Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
Vom Netzwerk:
durch die Adern eines jeden Mannes rann, so dass er sich nicht bei der Arbeit oder im Schlaf, sondern nur in den Armen einer Frau verlieren konnte.
    Lust. Es ging immer nur um Lust, und die Lust war seine Sünde, und die Hölle würde für immer sein natürliches Zuhause sein. Seine Manieren waren perfekt, sein Verhalten ruhig und würdig, seine Sehnsüchte qualvoller, als er ertragen konnte.
    Mit fünfzehn biss er im dunklen und stillen Haus in sein Kissen und schrie seine unterdrückte Lust heraus, bis ihm die Kehle schmerzte. Seine Hände waren müde vom Gefummel, und acht oder zehn Mal am Tag waren seine Hände in seinen Hosen, seine Hosen an seinen Knöcheln, und seine schmalen Hüften stießen in seine Faust. Danach spürte er, häufiger jedenfalls, als es nicht zu spüren, den scharfen Stich der Nadel seiner Mutter. Ein Schmerz, der so heftig kam, dass ihm der Schweiß auf der Stirn ausbrach, ihm die Hände klamm und das Kreuz feucht wurden. Es war ein Schmerz, der von seinen Lenden durch jede Ader in seinem Körper aufstieg, wie der erste Stich der Brennnesseln. Und je häufiger das geschah, desto stärker hasste er Gott.
    Nach jenem ersten Mal berührte er kein Mädchen mehr. Er spürte, dass die Gewalt seiner Begierde, die verrottete Niedertracht seiner Lust jede Frau, die er berührte, töten würde. Er glaubte das buchstäblich, und sein Glaube wankte nicht. Er hatte das Gefühl, dass er an einer Krankheit starb, die keine Symptome besaß und die er nicht benennen konnte, aber er wusste, sie würde andere und ihn selbst so sicher wie Typhus töten, so sicher wie ein Messer direkt ins Herz.
    Er war von Geburt an böse. Er würde als ein böser Mensch sterben. Manchmal berührte ihn eine Frau durch Zufall, saß zum Beispiel mit ihm zusammen auf einer Treppe, und ihr Oberschenkel streifte seinen Oberschenkel, und er wusste, dass diese Frau sterben würde, und dann bewegte er sein Bein, entfernte sich, bis er sich allein in einem stillen Zimmer wiederfand, die Hose um seine Knöchel, und auf die Lust folgte unweigerlich der Biss der Schlange.
    Sein Vater war ein Mann. Sein Vater hatte seine Mutter berührt und war nicht gestorben und hatte nicht getötet. Dennoch, er wusste, was er wusste.
    Wo immer er hinsah, entdeckte er Beweise und hörte schreckliche Gerüchte darüber, dass das, was ihm sicher bevorstand, anderen bereits widerfuhr. Frauen rissen sich mit Stricknadeln ihre Eingeweide heraus. Männer spuckten ihren Frauen ins Gesicht und fielen wegen einer Herzattacke tot um. Leute fotografierten ihre toten Babys in ihren Särgen. Die schwarzen Seidenkleider waren so steif wie totes Fleisch. Die Lust war eine Sünde, und die Sünde war der Tod, und er war nicht allein, aber er hatte Schmerzen, immerwährende Schmerzen, und er konnte niemandem davon erzählen.
    Er hatte natürlich Unrecht, obwohl er das erst viele Jahre später begriff. Fast jeder hätte ihm erklären können, dass er sich irrte, wenn er eine Möglichkeit gefunden hätte, irgendjemand den Schrecken, den er empfand, beschreiben zu können. Wenn er jemanden gefunden hätte, mit dem er hätte sprechen können. Aber zu jener Zeit hatte er keine Worte dafür, für den unweigerlichen und tödlichen Schlangenbiss.
    Er war hoch gewachsen und sah gut aus. Sein Vater war reich, und das erfuhr er nicht von seiner Mutter und seinem Vater, sondern aus den Sticheleien der anderen Jungen auf dem Schulhof. Das lehrte ihn die Tatsache, dass alle Jungen, die er kannte, Väter hatten, die für seinen Vater arbeiteten. So streng die Mütter in der Stadt auch sein mochten, jede Mutter hätte ihre Tochter für einen Dollar an Ralph Truitt verkauft.
    Seine Mutter betete für ihn. Sein Vater las ihm aus Morte D’Arthur vor, die alten Geschichten von der Tafelrunde und dem Gral, und wollte, dass er in der Stadt zur Schule ging. Sein lieber Bruder hatte weder den Verstand noch den Instinkt fürs Geschäft, und sein Vater verlangte, dass das Imperium, an dem er jeden Tag weiterbaute, über seinen Tod hinaus fortbestünde. Ralph verstand, dass er für die Nachfolge vorgesehen war.
    Ralph sehnte sich nicht nach dem Leben seines Vaters. Er sehnte sich nach dem Leben des Lancelot du Lac, der aus dem Schlaf aufwachte und sich von vier Königinnen umgeben sah, die unter ihren vier seidenen Sonnenschirmen auf ihn

Weitere Kostenlose Bücher