Eine verlaessliche Frau
Vergebung durch einen Gott, der sie schlieÃlich auch verlassen hatte, der sie ohne sein Wort, ohne Einladung in den Himmel, dem Sterben überlassen hatte.
Ich hätte sie retten können. Ich habe es nicht getan. Und ich bereue es auch nicht. Es kommt ein Moment, an dem man es einfach nicht mehr erträgt. Ich habe dieses Zimmer mit ihren weggeschmissenen Kleidern, den ungeöffneten Briefen und den unbezahlten Schneiderrechnungen gesehen, und mein Herz hat aufgehört, sich darum zu sorgen, ob sie nun überleben würde oder sterben.«
Es herrschte ein langes, dunkles Schweigen.
»Du hättest nichts mehr tun können. Niemand hätte von dir erwartet â¦Â«
» Ich habe es von mir erwartet. Ich. Sie war meine Frau. Einst. Dann war sie tot. Ich weià nicht einmal, wo sie begraben ist. Es ist mir egal.«
»Du musst dir selbst vergeben.«
In einer heftigen Aufwallung wandte er sich ihr zu. »Was weiÃt du denn schon. Ich muss überhaupt nichts tun, verdammt noch mal. Ich werde so lange, wie ich es will, das tun und denken, was ich tun und denken werde. Du hast mich gefragt. Und ich habe es dir erzählt. Nenn von jetzt an nie wieder ihren Namen.«
Er lieà sich wieder auf die Laken sinken. Er zog sie an sich. Er hob die Bettdecke, und sofort konnte sie die Wärme seines Körpers an ihrem Körper spüren. »Was ich für sie empfunden habe, war gar nicht Liebe. Ich habe das bloà für Liebe gehalten. Aber das war es nicht. Es war eine Sucht, eine Art Wahnsinn. Ich wollte so sehr ⦠etwas. Ich weià nicht mehr, was. Rache. Meine Mutter. Die langen Jahre ihrer Wut. Ich wollte Rache, und sie war das Mittel dazu. Ich wollte, dass meine Mutter jeden Tag mit ihr leben müsste und sich dabei klein, nutzlos, hässlich und alt fühlte. Aber es hat nicht einen Augenblick lang irgendeine Bedeutung gehabt. Für sie. Es hat überhaupt nichts verändert. Ich habe meine Jugend damit verbracht, eine Frau zu lieben, die die ganze Mühe nicht wert war.«
Er war müde. »Ich hoffe von tiefstem Herzen, dass das Feuer verglommen ist. Es hat zu heià gebrannt. Es tötet alles. Jetzt sprich deine Gebete und schlaf. Antonio ist zu Hause. Du bist hier. Wir werden dafür sorgen, dass es funktioniert. Das ist alles, was zählt. Und jetzt schlaf.«
Er drehte sich weg, und sie lag, stumm und ohne einen klaren Gedanken, im Dunkeln. Antonio hatte sie belogen, er hatte sie angelogen, er wollte sie etwas über Truitt glauben machen, das gar nicht stimmte, er hatte detailliert ein schreckliches, erschütterndes und mörderisches Ereignis beschrieben, das überhaupt nie stattgefunden hatte. Sie selbst hatte auch gelogen, aber jetzt schien es, dass die Lüge sich durch sie durchgebrannt und nur einen weiÃen Fleck hinterlassen hatte, weià wie die Landschaft drauÃen vorm Fenster. In diesem Augenblick hörte etwas in ihr auf, und etwas Neues begann. Und sie lag wach, bis das dünne Licht durch die Fenster fiel, während sie dieses Neue zur Welt brachte.
Dann bewegte sich Truitt. Es war noch nicht ganz Morgen. Er öffnete die Augen, und sie küsste ihn, bevor er noch ganz erwacht war. Truitt würde ihr genügen. Er war nicht der, von dem sie geträumt hatte. Er war nicht der, den sie erwartet hatte. Aber er war ihr genug.
Antonio war überall. Seine Unverschämtheit und seine Langeweile erfüllten das ganze Haus. Truitt nahm die Heuchelei und die kleinen Beleidigungen einfach nicht zur Kenntnis. Er richtete ihm ein Konto ein, auf dem soviel Geld lag, dass es für Antonio auf Jahre reichen würde. Er versuchte, Antonio für seine Geschäfte zu interessieren, saà so lange mit ihm in seinem groÃen Arbeitszimmer zusammen, wie Antonio es aushalten konnte, und erklärte ihm, wie alles zusammenhing, wie man kaufte und verkaufte und wie man reich wurde. Er war kein Narr. Er konnte sehen, wie überheblich Antonio war, und es erinnerte ihn an seine eigene Jugend, an seinen eigenen Mangel an Interesse an allem, was nichts mit seinen Vergnügungen zu tun gehabt hatte.
Antonio konnte sich in der Stadt nicht amüsieren. Es gab nur ein Restaurant in einem kleinen traurigen Hotel, und Frauen gab es auch nicht. Die Drogen, die er mitgebracht hatte, hatte er bald verbraucht, und nun verbrachte er seine Tage in einer Nüchternheit und Klarheit, die ungewohnt und unangenehm für ihn waren. Er rauchte am
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