zu nichts zwingen, das sie nicht wollte, schien er ebenso davon überzeugt zu sein, dass es ihm sehr wohl gelang.
Ein heftiges Zerren am Kleidersaum lenkte ihre Aufmerksamkeit nach unten, und sie hob Nicholas’ Geschenk hoch und drückte das quirlige Bündel an sich. Ein kleines bisschen bedingungslose Liebe in ihrem Leben würde ihr guttun, dachte sie. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und verbannte Lord Wynn vorerst aus ihren Gedanken.
Kapitel 20
Das Spielzimmer war wie immer in eine gehörige Tabakwolke gehüllt, die sich mit dem Geruch nach Brandy und Claret vermischte. Die warme Abendluft, die durch offene Fenster hereinströmte, trug wenig dazu bei, den Dunst zu klären. Die Gespräche wurden gelegentlich von lautem Gelächter unterbrochen, aber an ihrem Tisch war die Stimmung gedämpft. Derek beobachtete schweigend, wie der Mann ihm gegenüber seine Karten auf den Tisch warf und erneut die Gewinne einstrich.
Es schien, als habe der Duke of Rothay eine glückliche Nacht erwischt.
Für einen Mann, dem das Glück des Teufels hold zu sein schien, wirkte er jedoch nicht gerade hocherfreut. Nicholas hatte einen gereizten Zug um den Mund. Derek hatte das Gefühl, er kenne den Grund dafür.
»Ich möchte meinen«, grummelte der junge Lord Renquist, »es würde Euch nichts ausmachen, die eine oder andere Hand auszusetzen, damit auch die anderen eine Chance haben?«
In Nicholas’ dunklen Augen glitzerte etwas, das leichte Trunkenheit sein konnte. Wenn die Häufigkeit, mit der er sich nachgeschenkt hatte, seit er sich an den Tisch setzte, ein Hinweis darauf war, wie oft er das bereits vor seiner Ankunft beim Ball getan hatte, lag er mit seiner Vermutung nicht so falsch. »Ich mische nicht die Karten«, bemerkte Nicholas gedehnt. »Wollt Ihr etwa irgendetwas andeuten?«
Der junge Mann war vielleicht auch leicht angetrunken, aber längst nicht so schlimm, dass er nicht die in Nicholas’ Stimme mitschwingende Warnung erkannte. »Ich habe nichts angedeutet. Nur ein Scherz.«
»Fandet Ihr das lustig?«
Renquists Gesicht wurde ein wenig blass. »Nicht besonders.«
»Dann sollten wir einfach spielen, oder nicht?« Nicholas nahm die Karten und fächerte sie gekonnt auf. Seine Miene sprach Bände: Dieser Mann verstand heute keinen Spaß und war - ungewöhnlich für ihn - ausgesprochen schlechter Laune.
Derek bemerkte, wie zwei andere Spieler einander knappe Blicke zuwarfen. Sie sprachen es nicht laut aus, doch schienen sie sich darauf zu einigen, heute Abend dem normalerweise so umgänglichen und manierlichen Duke nicht in die Quere zu kommen. Wenn schon eine so harmlose Bemerkung als Beleidigung aufgefasst wurde, sollte man sich
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