Eine unzüchtige Lady
bisschen sensibel, was meine Ehe betrifft. Darum habe ich nicht die Absicht, mich je wieder in eine derartige Abmachung zu begeben.«
»Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen, weil Ihr Eure Meinung kundgetan habt. Das versichere ich Euch.«
Ein ironischer Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Ich glaube, ich habe soeben den Duke of Rothay ausgeschimpft.«
»Der es zweifellos gelegentlich verdient.« Er grinste. »Vielleicht sogar häufiger als nur gelegentlich.«
»Ihr seid sehr …« - sie zögerte - »liebenswürdig. Die meisten Männer verlangen von einer Frau nur, dass sie ihnen bei allem, was sie sagen, zustimmt. Das finde ich ermüdend.«
»Stammt daher diese entmutigende Haltung all jenen eifrig um Euch bemühten Gentlemen gegenüber, die sich bei jedem gesellschaftlichen Ereignis um Euch scharen?« Nicholas räkelte sich in seinem Sessel. Er genoss nicht nur die warme, herrliche Spätnachmittagsbrise, sondern auch ihren einmaligen Mangel an Koketterie. Er war an Frauen gewöhnt, die um ihn herumscharwenzelten und ihm keinen Verweis erteilten, weil er so wenig von ihrer Stellung in dieser Welt verstand.
»Lasst mich einfach sagen, ich schätze meine Unabhängigkeit.«
Sie kannten einander vielleicht nicht besonders gut, aber das hatten sie gemein. »So geht es mir auch.«
»Das erzählt man sich, ja.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem breiten, bezaubernden Lächeln, das seinem Körper, der bereits in Alarmbereitschaft war, nicht entging.
Die Veränderung war bemerkenswert. Das Lächeln ließ aus einer distanzierten Marmorfigur eine weiche und attraktive Frau werden.
Nicholas rutschte in seinem Sessel herum, spürte wie seine Erregung leicht in der Enge seiner Hose anschwoll. Wie merkwürdig. Die Dame verstellte sich nicht, sie versuchte es nicht einmal, und er bemerkte, wie sehr ihm ihre Direktheit gefiel. Leise sagte er: »Glaubt nicht jedes Gerücht über mich. Aber dieses eine ist korrekt.«
»Es gibt ja mehr als genug. Euer Ansehen ist so verrufen wie das keines anderen in der Londoner Gesellschaft.«
»Ich kann mir nicht denken, warum das so ist.«
»Könnt Ihr nicht? Es gibt Geschichten im Überfluss.«
»Davon habe ich gehört. Aber die Wahrheit und Klatsch gehen selten Hand in Hand, Mylady.«
Sie betrachtete ihn ernst. »Versucht Ihr, mir zu sagen, dass Ihr - und ich will Euch daran erinnern, dass Ihr zuletzt eine überaus anmaßende Wette über Eure angeblichen Talente in diesem speziellen Bereich abgeschlossen habt, den wir gerade diskutieren - also tugendhafter seid, als die Gerüchte Euch unterstellen?«
War er tugendhaft? Nicholas war sicher, dieser Begriff wurde nie im Zusammenhang mit ihm verwendet, aber theoretisch war er es unter Umständen. Es war für ihn eine Ehrensache, sich nie auf jemanden einzulassen, der dieses Spiel der Verführung eventuell ernst nahm. Er lächelte absichtlich mit träger Unbekümmertheit. »Vielleicht. Ich gestehe, ich habe vor Jahren aufgehört, mich zu verteidigen.«
»Aber Ihr wünscht Euch doch Gefährtinnen, die keine Bedingungen stellen?«
»Absolut.« Seit Helena hatte er für sich beschlossen, dass es das Beste war, amouröse Affären einfach zu halten und sich nur auf das körperliche Vergnügen zu konzentrieren.
Einmal - ehe er verstand, dass romantische Träume einfach nur Träume waren - hatte er einen Fehler ungeheuren Ausmaßes begangen. Einen Fehler, den er vermutlich nie wieder machen würde. Die Lektion war hart gewesen, aber er war jung und dumm und hatte idealistische Erwartungen gehegt. Erfahrungen konnten eine bittere Pille sein und einen Nachgeschmack hinterlassen, den man nicht so leicht vergaß.
Offensichtlich hatte Caroline seinen Gesichtsausdruck richtig interpretiert. »Nun, niemand weiß, dass ich hier bin, Euer Gnaden. Wir sind allein, anonym und frei zu tun, was uns gefällt.«
»Nicholas«, erinnerte er sie mit einem trägen Lächeln. Er beobachtete, wie das Licht auf ihren zerbrechlichen Gesichtszügen tanzte, sich über die schlanke Linie ihrer Schultern ergoss und einen entzückenden Schatten in die aufreizende Spalte zwischen ihren Brüsten warf, die unter dem Ausschnitt ihres Kleids nur angedeutet wurde. »Wollt Ihr mit mir ins Haus gehen?«
Sie verstand die Anspielung, und ihre Wangen überzog eine rosige Farbe. »Jetzt? Es ist doch erst Nachmittag.«
Er unterdrückte ein Lachen ob ihrer naiven Anspielung, die Leute würden sich nur nach Sonnenuntergang lieben. Für eine Witwe war sie wahrlich
Weitere Kostenlose Bücher