Eine verboten schoene Frau
immer nötig ist, um das zu bekommen, was er will. Ich kann dir nur noch mal raten, die Sammlung zu Rothschild zu geben. Du wirst es nicht bedauern.“
„Ich glaube nicht, dass Rothschild und ich gut zusammenpassen würden. Mir wurde beigebracht, dass man nur Geschäfte mit Leuten machen sollte, die man auch respektieren kann.“
Ihre Ablehnung schreckte ihn nicht. „Schmeiß die Chance nicht weg, ohne sie zu testen.“ Er grinste anzüglich. „Eins kann ich dir versprechen, Avery: Was immer Marcus tut, ich kann es besser.“
Seine unverhohlene Anspielung verursachte ihr Übelkeit. Sie musste von ihm weg, bevor sie sich noch auf seine glänzenden Schuhe übergab. „Ich würde ja sagen, es war mir ein Vergnügen. Aber das war es nicht. Auf Wiedersehen.“
Cameron schien entschlossen, das letzte Wort zu behalten. „Dreck bleibt kleben, Avery. Vergiss das nicht. Und in Prices Vergangenheit gibt es unter Garantie noch mehr Dreck. Ich werde dich informieren, sobald ich was rausfinde.“
Sie drehte sich um und flüchtete, wartete nicht einmal darauf, dass der Mann an der Tür ihren Fahrer holte, sondern winkte ein Taxi heran. Während sie sich gegen das rissige Polster der Rückbank lehnte, merkte sie, dass sie zitterte. Sie hatte Peter Cameron noch nie gemocht, aber jetzt hasste sie ihn wirklich.
Sie wog die Informationen, die er ihr über Marcus gegeben hatte, gegen ihre eigenen Erkenntnisse ab. Ja, Marcus war ehrgeizig. Und wenn Peter recht hatte, was die Stipendien anging, dann sprach auch das für Marcus’ Beharrlichkeit und seinen Ehrgeiz. Ein wenig habe ich ja von dieser Beharrlichkeit zu spüren bekommen, dachte sie lächelnd. Denn wo wäre sie jetzt, wenn er ein Nein als Antwort hätte gelten lassen?
Auf jeden Fall wäre sie sehr viel einsamer – so viel stand fest. Und sie konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen. Ehrgeizig oder nicht, Marcus Price war der Mann, der ihr Herz erobert hatte, und sie war begierig darauf, ihm, von Neuem zu beweisen, wie weit ihre Hingabe ging.
10. KAPITEL
Nach ihrer Begegnung mit Peter Cameron in der Galerie war Avery froh, dass sie dieses Wochenende zu keiner anderen Veranstaltung mehr musste. Außerdem fühlte sie sich erschöpfter, als sie es von sich kannte. Aber das hatte vermutlich mit dem Schlafmangel in letzter Zeit zu tun. Marcus hatte eben nicht nur viel Ehrgeiz seine Arbeit betreffend. Den letzten Wochen nach zu urteilen wollte er in allem herausragend sein.
Aber wie gut er auch war, er hatte noch immer keine Spur der Engelsstatue gefunden, und Avery wusste, wie sehr ihn das frustrierte. An Fehlschläge war er nicht gewöhnt. Sie dachte daran, wie er aufgewachsen war, daran wie hart er gearbeitet hatte mit all denen neben sich, für die Geld und Privilegien so selbstverständlich waren. Sonntagnacht hatte sie das Gespräch darauf gelenkt, doch er war kurz angebunden gewesen und hatte nur gesagt, wie viel Glück er gehabt hatte, dass sein Großvater für ihn da gewesen war und er ihm viel schuldete.
Sie war fast fertig mit dem Aktbild von Marcus, eine Arbeit, die ihr viel schneller von der Hand gegangen war als ihr Gartenbild. Sie fügte gerade ein paar Pinselstriche hier und da hinzu, als sie Marcus ins Atelier kommen hörte.
„Ich habe hier Kaffee und Frühstück für dich.“ Er stellte ein Tablett auf die Anrichte.
„Danke.“ Sie legte den Pinsel beiseite und wischte sich die Hände an einem Tuch ab. „Ich glaube, das Bild ist fertig.“
„Großartig.“ Er schenkte ihr Kaffee ein.
Avery nahm den Becher entgegen und hob ihn an die Lippen, um den belebenden Duft des ersten Schlucks zu genießen. Doch stattdessen drehte sich ihr der Magen um. „Hat Mrs Jackson eine neue Kaffeesorte ausprobiert?“ Sie roch noch einmal daran, doch ihre Reaktion blieb die gleiche.
„Ich glaube nicht.“ Marcus nahm ihr den Becher ab und trank einen Schluck. „Schmeckt wie sonst auch. Soll ich nach einer neuen Kanne klingeln?“
„Nein, ist schon okay. Ich bleibe einfach bei Wasser. Ist vermutlich ohnehin gesünder.“ Sie schnappte sich eine der Flaschen, die sie immer im Atelier stehen hatte, öffnete sie und trank einen großen Schluck, um den üblen Geschmack im Mund loszuwerden.
„Meine Assistentin hat mich vorhin angerufen.“ Marcus nahm sich ein Sandwich vom Tablett.
„Eine Frühaufsteherin, was?“
„Ich habe Glück mit Lynette, sie ist ein Arbeitstier. Um ehrlich zu sein, die Frau ist so durch und durch organisiert, dass ich fast schon
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