Eine unzüchtige Lady
kühlen Tonfall: »Das wäre wohl akzeptabel, nehme ich an.«
Jetzt blickte er sie definitiv amüsiert an. Sein fein modellierter Mund verzog sich. »Da spricht wieder die eisige Lady Wynn. Bitte bedenkt, dass ich nur vorschlug, den Tee zusammen einzunehmen.«
Sie war sich ihres Rufs als unterkühlte, distanzierte Lady durchaus bewusst. Auch das war ein Grund, warum sie sich auf diesen Wahnsinn eingelassen hatte. »Wir wissen doch beide, warum ich hier bin, Rothay.«
»Ja, das wissen wir.« Er hielt noch immer ihre Hand. Er nahm sich eine Freiheit heraus, aber wie konnte sie unter diesen Umständen Einspruch erheben?
Er beugte sich vor, so nah zu ihr, dass sein warmer Atem ihr Ohr streifte. »Es wird nicht leicht sein, euch aufzutauen, nicht wahr?«
Diese leise gesprochenen Worte ließen sie zurückprallen. Einen
Moment lang starrte sie ihn an und war sich nicht sicher, was sie darauf antworten sollte. Ein merkwürdiges Kribbeln machte sich in ihrer Magengrube breit. Vielleicht war Ehrlichkeit an dieser Stelle das Beste. »Nein«, gestand sie schließlich.
Zu ihrer Erleichterung erwiderte er nichts darauf und ließ ihre Hand los. »Dann gehen wir hinein?«
Er trat ihr voraus in die Eingangshalle. Sie war mehr als nur ein bisschen durcheinander nach der kurzen Intimität ihres Wortgefechts. Egal wie ländlich er die Umgebung fand, sie stellte - froh um die Ablenkung - fest, dass dieses Haus gleichermaßen warm und elegant war mit seinen polierten Holzvertäfelungen, den hübschen Teppichen und hohen Decken. Dieser Ort atmete alte Schönheit. Unter dem zarten Äußeren bargen sich Knochen, es war, als gehörte dieses Haus in die ländliche Umgebung. Dazu passten der Duft nach Wachs und frisch gebackenem Brot, der ihr in die Nase stieg …
»Es ist schön hier«, stellte sie mit unerschütterlicher Ruhe fest, obwohl sein Hinweis, er wolle sie zum Schmelzen bringen, ihre alten, hartnäckigen Unsicherheiten wieder ans Tageslicht gebracht hatte.
Was war nur, wenn sie tatsächlich völlig leidenschaftslos und nicht in der Lage war, auf die Berührungen eines Mannes zu reagieren?
Nicholas Manning blickte sich um. Die Eingangshalle öffnete sich zu einem offenen Bereich mit einem großen Kamin, um den Sessel und Sofas zu kleinen, einladenden Gruppen arrangiert waren. Auf der anderen Seite führte die Treppe mit einem geschnitzten, zierlichen Handlauf nach oben. »Es ist hier schöner, als ich es in Erinnerung habe«, gestand er. »Ich habe es lange Zeit versäumt herzukommen. Ich besitze acht Häuser, die über ganz England verstreut liegen - das habe ich wohl meinen erlauchten Vorfahren zu verdanken. Mir scheint fast, mit jedem
Rothay, der sich verheiratet, sammeln wir neue Anwesen, wie Kinder, die Süßigkeiten horten. Es ist unmöglich, alle Anwesen regelmäßig zu bewohnen. Im Übrigen ist meine Gegenwart in London allzu oft vonnöten, um einen Großteil meiner Zeit auf dem Lande zu verbringen.«
Der selbstironische Tonfall seiner Stimme zeigte ihr, was er tatsächlich von seinem Erbe hielt, und sie lachte auf. Ihr gefiel sein Mangel an Arroganz. »Ich bezweifle, ob jemand Euch bemitleiden wird, weil Ihr so vermögend seid, Euer Gnaden.«
»Vielleicht nicht, nein.« Er nahm ihren Ellbogen und führte sie durch den Flur. »Aber dieser Reichtum birgt wie alles andere seine Tücken. Mrs. Sims wird Euch Eure Gemächer zeigen. Und wenn Ihr so weit seid, gesellt Euch doch zu mir, und wir nehmen eine Erfrischung ein.«
Die Haushälterin war eine ältere Dame mit schottischem Akzent. Sie geleitete Caroline die Treppe hinauf und führte sie in ein hübsches Zimmer, das einen grandiosen Ausblick über die hinteren Gärten bot. Durch die geöffneten Fenster strömte der süße Duft blühender Rosen herein. Für ein Landhaus waren die Möbel von erlesener Qualität, wenn auch altmodisch, und das große Bett verfügte über blassblaue Seidenvorhänge. Der indigoblaue Teppich war luxuriös und üppig gemustert mit Efeuranken und Rosen. Alles in allem machte das Zimmer auf sie den Eindruck, als erwarte es einen ehrenvollen Gast, dennoch konnte sie sich des Eindrucks nicht erwehren: War diese elegante Zimmerflucht nicht eher die der Dame des Hauses? Ihr Verdacht wurde bestärkt, als ihr die Tür auffiel, die offensichtlich zu einer weiteren Zimmerflucht führte.
Ehrengast? Nun, sie vermutete, das traf auf sie zu. Nicholas Manning wollte sie davon überzeugen, dass er ein ausgezeichneter Liebhaber war.
Es würde jedoch mehr
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