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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goolrick
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Fenster an, suchte nach ihren hinter der Brille verborgenen Augen. Er winkte nicht, als der Zug sich in Bewegung setzte.

TEIL ZWEI
SAINT LOUIS. WINTER. 1908

10. KAPITEL
    â€¢ • •
    D ie Stadt nahm von ihr Besitz wie Musik, wie eine wilde Symphonie. Der Zug fuhr in die Union Station ein, in dieses riesige, grelle Chateau, und sie stieg aus Truitts Eisenbahnwaggon und betrat den größten Bahnhof der Welt, als ob ihre Haut Feuer gefangen hätte.
    Der Bahnhof roch nach Rindfleisch und Druckerschwärze, nach Bier und Eisen. Sie war viel zu lange von dieser Welt fort gewesen. Sie war auf dem wüsten, weißen Land gewesen, und ihr Herz tobte den Abenteuern, den Freunden, dem Essen und Trinken, der Vielzahl der Ereignisse, die die Stadt versprach, entgegen. Die Leute kamen hierher, um schlecht sein zu können. Leute kamen hierher, um Dinge zu tun, die sie zu Hause nicht tun konnten. Um Zigaretten zu rauchen. Um Sex zu haben. Um in der Welt voranzukommen.
    Mrs. Larsen hätte eigentlich mit ihr mitkommen sollen, aber Larsen hatte sich am Tag zuvor schlimm seine Hand verbrannt, so dass Catherine allein nach St. Louis fuhr.
    Sie traf in Saint Louis ein und hatte ein Akkreditiv bei einer Bank dabei, und ein Zimmer im neuen Planter’s Hotel war bereits für sie reserviert. Es war ein schönes Zimmer im sechsten Stock, mit einem schmucklosen Schlafzimmer und einem kleinen Salon, mit Möbeln in dunklen Farben und Mohairbezug, mit kunstvoll gerafften Samtvorhängen und einem kleinen Kamin. Ein schönes Zimmer. Nicht das prächtigste – Truitt hätte das nie getan –, sondern genau passend, und sie stellte sich die Pracht der Suiten in den obersten Stockwerken vor, lauter Velourstapeten, Kronleuchter und große Pflanzen in chinesischen Vasen. Rinderbarone, Ölbarone und Bierkönige. Männer mit Geld, die allein in Hotelzimmern saßen. Männer, die die Frauen in der Stadt auf eine ganz bestimmte Art musterten, die bestimmte unerlaubte Dinge wollten und bereit waren, dafür zu bezahlen, und sie wäre mit ihren paar Sachen in ein etwas schickeres Ambiente gezogen, mit einem Marmorbadezimmer und echten Gemälden, aber sie wollte es zu Ende spielen, es richtig machen, also saß sie in ihrem Zimmer und wartete auf den Besuch von Mr. Malloy und Mr. Fisk, den Pinkerton-Detektiven, die Truitt angeheuert hatte, um seinen zügellosen, verlorenen, widerspenstigen Sohn zu finden.
    Sie hatte das Gefühl, selbst beobachtet zu werden und dass vielleicht Berichte an Truitt geschickt wurden darüber, wer diese Catherine Land wirklich war, wenn sie sich aus der weißen Wildnis wieder entfernt hatte. Sie achtete sorgfältig darauf, sich keine Blöße zu geben, obwohl sie nicht wusste, ob ihr nun Blicke folgten oder nicht.
    Der Filialleiter der Bank lächelte und gab ihr sofort, was sie verlangte. Er erkundigte sich nach Mr. Truitts Gesundheit. Er bot ihr Tee an. Sie bat nie um zuviel Geld, niemals um eine Summe, die vielleicht Fragen nach sich gezogen hätte. Sie ging einkaufen, damit sie den Damen ein wenig ähnlicher sah, die sie beim Teetrinken und beim leisen Plausch beobachtete, wenn sie wie Vögel zwitschernd in der Hotelhalle saßen. Mit Truitts Geld versehen, ging sie zu Scruggs, Vandervoort and Barney, dem größten und teuersten Geschäft in St. Louis, mit einer Abteilung nach der anderen voller moderner, raffinierter und überflüssiger Dinge, und sie marschierte mit einem Machtgefühl hinein, das sie so noch nie empfunden hatte. Sie konnte sich alles leisten. Sie brauchte bloß die Hand mit ihrem gelben Diamanten auf einen der Verkaufstresen zu legen, und sofort erschien eine unterwürfige Verkäuferin, und jegliche Ware in der Vitrine konnte im nächsten Moment schon ihr gehören. Alles, was ihr gerade in den Sinn kam, und sei es auch nur für den einen Moment. Aber statt ihr Geld zu verschwenden, hielt sie ihre alten Gelüste im Zaum und fragte nur nach den Sachen, die sie brauchte, um eine Rolle zu spielen, die sie noch nie zuvor gespielt hatte.
    Sie kaufte Kleider für die Stadt, einfache Kleider, kleine Hüte, hübsch und teuer, aber zurückhaltend. Sie kaufte einen schwarzen Persianermantel mit einem Nerzkragen, auf dem Land sicher extravagant, in Saint Louis aber überall passend und unauffällig. Auf der Straße trug sie schwarze Glacéhandschuhe. In der Hotelhalle trug sie weiße

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