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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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schnalzten mit der Zunge und sahen ihn voller Neid und Hass an, aber ihm wurde nie auch nur ein Penny verweigert.
    Sein Vater richtete ihn wieder auf und nahm auf diese Weise Rache an seiner griesgrämigen und erbarmungslosen Frau. Ralph war leichtsinnig und böse geworden, und falls sein Vater davon gehört hatte, so schien es ihn nicht zu stören.
    Ralphs Bruder war langweilig und fromm. Andrew blieb zu Hause. Er arbeitete in den Firmen seines Vaters mit, rackerte sich ab, beschwerte sich nie und bewies nie auch nur im Ansatz eine besondere Begabung für irgendeine dieser Tätigkeiten. Kompetenz ja, mehr aber nicht. In der Kirche saß er neben seiner Mutter, und seine Augen strahlten genauso wie ihre. Er heiratete mit achtzehn, und im folgenden Winter war er schon an der Influenza verstorben. Seine Schwiegermutter verlor den Verstand, weil sie nicht glauben konnte, dass ihre Tochter einem Topf voller Gold so nahe gekommen und es dann alles zerronnen war, kein Erbe, kein Unterhalt, nichts als die bittere Gesellschaft von Ralphs Mutter, die natürlich am Ende auch das Mädchen vertrieb. Es schien ihr besser, mit der eigenen gestörten Familie zusammenzuleben als mit der Mutter ihres toten Ehemannes, deren Rechtschaffenheit unerfreulich und erdrückend war.
    Ralphs Vater blieb mit seiner Frau in seinem Haus allein zurück. Aus diesem Grunde war er immer seltener und seltener anwesend und ging auf lange Reisen, um seine Minen und seine riesigen Herden zu besuchen und um mit den verschiedenen Anteilseignern zu sprechen, die bei dem Bau einer Eisenbahnstrecke zu gewinnen waren. Und nach ein oder zwei Monaten kam er wieder nach Hause und war noch reicher geworden, war rot vor lauter Einfallsreichtum und geschäftlichem Erfolg, und sein Haus war dunkel und schäbig, seine Frau trug das immergleiche scheußliche Kleid, und immer noch sprach er nicht aus, was er seinem geliebten älteren Sohn sagen wollte: Komm nach Hause.
    Ralph war seit fünf Jahren nicht mehr nach Hause gekommen. Er liebte Sex, und er hasste ihn. Er liebte schlechte Frauen, weil er sich bei ihnen keine Gedanken darüber machte, ob er sie zerstörte. In seinem Hunger nach ihnen lag ein Kern von Hass, der niemals verschwand, eine Abneigung, die wie scharfe Zähne zubiss und wie Nadeln stach, und trotzdem konnte er nicht aufhören. Er mietete ein luxuriöses Hotelzimmer, die Betten waren mit Girlanden und Gold verziert, und die Hoteldiener schwiegen, wenn sie den Champagner für Mr. Truitt und Miss Mackenzie oder Miss Irons oder Miss Kenny brachten, für Sängerinnen, Mädchen aus den Tanzhallen, Huren und Aktmodelle.
    Er dachte an seinen Bruder, der tot unter der Erde lag, und neidete ihm seine Ruhe. Zumindest der Tod würde diese schreckliche Lust beenden.
    Er reiste nach Europa. Sein Vater nannte es ein Wanderjahr , unter den jungen Männern seiner Zeit war es weit verbreitet. In Europa lebte er das arrogante Leben der frisch zu Kennern Avancierten, wobei sich seine Kennerschaft vorrangig darauf bezog, dass er Französisch sprach und wusste, wie man ein Hotelzimmer mit einer Frau zusammen mietet, die nicht die eigene Frau ist. Er machte die Grand Tour , durch den Nebel von London und die strahlende Klarheit von Paris, durch die Kunstgalerien und Pferderennbahnen und die Salons der mittellosen Aristokratie. Sie fügten sich ihm, sie boten ihm ihre erschrockenen Töchter wie vergoldete Bronzeuhren an, und sobald er ihnen den Rücken zukehrte, lachten sie über ihn. Ralph störte das nicht. Er konnte sich in jedem Restaurant etwas bestellen, und er konnte die Rechnung immer bezahlen.
    In Florenz stieß er auf einen Freund aus Chicago, Edward, der sein Talent als Maler erprobte. Edward verbrachte seine Tage in den Uffizien und im Palazzo Pitti, fertigte verkatert seine Zeichnungen an und lebte in einem Stadium derart wollüstiger Auflösung, dass selbst Ralph schockiert war. Ralph mietete eine große Villa und holte Edward zu sich. Gemeinsam tranken sie Champagner aus eisgekühlten Flaschen und lachten, wenn das weiße Kerzenwachs während nächtlicher Kartenspiele und Konzerte und Partys, auf denen niemand irgendwelche Kleider trug, auf den Marmorboden tropfte.
    Jeden Morgen knieten junge Hausangestellte auf dem Boden und kratzten das Wachs ab, während Edward und Ralph in ihren kostbaren Betten mit ihren verblühten Huren schliefen. Das Leben besaß die Heiterkeit

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