Eine unzüchtige Lady
hoffte, nein, betete darum, dasselbe strahlende Licht darin zu erkennen, das er vor einem Jahr darin erblickte, ehe er es zerstörte und das Licht verlosch.
Seine Augen waren von so einem verschwenderischen Blau, beschattet von absurd langen Wimpern. Dazu die gerade Nase und die perfekte Linie seines männlichen, schmalen Kinns. Und sein Mund, der nicht nur zu diesem verheerenden Lächeln fähig war, über das die Frauen tratschten, sondern auch so zärtliche, überzeugende Küsse zu geben vermochte, dass ihre Knie weich wurden - sie konnte nicht einmal annähernd beschreiben, wie herrlich es sich anfühlte.
In diesem Moment lächelte Derek aber nicht auf sie herunter. Er starrte sie an, als wagte er nicht, eine Frage auszusprechen.
Ich liebe dich.
Als er es diesmal aussprach, war kein Zögern in seiner Stimme. Keine Befürchtung, er könne einen Abgrund hinabstürzen und einen schmerzvollen Tod erleiden, wenn er es sagte. Nicht der Hauch von Unsicherheit.
Derek liebte sie. Wenn sie sich an all die mädchenhaften - und nicht ganz so mädchenhaften - Fantasien erinnerte, in denen sie sich diesen Moment vorgestellt hatte, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ich habe immer geglaubt, meine Vorstellungskraft sei schon berauschend, aber du hast mich vom Gegenteil überzeugt.«
Sein Arm um ihre Taille zog sie fester an sich. »Warum?«
»Das war der romantischste Kuss, den ich mir hätte vorstellen können, und ich habe nicht geglaubt, du könntest den ersten übertreffen. Ich will mehr davon.«
»Dieses Mal wird nichts so sein wie das, was letztes Jahr passiert ist. Das verspreche ich dir.« Der veränderte Tonfall ließ sie erwartungsfroh erbeben.
»Ich brauche dieses Versprechen.« Ihre Finger strichen weit gespreizt über seinen Arm. Durch das Hemd konnte sie die Anspannung seiner Muskeln spüren.
»Ich weiß, dass du es brauchst.« Er küsste sie erneut, aber dieses Mal war sein Kuss sanfter, nur die leise Berührung seiner Lippen auf ihren. »Sag mir, was du noch willst. Erzähl mir von all deinen Träumen.«
Der Mann verlangte nicht wenig. Einen Vertrauensvorschuss, dass sie sich in seine Arme und in sein Bett begab? Annabel zögerte, bis er heiser hinzufügte: »Hilf mir. Ich habe kein Interesse daran, wieder irgendwelche Fehler zu machen, die zu korrigieren ein Jahr Zeit kostet.«
Sie war vielleicht nicht so erfahren wie die Frauen, mit denen er es gewöhnlich zu tun hatte, aber sie war so eng an ihn geschmiegt, dass sie die harte Beule in seiner Hose spüren konnte. Hitze stieg in ihre Wangen auf, und sie presste ihr glühendes Gesicht gegen seine Brust.
Er würde es nicht zulassen. Seine starken Finger umfingen ihr Kinn und hoben es an, damit ihre Blicke sich trafen. »Annabel?«
»Ich will dich«, gestand sie.
»Oh, aber du hast mich doch«, erwiderte er. Seine Umarmung wurde fester, und sein Atem fühlte sich warm an ihrer Schläfe an.
Der Preis hierfür war hoch gewesen. Aber wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, dass sie diese Worte aussprach. Vielleicht war sogar ein ganzes Jahr, in dem sie sich elend und ernüchtert fühlte, in dem sie ihre Gefühle für ihn verleugnete, es wert, bei diesem Moment anzulangen.
Er lächelte. Sein Lächeln brachte gewöhnlich das Herz jeder Frau im Raum zum Flattern, aber dieses Mal galt es allein ihr, und sie war die einzige Frau, die es sah.
Sie wollte es. Wollte ihn.
»Hör nicht auf«, sagte sie. Es waren dieselben Worte, die sie vor einem Jahr hervorgebracht hatte, aber dieses Mal trugen sie so viel mehr Bedeutung in sich.
»Ich werde nicht aufhören«, versprach er ihr. Seine Augen wirkten dunkler, seine Lider senkten sich. »Ich könnte nicht, selbst wenn ich wollte. Wenn du das hier wirklich willst, komm mit mir.« Derek zog behutsam an ihrer Hand und führte sie aus dem Zimmer über einen dunklen Korridor bis zu einer Treppe. Die gedämpfte Stille des Hauses fühlte sich verboten an. Andererseits tat sie ja auch gerade etwas sehr Verbotenes und hatte es genauso von ihm verlangt.
Wir können bis zu unserer Hochzeitsnacht warten …
Ihr Ehemann.
Sie würde den berüchtigten Earl of Manderville heiraten. Der Aufruhr, der in der guten Gesellschaft einsetzen würde, sobald sie Wind von dieser Verbindung bekam, war beängstigend. Aber nicht so beängstigend wie die Aussicht, seine Hand zu halten und von ihm die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer geleitet zu werden.
Weil sie ihn um diese Feuerprobe gebeten hatte.
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